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    Private Altersvorsorge

    In die eigenen Hände genommen: So schließt sich die Rentenlücke.

    Private Altersvorsorge | 10.10.2013 Drucken

    DIA-Forum: Altersvorsorge mit Nachhaltigkeit

    Die derzeit niedrigen Zinsen liefern immer weniger Anreiz zum langfristigen Sparen. Gleichzeitig wirken sie wie eine verdeckte Steuer auf die Rücklagen für das Alter.

    Aus risikolosem Zins ist längst ein zinsloses Risiko geworden. Kreditinstitute, Versicherer und Altersvorsorge-Einrichtungen suchen nach Lösungen. Wo führt ein anhaltender Niedrigzins hin?

    Über diese Frage diskutierten die Teilnehmer des DIA-Forums „Altersvorsorge mit Nachhaltigkeit“, das am 10. Oktober 2013 in Berlin stattfand, mit Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV). Die Sparer, so Georg Fahrenschon, werden bei der Bewältigung der Euro-Staatsschuldenkrise in Geiselhaft genommen, sichere Geldanlagen mit einem Vermögensverlust bestraft. Er verglich die Altersvorsorge mit einem Keimling, der gute Bedingungen zu seinem Wachstum benötigt.

    DIA-Forum: Altersvorsorge mit NachhaltigkeitNiedrige Zinsen verursachen aber Trockenheit, so Fahrenschon, daher könne sich die Altersvorsorge nicht wie erhofft entwickeln. Die europäischen Staaten müssen ihre Schuldenstände reduzieren, das sei verursachergerecht. Nicht verursachergerecht hingegen sei die kalte Enteignung der Sparer. Fahrenschon unterbreitete mehrere Vorschläge für die Weiterentwicklung der Altersvorsorge. So müsse die Riester-Rente überarbeitet und in eine Vorsorge für jedermann umgebaut werden. Die Unterscheidung in Förderberechtigte, mittelbar Förderberechtigte und nicht Förderberechtigte sei zu kompliziert und entspreche nicht den Erfordernissen einer wirkungsvollen ergänzenden Altersvorsorge. Außerdem sollten die Förderbeträge erhöht und auf ein dynamisches System umgestellt werden. Die derzeit geltenden Größen beruhen auf der Beitragsbemessungsgrenze aus dem Jahr 2001. Für junge Menschen sollten Anreize wie zum Beispiel ein Berufseinsteigerbonus geschaffen werden. Georg Fahrenschon plädierte an die Regierung, das vermögenswirksame Sparen attraktiver zu machen. Das koste ohne Frage Geld, aber der Staat profitiere schließlich von den derzeit geltenden Niedrigzinsen. Da sei es recht und billig, einen Teil an die Sparer weiterzugeben, die unter den gegenwärtigen Bedingungen Vermögen verlieren.

    Pensionskassen haben Nachholbedarf

    Bei der nachhaltigen Kapitalanlage haben die Einrichtungen der betrieblichen Alters­versorgung (bAV) in Deutschland im europäischen Vergleich noch erheblichen Nachholbedarf. Diese Einschätzung traf Prof. Dr. Henry Schäfer von der Universität Stuttgart auf dem DIA-Forum „Altersvorsorge mit Nachhaltigkeit“. Für 70 Prozent der deutschen bAV-Einrichtungen sind nachhaltige Geldanlagen noch kein Thema beziehungsweise der Wissensstand dazu eher gering. Nur wenige Pensionskassen und Pensionsfonds haben zudem die Prinzipien der Vereinten Nationen für nachhaltiges und verantwortungsvolles Investment unterzeichnet. Diese Zurückhaltung, so Schäfer, stehe im Widerspruch zur allgemeinen Unternehmenspolitik: So ist der Nachhaltigkeitsgedanke in vielen Unternehmen zwar bereits auf der operationellen Seite umgesetzt worden, nicht aber in der dazugehörigen Altersvorsorgeeinrichtung.

    DIA-Forum: Altersvorsorge mit NachhaltigkeitIn anderen europäischen Ländern sind die Träger betrieblicher Altersversorgung hingegen schon deutlich weiter: 65 Prozent aller nachhaltigen Geldanlagen in Europa, das entspricht 3.222 Milliarden Euro, befinden sich in den Händen von Pensionsfonds. Vor allem Großbritannien, Holland und die Schweiz zeichnen sich durch hohe Anteile bei den nachhaltigen Kapitalanlagen aus. Obwohl Deutschland international als Vorreiter in Sachen Umweltschutz gelte, werde die deutsche bAV als rückständig bei der umfassenden Integration von Nachhaltigkeitsaspekten bewertet, zitierte Prof. Schäfer eine frühere Einschätzung von Dr. Axel Hesse in einer bAV-Studie, die im Auftrag des Bundesumweltministeriums und Fortis Investments erstellt wurde. Schäfer präsentierte zugleich Forschungsergebnisse, die belegen, dass sich nachhaltige Kapitalanlagen für deutsche Pensionskassen als vorteilhaft erweisen.

    Verbesserungen bei Rendite und Risiko

    Mit Hilfe eines Simulationsmodells wurden Prinzipien der nachhaltigen Kapitalanlage auf die bestehenden Portfolios von Pensionskassen übertragen, ohne deren Struktur grundlegend zu ändern. Diese Simulationen bewiesen, dass nachhaltige Geldanlagen gezielt eingesetzt werden können, um Verbesserungen im Rendite- und Risikobereich zu erzielen. Damit würden große Kapitalverwalter in der betrieblichen Altersversorgung nicht nur ihrer gesellschaftlichen Verantwortung für Umwelt, Soziales und gute Unternehmens­führung gerecht, sondern sie könnten zugleich neue, aktive Kapitalanlagestrategien im Umfeld sinkender Kapitalmarktrenditen und bislang nicht vorhandener Anlagerisiken wahrnehmen. „Außerdem ist es damit möglich, drohenden Regulierungsdruck abzuwenden“, ergänzte Schäfer. Dabei sei noch nicht einmal eine zwingende Abkehr von den bestehenden aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Anlageregulierung erforderlich.

    DIA-Forum: Altersvorsorge mit NachhaltigkeitDeutsche Pensionskassen, Pensionsfonds und Lebensversicherer stehen bei der nachhaltigen Kapitalanlage immer noch ziemlich am Anfang, orientieren sich nach wie vor sehr stark an traditionellen Asset-Klassen. Diese Auffassung vertrat Volker Weber, Vorsitzender des Vorstandes des Forums Nachhaltige Geldanlagen e.V. Er befasste sich in seinem Vortrag auf dem DIA-Forum unter dem Titel „Mit angezogener Handbremse: Versicherer und Pensionskassen als Financiers der Energiewende zwischen Wollen und Dürfen“ vor allem mit regulatorischen Aspekten der nachhaltigen Kapitalanlage. Mittlerweile entdecken die Träger der Altersvorsorge, so Volker Weber, die Energiewende als interessantes Anlagethema. Damit dieser Prozess voranschreitet, sei die Kontinuität der Rahmenbedingungen wichtig. Die politischen Entscheidungen müssen für die nächsten Jahre stabil bleiben. Seine Anregung: Nachhaltigkeit sollte als eigenständige Anlageklasse eingeführt werden. Heute finden sich Wind-, Solar- oder auch Sozialprojekte unter dem Oberbegriff „Alternative Anlagen“. Dadurch konkurrieren sie mit Hedgefonds, Immobilien und strukturierten Finanzprodukten. Weber warf die Frage auf, ob es heute noch zeitgemäß ist, starre Anlageklassen und Anlagegrenzen zu bestimmen. Stattdessen sollte lieber definiert werden, worin verantwortungsvolles Investieren besteht, das an sich schon zu einer Risikobegrenzung führt. So kann er sich eine Mindestquote für verantwortungsvolle Investments wie nachhaltige Anlagen vorstellen.

    DIA-Forum: Altersvorsorge mit NachhaltigkeitMit dem Konzept einer Klimaschutz-Rente beschäftigte sich Prof. Dr. Dieter Flämig von Infraneu e.V. Die geplante Klimaschutz-Rente, die von Infraneu entwickelt wird, soll zeigen, dass Klimaschutz, Altersarmut, innovative Infrastrukturen und ökonomischer Aufbruch als ganzheitliche Systemaufgabe zu lösen sind. Sie könne einen zentralen Finanzierungsbeitrag für den Strukturwandel im Klimaschutz und bei der Energiewende erbringen. Außerdem leiste sie Hilfestellung bei der Verbesserung der Altersvorsorge, weil eine Zusatzrente geschaffen werde, die ein menschenwürdiges Einkommen im Alter ermöglicht. Ein solches Klimaschutz-Finanzierungsinstrument unterstütze den Aufbau einer nachhaltigen Wirtschaftsgesellschaft, die sich insbesondere auf mittelständische Unternehmen und auf effiziente dezentrale Strukturen stützt. Außerdem müsse die Bevölkerung in großer Breite als Investoren und aktiv Mitwirkende des erforderlichen Umgestaltungsprozesses einbezogen werden. Prof. Flämig setzte sich mit der Frage auseinander, ob und inwieweit ein Klimaschutz-Finanzierungsinstrument freiwillig oder obligatorisch sein sollte. Eine freiwillige Lösung sei bürgernäher, weil auf den mündigen Bürger und seine persönliche Initiative gesetzt werde.

    Freiwillige Klima-Schutzrente

    Sie entspreche mehr dem Subsidiaritätsprinzip einer ökologisch-sozialen Marktwirtschaft, weil damit die Konsumentensouveränität zum Tragen komme. Zudem bestehe keine Gefahr einer breiten Verweigerung wegen „hoheitlicher Bevormundung“. Aber auch eine obligatorische Klimaschutz-Rente bringe Vorteile mit sich. So könnten alle sozialversicherungspflichtigen Erwerbspersonen im Kontext eines transparenten und stabilen staatlichen Ordnungsrahmens verpflichtet werden. Allerdings ergebe sich dabei zugleich ein Problem: Wie erreicht man die zehn Millionen Nicht-Versicherungspflichtigen? Mit einem Obligatorium könnten die verfügbaren Finanzmittel bei den Sozialversicherungspflichtigen optimal mobilisiert werden. Außerdem sei eine Zusatzrente insbesondere für die Zielgruppen der potentiellen Altersarmut sichergestellt.

    DIA-Forum: Altersvorsorge mit NachhaltigkeitDie Entwicklung der gesetzlichen Erwerbsminderungsrenten bergen nach Meinung von Dr. Johannes Steffen vom Internetportal Sozialpolitik die Gefahr einer Akzeptanzkrise. Seit den letzten zehn, zwölf Jahren befinden sich die Zahlbeträge dieser Renten in einem Sinkflug. Die Durchschnittswerte liegen unterhalb des steuerfreien Existenzminimums, sagte Steffen. Dafür gebe es erklärbare Gründe. So kommen bei den Erwerbsminderungsrenten drei Entwicklungen zusammen. Erstens die Senkung des Rentenniveaus, die noch nicht zu Ende ist. Zweitens die Reform der Erwerbsunfähigkeitsrenten in den Jahren 2000/2001, verbunden mit der Einführung der Abschläge von bis zu 10,8 Prozent. Zum Dritten besitzt das Gros der Erwerbsminderungsrentner eine deutlich veränderte Erwerbsbiografie im Vergleich zu früheren Jahrzehnten. Personengruppen, die auf dem Arbeitsmarkt ohnehin schon benachteiligt sind, seien offenkundig einem höheren Erwerbsminderungsrisiko ausgesetzt. Dr Steffen schlug zwei Reformschritte vor: Zum einen sollten die Abschläge von bis zu 10,8 Prozent abgeschafft werden. 96 Prozent aller Erwerbsminderungsrenten sind derzeit mit Abschlägen versehen. Zum anderen müsse die sogenannte Hinzurechnungszeit an die „Rente mit 67“ angeglichen und auf 62 Jahre ausgeweitet werden. Die Zurechnungszeit bis zum 60. Lebensjahr sei historisch entstanden und entspreche nach der Anhebung des Renteneintrittsalters und der veränderten Erwerbsbiografien nicht mehr der Realität.

     

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