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    Private Altersvorsorge | 28.5.2018 Drucken

    Mit Finanzwissen gegen den inneren Schweinehund

    Verhaltensökonom Matthias Sutter, Direktor des Max-Planck-Instituts zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern, im Interview über die Wirkung von Finanzwissen, ökonomische Präferenzen von Schülern und probate Mittel gegen den inneren Schweinehund.

    Von einer Abiturientin stammt der Spruch, sie könne nach ihrem Schulabschluss zwar eine Gedichtsanalyse in vier Sprachen schreiben, habe aber keine Ahnung von Steuern, Miete und Versicherungen. Steht es so schlecht um das Finanz- und Wirtschaftswissen der jungen Generation? Was sagen Ihre Untersuchungen unter Schülern dazu aus?

    Matthias SutterLassen Sie mich so beginnen, dass es ein Missverständnis wäre, wenn man Gedichtinterpretation und Finanzwissen gegeneinander ausspielen wollte. Beides ist wichtig. Es scheint aber tatsächlich Aufholbedarf beim Finanz- und Wirtschaftswissen der jungen Generation zu geben. In einem aktuellen Forschungsprojekt – gemeinsam mit Michael Weyland, Manuel Froitzheim und Anna Untertrifaller – sehen wir, dass sich 15- und 16-jährige SchülerInnen mit vielen Grundkonzepten schwer tun, etwa bei der Einschätzung von Zinseszinseffekten oder der Bedeutung von Risikostreuung. Internationale Vergleichsstudien belegen, dass finanzielle Grundbildung aber nicht nur im Jugendlichenalter lückenhaft ist, sondern auch in weiten Teilen der Erwachsenenbevölkerung.

    „Finanzielle Grundbildung verändert ökonomische Präferenzen“

    Sie haben untersucht, was Finanzbildung bewirken kann. Stimmen die Ergebnisse positiv?

    Wir haben in unserem Projekt acht Unterrichtseinheiten zu finanzieller Grundbildung entworfen und diese in verschiedenen Schulen eingesetzt. Tests vor und nach unseren Einheiten zeigen, dass sich ein Wissenszuwachs feststellen lässt. Natürlich haben wir das gehofft, sonst wären unsere Einheiten ja nutzlos gewesen, aber es ist ja nie sicher, was vom Unterricht hängen bleibt. Was uns besonders interessiert hat, war die Frage, ob finanzielle Grundbildung die ökonomischen Präferenzen von SchülerInnen beeinflussen kann. Die experimentelle Messung dieser Präferenzen hat tatsächlich ergeben, dass die SchülerInnen in ihren Entscheidungen etwas geduldiger, also zukunftsorientierter, und etwas risikoscheuer wurden.

    Kann Finanzwissen allein schon das Verhalten junger Menschen bei Entscheidungen zum Sparen oder Konsum verändern? Aus der Verhaltensökonomie wissen wir doch, dass der Homo oeconomicus nur in der Theorie existiert. In der Praxis treffen Menschen wider besseren Wissens häufig die falsche Entscheidung oder schieben diese zumindest hinaus. So bewerten Menschen beispielsweise unmittelbar zu erwartende Ereignisse höher als in der Ferne liegende. Daher ist der Gedanke langfristiger Vorsorge gerade jungen Menschen so schwer zu vermitteln. Lässt sich dieses Verhalten korrigieren, lässt sich Geduld entwickeln?

    Eine verbesserte finanzielle Grundbildung macht noch keinen homo oeconomicus aus uns. Wie Sie richtig sagen, existiert der nur in der Theorie. Es ist aber schon so, dass viele Studien zeigen, dass eine bessere finanzielle Grundbildung zu besseren Entscheidungen führt. Beispielsweise korreliert finanzielle Grundbildung mit besserer Altersvorsorge oder dem Vermeiden von oft kostspieligen Fehlern, wie der unvorteilhaften Auflösung einer Versicherung wegen kurzfristiger Liquiditätsengpässe. Unsere Studie zeigt, dass finanzielle Grundbildung die Zukunftsorientierung verbessert. Unsere SchülerInnen mussten etwa zwischen zehn Euro sofort und elf Euro in einer Woche wählen. Nach den Unterrichtsstunden über finanzielle Grundbildung haben mehr SchülerInnen die elf Euro in einer Woche gewählt.

    „Einseitiges Verständnis von Wirtschaft und Finanzen“

    Sie plädieren für mehr Finanzbildung in den Schulen. Damit sind Sie nicht der Erste. Warum tun sich Schulen in Deutschland mit Wirtschaft und Finanzen so schwer? Liegt es nur am Föderalismus?

    Ich bin weder der Erste und mit Sicherheit nicht der Letzte. Die Gründe sind sicher vielfältig, warum Finanzbildung in Schulen einen schweren Stand hat. In meinen Gesprächen mit LehrerInnen und DirektorInnen hatte ich meist einen sehr positiven Eindruck. Sie waren sehr aufgeschlossen gegenüber unserer Forschung und haben den Wert finanzieller Grundbildung sofort erkannt. Manchmal schwang aber auch die Sorge mit, dass mehr Finanz- und Wirtschaftswissen die jungen Menschen zu sehr für die Wirtschaft und hemmungsloses Gewinnstreben einnehmen könnte. Falls mein Eindruck nicht trog, würde ich sagen, dass dahinter ein sehr einseitiges Verständnis von Wirtschaft und Finanzen herrscht, eines, das noch den gewinnmaximierenden, vollkommen egoistischen homo oeconomicus vor Augen hat, der andere Menschen ausbeuten will. Dieses Verständnis ist aus meiner Sicht aber überholt.

    „Die Gewohnheit spielt eine große Rolle“

    Haben Verhaltensökonomen ein Mittel gegen den inneren Schweinehund, der Menschen häufig von vernünftigen Entscheidungen abhält?

    Wenn wir ein Zaubermittel hätten, das immer und für jeden wirkt, dann hätte sich das schon herumgesprochen. In den letzten Jahren haben verschiedene Studien aber einige Einsichten geliefert, was funktionieren könnte. Beispielsweise spielt die Gewohnheit eine große Rolle, wenn man sich gesünder ernähren oder mehr bewegen will. Eine Studie aus den USA zeigt etwa Folgendes: wenn man Menschen 100 Dollar zahlt, wenn sie innerhalb eines Monats achtmal ins Fitnessstudio gehen, dann gehen sie auch nach diesem Monat – wenn es kein Geld mehr gibt – häufiger als davor, weil sich eine positive Gewohnheit ausgebildet hat.

    Bei finanziellen Entscheidungen hilft es zum Beispiel, wenn man sich selbst Bindungen auferlegt, so wie Odysseus, als er sich an den Mast binden ließ. Eine Journalistin hat mir einmal berichtet, dass sie jedes Jahr von September bis zum nächsten Juni monatlich 20 Euro auf ein Sparbuch überweist und dass sie dann im Juli den gesamten Betrag abhebt, um im Urlaub schön essen gehen zu können. Auf meine – zugegeben naive – Frage, warum sie dafür ein separates Sparbuch angelegt hat, antwortete sie, dass sie das Geld sonst bis zum Monatsende aufbrauchen würde, wenn es auf dem Konto läge. Die Selbstbindung durch die Überweisung auf ein Sparbuch half ihr,  für ein Ziel in der Zukunft zu sparen.

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