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    Kapitalmärkte und Kapitalanlagen

    Die Börse im Blick: So wird investiert.

    Kapitalmärkte und Kapitalanlagen | 11.9.2018 Drucken

    Lohnen sich Aktien zur Altersvorsorge?

    Wie Aktienanleger und Aktienmärkte ticken, erklärt im DIA-Gespräch Fondsmanager Klaus Kaldemorgen. Der gelernte Volkswirt arbeitete zunächst als Rentenfonds-, dann Aktienfondsmanager bei DWS, einer der führenden Vermögensverwaltungsgesellschaften in Europa und in der Welt. Derzeit ist Kaldemorgen bei der DWS mit einem Mischfonds unterwegs, der seinen Namen trägt.

    Altersvorsorge mit Aktien? Nein danke – zu unsicher. Das sagen zwar nur rund 27 Prozent der Jüngeren, aber fast doppelt so viele der Altersgruppe 65 plus in der jüngsten DIA-Umfrage. Kann erwartet werden, dass es die Jungen dann vielleicht anders machen als die Alten heute, Herr Kaldemorgen?

    Lohnen sich Aktien für die Altersvorsorge?Eine solche Umfrage in 20 oder 30 Jahren dürfte sich kaum vom heutigen Ergebnis unterscheiden. Aus triftigem Grund: Irgendwann möchte man schließlich auf sein Erspartes zugreifen. Je näher dieser Zeitpunkt rückt, desto unsicherer erscheint die Aktienanlage. Man kennt das ja. Gerade in dem Augenblick, in dem man Geld abziehen möchte, fällt der Aktienmarkt um 50 Prozent.

    Ein 20-Jähriger kann es besser verschmerzen, wenn das Ersparte nach zehn Jahren einmal kräftig fällt. Er hat ja noch gut zehn bis 20 Jahre Zeit, um weiter anzusparen. Für ihn ist eine Aktienanlage für die Altersvorsorge wesentlich sicherer als für einen 50- oder 55-Jährigen. Der hat lediglich zehn bis 15 Jahre Zeit, bevor er auf sein Erspartes zurückgreifen muss.

    Also Aktien fürs Alter ja, Aktien im Alter eher nein?

    Zumindest empfiehlt es sich, ab 50 plus, langsam sein Aktienportfolio vorsichtig in ein Rentenportfolio umzuschichten. Je nach Höhe des Vermögens kann man sich in diesem Alter nicht mehr allzu viele Aktien leisten, wenn man das Geld später für den Konsum braucht.

    Wie halten Sie persönlich es denn mit der Höhe der eigenen Aktienquote?

    Ähnlich wie in meinem Fonds – die Aktienquote beträgt etwa 40 Prozent.

    Ihren Fonds, den DWS Deutsche Concept Kaldemorgen, haben Sie vor sieben Jahren entwickelt. Was hat Sie dazu bewogen?

    Das Interesse an Aktienfonds, auch an denen, die ich bis dahin gemanagt hatte, war verhältnismäßig gering. Im Zweifel haben Anleger seinerzeit eher Rentenfonds gekauft.

    „Ich wollte einen Fonds kreieren, der den Anleger ruhig schlafen lässt.“

    Ich habe mich gefragt, warum das so ist. Was stört Sparer an Aktienfonds? Dieser Frage bin ich in vielen Gesprächen mit Anlegern nachgegangen. Häufig lautete die Antwort: Der Aktienmarkt schwankt zu stark. Wenn innerhalb eines Jahres der Wert einer Anlage um mehr als zehn Prozent fällt, kann ich mir das nicht leisten. Daher meine Überlegung, vielleicht sollte man den Anleger nicht mehr unbedingt bei der Rendite abholen, die ohnehin eher unsicher ist, sondern beim Risiko. Also einen Fonds kreieren, der die Schwankungen in einem erträglichen Rahmen hält – mit einem maximalen Verlust im einstelligen Bereich, der den Anleger ruhiger schlafen lässt. Das scheint bei vielen Anlegern einen Nerv getroffen zu haben.

    Der Fonds hat innerhalb von fünf Jahren fast sechs Milliarden Euro an Mitteln auf sich gezogen.

    Ich denke, das liegt nicht unbedingt daran, dass ich ein begnadeter Fondsmanager bin. Vielmehr dürfte dies darauf zurückzuführen sein, dass ich bisher dieses Risikoversprechen eingehalten habe und damit den Kundenbedürfnissen gerecht geworden bin. Die bestehen nun einmal größtenteils nicht darin, einen stark schwankenden Vergleichsindex zu übertreffen, von dem man ohnehin nicht genau weiß, was er genau enthält. Der Anleger möchte, bei niedrigem Risiko und Minimierung der Verluste möglichst einen stetigen positiven Ertrag erzielen.

    Marktbeobachter monieren andererseits aber auch, viele Anleger hätten das Gefühl für das Risiko verloren. Teilen Sie diese Einschätzung?

    „Die Anleger haben meistens zu hohe Erwartungen.“

    Auf jeden Fall sind die Erwartungen, auch die der professionellen Anleger, mit Blick auf die Ergebnisse am Aktienmarkt in der Regel zu hoch. Seit mittlerweile fast zwei Jahrzehnten sinken die Zinsen. Das führt automatisch dazu, dass Aktienkurse steigen, selbst wenn die Unternehmen nicht einen Cent mehr verdienen. Wir erleben einen Aktienboom. Aber man muss wissen, woher dieser kommt. Er resultiert nicht aus der Leistung der Unternehmen, sondern lediglich aus der Zinsentwicklung. Die lässt sich aber nicht mehr in bisheriger Form fortschreiben. Sind die Zinsen einmal unten, können sie in Zukunft nur noch steigen.

    Sie haben in einer Ihrer Kolumnen den sogenannten Minsky-Moment beschrieben, den Moment des Kollapses des Marktes nach einem langen Kursaufschwung, im Durchschnitt alle zehn Jahre. Benannt nach seinem Entdecker, dem US-Ökonomen Hyman Minsky. Demnach müsste es statistisch gesehen bald wieder so weit sein? Wodurch könnte so ein Moment ausgelöst werden?

    Da steckt man nicht drin. Wir hoffen natürlich nicht, dass es dazu kommt. Aber es gibt einen Effekt, der sich zum Guten oder Schlechten wenden kann. Das ist die Entwicklung der Zinsen. Mittlerweile sind sie in Europa negativ. Irgendwann werden sie steigen. Das wird vermutlich noch bis weit ins nächste Jahr dauern. Aber in den USA haben wir in den vergangenen Monaten deutliche Zinssteigerungen gesehen. Die Amerikaner bekommen jetzt auf längerfristige Anlagen drei Prozent. Hätten Sie als Anleger diese drei Prozent auf Bundesanleihen, würden Sie vielleicht auch sagen: Ich nehme lieber die, lass mich in Ruhe mit Aktien.

    Das heißt?

    Es gibt einen Moment – man kann ihn nicht wirklich genau vorhersagen – der ist wie der berüchtigte letzte Tropfen, der das Glas zum Überlaufen bringt. Ab irgendeinem Zeitpunkt sind die Zinsen so hoch, dass vor allem professionelle Anleger umschichten und in die Rentenmärkte gehen. Wenn sie sehen, dass die Märkte kippen, kippen sie mit. Sie verkaufen, um das Momentum möglichst mitzunehmen und nicht im Risiko zu stehen.

    „Die derzeitigen wirtschaftlichen Krisen bereiten mir große Sorgen.“

    Der Vergleich mit einem Tsunami ist hier vielleicht nicht ganz unangebracht – auch von der Geschwindigkeit her, in der sich alles abspielt?

    Meine Erfahrungen der letzten Jahre zeigen: Die Märkte reagieren viel hektischer und die Kurse fallen viel schneller, als wir uns das in unserer Fantasie vorstellen können. Es kann mitunter auch deshalb schlagartig passieren, weil mittlerweile viele Entscheidungen an den Aktienmärkten nicht mehr von Menschen, sondern von Maschinen getroffen werden, von sogenannten Algorithmen.

    Auch die weltwirtschaftlichen Bedingungen ändern sich gerade rasant. Handelsprobleme mit den USA, die Situation in Italien, Absturz der Lira in der Türkei. Was macht Ihnen am meisten Sorgen?

    Alles, was Sie angeführt haben, bereitet mir große Sorgen. Die Türkei kann sich irgendwann einmal zu einem schwarzen Schwan entwickeln, wie Börsianer unvorhersehbare Ereignisse nennen. Die türkische Lira hat seit Jahresbeginn rund 40 Prozent gegenüber dem US-Dollar verloren. Das heißt: Die Türkei hat heute 40 Prozent mehr Schulden als vor einem Jahr – in Fremdwährung, sie muss sich also Geld im Ausland besorgen. Das wird für sie immer teurer. Der Handelskonflikt ist ein großes Problem. Er kann die Märkte belasten. Deshalb ist es auch so wichtig, zu diversifizieren, das heißt in unterschiedlich riskante Anlagen zu investieren.

    Ihr Fonds hat unter anderem auch in russische Wertpapiere investiert …

    Ja, in russische Staatsanleihen, als Alternative zu italienischen Staatsanleihen. Eine spannende Sache, wenn man weiß, dass es dafür fast sieben Prozent Zinsen gibt. Italien hat eine Staatsverschuldung von fast 130 Prozent in Relation zum Bruttoinlandsprodukt, Russland von etwa 18 Prozent. Das Wachstum von Russland und Italien ist ungefähr gleich. Die Inflationsrate in Russland liegt bei 2,75 Prozent.

    „Der deutsche Aktienmarkt punktet bei Industrie- und Automobilwerten.“

    Sie haben vermutlich auch Papiere französischer und britischer Unternehmen in Ihrem Fonds. Wie beurteilen Sie die Entwicklung in Frankreich und insbesondere Großbritannien?

    Was den Brexit angeht, bin ich vermutlich nicht alleine der Ansicht, dass er eher schlecht ist für Großbritannien und auch schlecht für den Aktienmarkt. Auch für den Rest von Europa dürfte der Brexit nicht positiv sein. Allerdings wird man außerhalb des Vereinigten Königreichs besser damit umgehen können, als im Land selbst. Daher würde ich mich jetzt nicht mit großem Enthusiasmus in britischen Aktien engagieren

    Was ist mit dem französischen Aktienmarkt?

    In diesem Jahr hat sich der französische Aktienmarkt seit langer Zeit wieder deutlich besser entwickelt als sein deutsches Pendant. Nun kann man sich fragen, warum das so ist. Liegt es an Macron oder daran, dass der französische Leitindex vorteilhafter aufgestellt? Letzteres halte ich für wahrscheinlicher. Der deutsche Aktienmarkt hat sein Schwergewicht bei Industrie- und Automobilwerten. Der französische hingegen bei Wachstumswerten und starken Marken.

    Noch ein Blick auf die großen Aktienmärkte. Wen oder was würden Sie da derzeit herausheben?

    Wir haben seit Jahresanfang eine ganz bemerkenswerte Entwicklung an den Aktienmärkten. Während die klassischen Industriewerte, die klassischen Konsumwerte oder die klassischen zyklischen Werte eine ziemlich schlechte, wenn nicht sogar negative Performance aufweisen, kommt all das, was man der Welt der digitalen Ökonomie zuordnen kann, auf eine außerordentlich gute, wenn nicht sogar fantastische Performance. Nur zwei Beispiele: Die Aktie von Netflix verzeichnete seit Jahresanfang ein Plus von 100 Prozent, Amazon plus 50 Prozent. Welche Rationalität steckt dahinter? Vermutlich der Gedanke, dass Geschäftsmodelle wie diese eher immun sind gegen Probleme, die ich bereits skizziert habe.

    „Die wirklich großen Unglücke an der Börse kommen durch Computer zustande. Deshalb wird es an der Börse auch in Zukunft nicht ganz ohne Menschen gehen.“

    Sie haben gesagt: Entscheidungen auf den Märkten fallen heute vielfach durch Algorithmen. Damit wären Fondsmanager und also auch Ihre Position vielleicht bald überflüssig?

    Wenn es meinen Job in einigen Jahren tatsächlich nicht mehr geben sollte, kann ich damit leben. Bis dahin bin ich wahrscheinlich im Ruhestandsalter. Aber das ist nicht der Punkt. Beim Investieren ist es ähnlich wie bei der Musik. Es gibt Musik, die ist von Händen gemacht. Andere wird von Computern produziert. Sowohl das eine als auch das andere kann interessant sein.

    Vielleicht noch so viel dazu: Die wirklich großen Unglücke an der Börse kommen nach meiner Erfahrung sehr stark durch computerinduzierte Szenarien zustande. Der erste Crash dieser Art, den ich 1987 erlebt habe, dauerte nur wenige Tage, war dafür aber umso heftiger. Damals war die Technik noch nicht so weit, um einen enormen Auftragsansturm, der durch diese Maschinen ausgelöst wurde, zu bewältigen. In einem anderen Fall musste die US-Zentralbank eingreifen, um einen größeren Crash zu verhindern. Deshalb: Ganz ohne den Menschen wird es nicht gehen und wenn er lediglich etwas gesunden Menschenverstand bei Entscheidungen ins Spiel bringt.

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