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    Demographie

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    Demographie | 22.12.2020 Drucken

    Klassische Rollenverteilung – Wissenschaft gespalten

    Der Mann als Familienernährer, die Frau versorgt Haushalt und Kinder. Diese uralte Rollenverteilung wird immer noch sehr häufig praktiziert und von vielen Seiten kritisiert. Was sagt die Wissenschaft dazu?

    Eine kürzlich erschienene Studie vom Marburger Soziologen Martin Schröder untersuchte die Zufriedenheit von Frauen und Männern in verschiedenen Rollenverteilungen. Das länderübergreifende Ergebnis: Eine gleichberechtigte Rollenverteilung steigert nicht die Zufriedenheit der Befragten. Demnach sind Männer am glücklichsten, wenn sie viel arbeiten. Die Zufriedenheit von Frauen verändert sich hingegen kaum bei steigenden Arbeitszeiten. Die Menschen sind demnach am glücklichsten, wenn sie ein traditionelles Rollenmodell praktizieren. Dieses Ergebnis lässt aufhorchen.

    Klassische Rollenverteilung – Wissenschaft gespalten

    Bei Schröders Analyse müssen jedoch weitere Faktoren berücksichtigt werden, mahnt Professor Dr. Miriam Beblo. Sie ist Professorin an der Universität Hamburg für die Fachbereiche VWL, Migration und Gender. Die Studienergebnisse seien lediglich „eine Momentaufnahme zur Zufriedenheit, meist ohne Kenntnis oder Bewusstsein der Alternativen“. Gesellschaftliche Normen und Erwartungen beeinflussen uns oft mehr, als wir es wahrnehmen. Das DIA sprach exklusiv mit Miriam Beblo im Interview.

    Frau Beblo, die Studienergebnisse von Martin Schröder zeigen, dass Mütter und Väter in einer klassischen Rollenverteilung zufriedener sind. Was, glauben Sie, sind hierfür die Ursachen?

    Interessanterweise sind es vor allem die westdeutschen Frauen, die weitgehend unabhängig von ihrem Erwerbsumfang zufrieden sind – auf ostdeutsche Frauen sowie westdeutsche und ostdeutsche Männer trifft dies nicht zu. Mein Verdacht ist, dass sie die einzige Gruppe bilden, die auch ohne eigenes Erwerbseinkommen eine Einkommensquelle (nämlich den Ehemann) hat.

    Welche Rolle spielen dabei gesellschaftliche Normen und Erwartungen? Was meinen Mütter und Väter, erfüllen zu müssen?

    Neben den formalen Institutionen – dazu gehört die Familienpolitik – spielen auch informelle Institutionen – also Normen und Werte – eine große Rolle für das Verhalten von Individuen, denn von einer gesellschaftlich erwarteten Rolle abzuweichen, kann psychische Kosten verursachen. Meine Kollegin Luise Görges und ich haben in einer vergleichenden Langzeitstudie zu Ost- und Westdeutschland aber gezeigt, dass sich Normen und Werte durch formale Institutionen beeinflussen lassen.

    Gehen ihrer Meinung nach Frauen in der Mutterrolle mehr auf als Männer in der Vaterrolle?

    Es hat den Anschein, dass es insgesamt mehr Frauen sind als Männer – gemäß ihren herkömmlichen sozialen Rollen. Aber bei jeder und jedem Einzelnen scheint das Ausmaß nicht unbedingt unterschiedlich groß zu sein, soweit zumindest meine Beobachtung, dazu bräuchte es mehr empirische Evidenz.

    „Von einer gesellschaftlich erwarteten Rolle abzuweichen,

    kann psychisch belasten.“

    Wie schon erwähnt können Normen, Werte und Einstellungen durch Politik gerahmt oder sogar beeinflusst werden. Das lässt sich eindrücklich am Beispiel der deutschen Teilung festmachen. Aber auch die Einführung des Elterngeldes hat nach ersten Erkenntnissen nicht nur das Verhalten von Müttern und Vätern verändert (Mütter kehren früher zu ihrer Berufstätigkeit zurück und mit größerem Stundenumfang; Väter übernehmen häufiger einen, wenn auch kleinen Teil der Elternzeit), sondern auch die Einstellungen und Erwartungen dazu in der Bevölkerung.

    Ist eine klassische Rollenverteilung evolutionsbedingt noch in unseren Genen?

    War sie denn jemals in unseren Genen? Die Arbeitsteilung, die Sie beschreiben, hat sich in der Vergangenheit einmal für eine relevante Gruppe als praktisch erwiesen und daraufhin haben sich familienpolitische Instrumente darauf ausgerichtet. Inzwischen perpetuiert sie sich nur in den vorgetrampelten Pfaden.

    Schröder schlussfolgert anhand der Studienergebnisse, dass es die Zufriedenheit senkt, wenn familienpolitisch Väter zu weniger Arbeit und Mütter zu mehr Arbeit gedrängt werden. Teilen Sie diese Schlussfolgerung?

    Diese Schlussfolgerung erstaunt mich sehr, denn ein Großteil der ehe- und familienbezogenen Leistungen in Deutschland lässt die traditionelle Rollenteilung nicht nur zu, sondern ist sogar darauf zugeschnitten. Das betrifft vor allem das Ehegattensplitting und die Mitversicherung in der gesetzlichen Krankenversicherung, die starke Anreize für nur ein (Haupt)Einkommen im Haushalt setzen.

    Was ich mir wünsche in der Familienpolitik: Dass der verhältnismäßig neue Weg, in dem einzelne Instrumente auch einmal andere Familienmodelle als das traditionelle unterstützen, konsequent weiter begangen wird. Damit meine ich eine Weiterentwicklung des Elterngeldes und einen Einstieg in den Ausstieg aus dem Ehegattensplitting. In der Sachverständigenkommission zum Neunten Familienbericht haben wir dazu einige Ideen entwickelt. Der Bericht wird voraussichtlich im Februar 2021 veröffentlicht.


    © HRA/Sommer

    Prof. Dr. Miriam Beblo ist an der Universität Hamburg Professorin für VWL mit den Schwerpunkten Arbeitsmarkt, Migration, Gender und Familie. In der Lehre bietet sie regelmäßig Seminare an, die den praktischen Nutzen der theoretischen und empirischen Erkenntnisse aus der VWL für die Politik in den Mittelpunkt rücken.

    Beblo ist stellvertretende wissenschaftliche Direktorin der Hamburg Research Academy. Zudem ist sie Mitlgied des Wissenschaftlichen Beirats für Familienfragen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie Teil der Sachverständigenkommission für den Dritten Gleichstellungsbericht und für den Neunten Familienbericht der Bundesregierung.

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