“Rendite ganz ohne Risiko gibt es nicht!“
Timo Veeneman, Finanzanlagen- und Versicherungsfachmann vom Vermögensverwalter Spiekermann & CO AG sieht Garantieprodukte für Anleger kritisch. Am Ende bringe es mehr Wertstabilität für Vermögen, Risiken bewusst zu verteilen.
Wie bewerten Sie Anlageprodukte mit Garantien, also vermeintlich ohne Risiko – lohnen sich diese?
Ich sehe solche Garantieversprechen relativ kritisch, denn sie kosten unter dem Strich immer Geld. Das heißt, Verbraucher erkaufen sich Sicherheit in der Regel durch einen Verzicht auf einen mehr oder weniger großen Renditeanteil. Kommt es aber zu wirklich unvorhergesehenen Ereignissen, wie Anbieterpleiten, Hyperinflation oder gar eine Währungsreform, sind solche Garantien dann im Zweifelsfall auch wertlos.
Wie sieht das bei Lebensversicherungen aus?
Die optimale Altersvorsorge ist von vielen individuellen Fragen abhängig. Aber ausgehend vom Normalfall und von einem Anlagezeitraum von 20 bis 40 Jahren gibt es von der Ertragsperspektive sicher bessere Alternativen, als heute eine Lebensversicherung abzuschließen. Im Einzelfall, bei eher kurzem Abstand zum Rentenalter oder sehr hohem Sicherheitsbewusstsein, könnte eine Lebensversicherung eine Option sein. In den allermeisten Fällen gibt es aber attraktivere Wege, Vermögen zu bilden.
Was zählt als Sicherheit?
Ist das bei Riesterverträgen besser, da gibt es ja auch eine Garantie?
Als Vorsorgeprodukt ist die Idee der Riesterverträge grundsätzlich spannend, aber durch die Garantie der nominal eingezahlten Beiträge sind die Anbieter relativ eingeschränkt. Letztlich haben Anleger dadurch die Sicherheit, dass sie jeden eingezahlten Euro wiedersehen. Dafür müssen aber Rücklagen gebildet werden, die kaum Erträge abwerfen. Letztlich wird dadurch mit großer Sicherheit trotz der staatlichen Förderung ein relativ überschaubares Ergebnis erreicht werden.
Gibt es überhaupt 100 Prozent Sicherheit beim Vermögensaufbau?
Da stellt sich erst einmal die Frage, was bedeutet Sicherheit? Unter dem Strich kann der reine nominale Erhalt von Geld kein gutes Anlageziel sein. Selbst wenn jemand Bargeld im sichersten Tresor der Welt aufhebt, führt die Inflation zu Kaufkraftverlusten. Anderer Fall: Das letzte Jahr hat gezeigt, dass selbst als enorm sicher eingestufte Staatsanleihen Kursverluste erleiden können und auch Gold allein nicht immer die beste Krisenversicherung ist.
Abgestimmter Vermögensmix
Wie lässt sich dann Sicherheit beim Anlegen überhaupt erreichen?
Da gilt der alte Spruch, nicht alle Eier in einen Korb legen. Natürlich bringt es auch keine 100 Prozent Sicherheit, Vermögen breit gestreut zu investieren. Aber das alles gleichzeitig wertlos wird, ist doch sehr unwahrscheinlich. Die große Kunst ist es, so einen Vermögensmix auf die individuellen Bedürfnisse abzustimmen und dazu passend eine Balance zwischen Ertragserwartung und Risikominimierung zu erreichen. Langfristig gesehen war es bisher sinnvoll, zumindest mit einem Teil des Vermögens am Erfolg der Wirtschaft beteiligt zu sein, auch wenn solche Anlagen im Wert schwanken können. Wer die Kaufkraft eines Vermögens erhalten will, wird nicht darum herumkommen, in gewissen Maße Risiken einzugehen, um eine reale Rendite zu erzielen.
Langfristiger Vermögenserhalt
Ganz ohne Risiko geht es also nicht?
Ja, keine Form ertragversprechender Kapitalanlage wird absolute Sicherheit bieten. Allerdings hat eine breit diversifizierte Anlagestruktur beste Voraussetzungen, Vermögenswerte langfristig zu erhalten. Wer sein Kapital zum Beispiel auf Aktien aus verschiedenen Branchen und Ländern, Anleihen von Staaten und Unternehmen, Edelmetalle wie Gold und Silber oder eben auch Klassiker wie Immobilien oder eventuell sogar als Beimischung eine Lebensversicherung oder andere konservative Anlageformen verteilt, wird wohl kaum irgendwann mit ganz leeren Händen dastehen.
Nachricht an die Redaktion
Senden Sie Hinweise, Lob oder Tadel zu diesem Artikel an die DIA Redaktion.
Ausgewählte Artikel zum Thema
Erlebt die LV-Police ein Comeback?
Das neue Jahr bringt auch endlich wieder bessere Ertragsperspektiven für Lebensversicherungsverträge. Aber reicht das in Inflationszeiten? Anlageexperten sind skeptisch und raten eher zu anderen Investmentformen statt zur LV-Police. Endlich, es geht wieder aufwärts. Nach dürren Ertragsjahren bei klassischen Lebensversicherungen kündigen die ersten Anbieter wie die Allianz leichte Erhöhungen der Erträge für 2023 an. Die laufende […]
Artikel lesenPositionierung für das Jahr 2023
Politische Unsicherheiten, Rezessionsgefahren und weiter steigende Zinsen. 2023 wird sicherlich kein einfaches Börsenjahr werden. Bei konservativer Vorgehensweise und Fokussierung auf die richtige Assetklasse sollten die Chancen im Jahr 2023 die noch nicht eingepreisten Risiken überwiegen. Deckel drauf und abhaken. Diese Einstellung dürfte für viele Anleger die einfachste Vorgehensweise sein, wenn es um das gerade abgelaufene […]
Artikel lesenKryptoinvesting – geht noch was?
Öffnet man die Internet-Seite der US-amerikanischen Handelsplattform Coinbase, findet man auf 300 Seiten Preisangaben für etwa 9.000 Assets, sprich Kryptowährungen. Gleichzeitig hat das Unternehmen im eigenen Transparenzbericht in den letzten vier Quartalen 12.000 Informationsabfragen von Strafverfolgungsbehörden vermerkt. Das entspricht einem Anstieg von 66 Prozent. Die meisten Anfragen beziehen sich dabei auf die USA. Über 1.000 […]
Artikel lesen