Armut im regionalen Fokus
In welchem Umfang sollten spezifische Lebensumstände berücksichtigt werden, wenn Einkommensarmut ermittelt wird? Dieser Frage ging die jüngste Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) nach. Danach macht es zum Beispiel einen erheblichen Unterschied aus, wenn regional unterschiedliche Einkommensverteilungen berücksichtigt werden.
Als armutsgefährdet gilt jemand, wenn er weniger als 60 Prozent des Medians beim sogenannten Äquivalenzeinkommen bezieht. Es berücksichtigt die unterschiedlichen Haushaltsgrößen. In der Regel wird dafür ein landesweiter Wert benutzt. Würden für Ost- und Westdeutschland getrennt berechnete Schwellenwerte angesetzt, so ändert sich am deutschlandweiten Niveau der Armut beziehungsweise Altersarmut kaum etwas. Ostdeutsche wären dann allerdings weit seltener einem Armutsrisiko ausgesetzt als Westdeutsche. Das gilt sowohl für alle Personen als auch für die Senioren im Besonderen.
Wie wirken sich getrennte Schwellenwerte aus?
Mit einer einheitlichen Armutsschwelle wären 18,5 Prozent der 65-Jährigen und Älteren armutsgefährdet, bei getrennten Schwellenwerten 17,9 Prozent. Der Unterschied ist also nicht besonders groß. Beim Vergleich der Ost- mit den Westdeutschen zeigen sich aber deutliche Abweichungen. Bei einer spezifisch ostdeutschen Armutsschwelle fallen nur noch 12,7 Prozent der 65-Jährigen und Älteren in die Armutsgefährdung statt 24,0 Prozent bei einer einheitlichen Grenze. In Westdeutschland ist die Auswirkung nicht so gravierend. Der Grund dafür: Die gesamt- und westdeutsche Armutsschwelle liegen dichter beieinander.
„Es gibt kein richtig oder falsch für diesen Wert, aber man sollte sich immer der Auswirkungen der gewählten Grenze bewusst sein, damit die Ergebnisse richtig eingeordnet werden können“, erklärt DIA-Sprecher Klaus Morgenstern. Die Studie weist daraufhin, dass die Europäische Union zur Berechnung nationaler Armutsquoten ebenfalls nationale Schwellen heranzieht. „Würde man sich auf eine EU-weit einheitliche Schwelle stützen, läge die Quote in Osteuropa vermutlich weitaus höher und in Deutschland deutlich niedriger“, gibt Studienautor Dr. Reiner Braun zu denken. Die Frage sei daher immer, welche Art von Ausgrenzung man vergleichen will. „Vergleicht ein Bulgare seine Lebenssituation eher mit denen der Deutschen oder der Sachse seine Situation mit dem Bayern.“
Lebensverhältnisse einbeziehen oder nicht?
Daher sind Untersuchungen, die bei der Bestimmung von Armut auch die Lebensverhältnisse mit einbeziehen, aufschlussreich. Ohnehin gibt es regelmäßig Diskussionen darüber, ob auch bei der Festlegung der Grundsicherung und anderer Sozialleistungen die regional unterschiedlichen Preise von Gütern und Dienstleistungen berücksichtigt werden sollen. Bei der Bemessung der Kosten für die Unterkunft macht dies der Staat ja bereits, indem diese Kosten komplett übernommen werden.
Nachricht an die Redaktion
Senden Sie Hinweise, Lob oder Tadel zu diesem Artikel an die DIA Redaktion.
Ausgewählte Artikel zum Thema
Wer ist besonders durch Altersarmut gefährdet?
Ein pensioniertes Akademikerehepaar im Eigenheim hat das geringste Risiko in Deutschland, altersarm zu werden, ausländische, alleinlebende Mieter ohne Bildungsabschluss hingegen das höchste. Auf diese Formel lässt sich das Resümee der jüngsten DIA-Studie zuspitzen, welche Gruppen in Deutschland besonders von Altersarmut bedroht sind. Diese neue Studie, die den Titel „Altersarmut – heute und in der Zukunft“ […]
Artikel lesenFür wen steigt das Risiko der Altersarmut deutlich an?
Das Risiko, im Alter arm zu sein, nimmt in Deutschland bis 2030 insgesamt nur geringfügig zu. Für einzelne Teilgruppen unter den Älteren jedoch steigt dieses Risiko erheblich an. So lautet das komprimierte Fazit der jüngsten Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA), die den Titel trägt „Altersarmut – heute und in Zukunft“. Derzeit ist Armut […]
Artikel lesenBundesländer: Wo die Armut lebt
In welchen Bundesländern die meisten beziehungsweise wenigsten Einwohner armutsgefährdet sind, zeigt eine Auswertung des Statistischen Bundesamts. Insgesamt gab es deutschlandweit nur eine marginale Erhöhung, doch je nach Bundesland können (weiterhin) gravierende Unterschiede bestehen. Bei allen Betrachtungen zum gegenwärtigen Stand der Armutsgefährdung darf eines nicht vernachlässigt werden: spätere Armut im Alter wird vor allem durch Armut […]
Artikel lesenIn welchem Umfang sollten spezifische Lebensumstände berücksichtigt werden, wenn Einkommensarmut ermittelt wird? Dieser Frage ging die jüngste Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) nach. Danach macht es zum Beispiel einen erheblichen Unterschied aus, wenn regional unterschiedliche Einkommensverteilungen berücksichtigt werden. Als armutsgefährdet gilt jemand, wenn er weniger als 60 Prozent des Medians beim sogenannten Äquivalenzeinkommen […]
Artikel lesenGroßstädte: Hier wohnt die Altersarmut
In welchen deutschen Großstädten die Bewohner am meisten beziehungsweise am wenigsten armutsgefährdet sind, wurde unlängst aus einer Mitteilung des Statistischen Bundesamts ersichtlich. Insgesamt gab es deutschlandweit nur eine marginale Erhöhung, doch je nach Wohnort können (weiterhin) gravierende Unterschiede bestehen. Armut im Alter wird nahezu immer durch Armut im Erwerbsleben bedingt. Aus diesem Grund werden sich […]
Artikel lesen