Vantik will Altersvorsorge auf Augenhöhe
Anfang 2019 trat das Berliner Start-up Vantik mit dem Ziel an, Altersvorsorge komplett mobil und flexibel zu gestalten. Wie die Startphase verlief, wollte das DIA im Gespräch mit Vantik-Gründer und Geschäftsführer Til Klein erfahren.
„Sparbuch war gestern“ – so lautet das Motto des Altersvorsorge-Start-ups. Aber eigentlich zielt der Slogan nicht nur aufs Sparkonto, sondern Vantik will anders sein als alle bisherige Altersvorsorge. Einfach in der Handhabung. Zum Start versprach Gründer Klein „Altersvorsorge in elf Minuten“. Einfach im Verständnis. „Keep it simpel“ gilt als Grundprinzip im Unternehmen. Einfach zur Rente. Keine Vorgaben für Raten oder Haltefristen. Gerade Letzteres provoziert die Frage: Funktioniert das?
Til Klein beantwortet diese Frage nach 18 Monaten und nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie mit einem Ja. „Anfang 2020 haben wir Kundenbefragungen vorgenommen. Damit wollten wir unter anderem in Erfahrung bringen, warum sich Kunden für uns entscheiden. Der Tenor der Antworten: Das Produkt ist verständlich, die Kommunikation findet auf Augenhöhe statt.“
Mit dem Ausbruch der Pandemie kam dann aber eine ganz andere spannende Frage aufs Tableau: Räumen die Sparer die Vantik-Konten in einer schwierigen Situation mit Kurzarbeit oder gar Entlassung einfach ab? Schließlich gibt es keine vertragliche Bindung oder Nachteile bei Entnahmen, wie es bei anderen Altersvorsorgeprodukten durchaus üblich ist. Jeder kann jederzeit sein Geld abziehen. „Ich hatte zwar immer gesagt, die Kunden bleiben bei uns, auch ohne Bindung, aber diese Behauptung stammte aus Vorkrisenzeiten“, beschreibt der Vantik-Gründer die Spannung, die sich im März und April ausbreitete. „Plötzlich war die Belastungsprobe da. Aber passiert ist nichts. Wir hatten keine erhöhten Geldabflüsse. Die Kunden sind geblieben.“
Vereinzelt Entnahmen, aber keine Flucht aus den Konten
Ein paar wenige von ihnen legten zwar Sparpausen im Frühjahr ein, nahmen dann im Sommer die regelmäßigen Einzahlungen aber wieder auf. Nur vereinzelt gab es Entnahmen. „Dazu bekamen wir dann schon mal eine Mail, in der sich Kunden dafür fast entschuldigten“, schildert Klein die Erfahrungen in der Krise. „Diese Sparer waren froh, dass bei uns zwischenzeitlich auch Geld aus dem Konto genommen werden kann, statt gleich alles auflösen oder eine Strafe zahlen zu müssen.“
Beschleunigte Digitalisierung spielt Vantik in die Hände
Die Corona-Krise beschleunigte in vielen gesellschaftlichen Bereichen den Übergang zu digitalen Prozessen. Das spielte auch Vantik in die Hände. „Unsere potenzielle Kundengruppe ist dadurch breiter geworden“, schätzt Til Klein. „Heute nutzen viele Menschen digitale Wege, die sie vor einigen Monaten noch gescheut haben.“ Das beste Beispiel sei seine 80-jährige Mutter. „Sie kennt sich inzwischen auch mit Video-Calls aus.“ Allerdings ist die Zeit noch zu kurz, um schon Veränderungen in der Altersstruktur der Vantik-Kunden abzulesen. Diese haben derzeit im Durchschnitt ein Alter von 33 Jahren. Die Spanne reicht von Mitte 20 bis Ende 30.
„Noch Jüngere, die sicherlich noch stärker auf Web und Smartphone fixiert sind, gehören weniger dazu. Aber das war zu erwarten. Das Thema Altersvorsorge setzt erst ein, wenn das Leben etwas ernster wird, der Job anfängt oder man sich für eine Familie entscheidet. Wer noch studiert, hat für Altersvorsorge einfach kein Geld. Nur bei jungen Leuten in der Lehre sieht es etwas anders aus, weil es da zum Beispiel vermögenswirksame Leistungen oder ein Angebot für eine betriebliche Altersversorgung gibt“, beschreibt er die aktuelle Kundenstruktur.
Kundenentscheidung dauert länger als gedacht
Zur genauen Anzahl der Kunden, die seit dem Start im Februar 2019 gewonnen werden konnten, hält er sich bedeckt. „Einige Tausend“, so viel lässt er sich zumindest entlocken. Genauere öffentliche Aussagen will oder kann er im Augenblick noch nicht treffen. Im nächsten Jahr stehen Gespräche mit den Investoren und eine neue Finanzierungsrunde an. Vorher sollen keine Zahlen kursieren.
Eine interessante Zahl hat er dann aber doch parat: Vom ersten Kontakt eines Interessenten bis zur Einrichtung eines Kontos vergehen bis zu sechs Monate. Das überrascht. Immerhin wirbt Vantik mit dem Tempo, mit dem Kunden ein Altersvorsorgekonto einrichten können. Aber davor liegt eben noch die Entscheidung, mit dem Sparen anzufangen. „Die Herausforderung besteht darin, Kunden für uns einzunehmen. Daher überlegen wir, wie wir die Phase vor der Kontoeröffnung noch besser begleiten können. Welche Informationen müssen wir dafür noch liefern? Was können wir weiter vereinfachen?“, erläutert Til Klein. Den meisten erscheine Altersvorsorge als kompliziert. Es herrsche Furcht, etwas falsch zu machen. „Deshalb haben wir uns mit Absicht nur für einen Fonds für die Kapitalanlage entschieden und nicht für mehrere Fonds mit unterschiedlichen Risikoklassen. Der Einstieg muss simpel bleiben. Differenzieren können Sparer später.“
Vantik Stiftung verwaltet Sicherheitspuffer
Mit der Errichtung der Vantik Stiftung konnte gerade ein weiterer wichtiger Meilenstein erreicht werden. Die Stiftung verwaltet den Sicherheitspuffer, mit dem die Beiträge zu Rentenbeginn abgesichert sind. Mit dem Sicherheitspuffer geht Vantik ganz neue Wege in der Risikoreduktion. „Angesichts von Niedrigzinsen sind Garantien nicht mehr bezahlbar, durch alternative Modelle zur Risikoreduktion wie unserem Sicherheitspuffer kann aber fast das gleiche Sicherheitsniveau zu deutlich niedrigeren Kosten erreicht werden“, erläutert Til Klein. Die Arbeit der Stiftung wird von einem Kuratorium überwacht, in dem neben Prof. Klaus Hurrelmann auch zwei Kund*innen von Vantik sitzen werden. Derzeit können sich Kund*innen für einen Sitz im Kuratorium bewerben.
Außerdem überlegt das Team von Vantik, wie es Kunden unterstützen kann, damit Sparen zur Gewohnheit wird. „Da kommen Gamification-Effekte ins Spiel, müssen Anreize geschaffen werden“, deutet er an, wohin die Reise gehen könnte. Derzeit bereitet das Unternehmen einige zusätzliche Features mit Kooperationspartnern vor, über die er noch nichts weiter verraten kann. Es darf also ein wenig spekuliert werden.
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