Was Anleger über ETF und Indizes wissen sollten
Exchange Traded Funds auf die großen Standardindizes werden häufig als langfristige Geldanlage empfohlen. Doch ganz ohne Tücken sind sie nicht, wie sich zuletzt zeigte. Anleger sollten daher unbedingt einiges über diese Produkte wissen.
Die Magnificent 7 – wie die Aktien von Apple, Microsoft, Amazon, Google, Nvidia, Tesla und Meta heißen – sind derzeit das Maß aller Dinge. Zusammen genommen haben sich diese Titel seit Jahresbeginn fast verdoppelt. Damit sind sie nicht nur maßgeblich für den Anstieg des US-Aktienindex S&P 500 um knapp 17 Prozent in diesem Jahr verantwortlich, sondern kommen in allen Indizes, in denen sie vertreten sind, auf ein erhebliches Gewicht.

Am S&P 500 machen sie inzwischen fast 28 Prozent aus, am MSCI World knapp 19 Prozent. „Wer heute in einen solchen Index einsteigt, muss sich deshalb bewusst sein, dass er ein starkes Übergewicht im Technologiebereich und bei diesen sieben Aktien hat“, sagt Marc Gabriel von der Oberbanscheidt & Cie. Vermögensverwaltung in Kleve.
Dabei werden gerade Exchange Traded Funds (ETF) auf globale Aktienindizes wie den MSCI World gern für den langfristigen Vermögensaufbau empfohlen. „Das macht auch Sinn, weil ETF kostengünstig sind, man mit ihnen breit gestreut investieren kann und zum Beispiel mit dem MSCI World am Wachstum der Weltwirtschaft partizipiert“, erklärt Harald Kärcher von der e/r/w Vermögensmanagement GmbH in Villingen-Schwenningen. „Zudem haben ETF ihren Charme, weil die Indizes regelmäßig angepasst werden“, ergänzt Gabriel. „Das heißt, die Aktien von Firmen, die sich schwach entwickeln, fliegen raus und Titel von stark wachsenden Unternehmen rücken nach.“
Unwuchten sind mit ungewollten Risiken verbunden
Dennoch raten die Experten, genau hinzuschauen. „Zunächst muss man wissen, dass die gängigen Aktienindizes nach der Marktkapitalisierung gebildet werden“, erklärt Kärcher. Je mehr ein Konzern also wert ist, desto größer ist sein Anteil in einem Index und damit im ETF. Apple als wertvollster börsennotierter Konzern der Welt bringt derzeit rund 2,5 Billionen Euro auf die Waage. Die Aktie ist folglich in den großen Indizes ein dominantes Element.
Das birgt Risiken. „Dreht morgen der Wind und alle gehen aus den genannten sieben Aktien raus, kann es bei diesen Indizes stark nach unten gehen“, warnt Gabriel. Anleger sollten sich einen Index deshalb genau ansehen, bevor sie investieren. Dieser kann Unwuchten enthalten, die zu Risiken führen, die man vielleicht gar nicht haben will.
Übergewicht USA im MSCI World
„Sie sollten auch bedenken, dass die USA im MSCI World knapp 70 Prozent ausmachen“, sagt Gabriel. Der US-Markt bestimmt also die Entwicklung des Index maßgeblich. Zu noch stärkeren Klumpenrisiken kann es kommen, wenn man abseits der Standardindizes investiert. „Bei Themen- oder Branchen-ETF kann ein einzelner Wert auf ein sehr hohes Gewicht kommen und damit die Entwicklung des gesamten Index entscheidend beeinflussen“, warnt der Experte.
Kärcher rät deshalb, sich den Index, der einem ETF zugrunde liegt, genau anzusehen und zu prüfen, ob man das wirklich haben möchte, was dort drin ist. Die Alternative wäre eine andere Aufstellung. „Da im MSCI World sowohl die Schwellenländer als auch die Nebenwerte fehlen, raten wir dazu, diese beiden Bereiche durch ETF auf entsprechende Indizes zu ergänzen, um das Portfolio breiter aufzustellen“, so Kärcher. „Der Anteil Europas kann auch durch einen ETF auf einen europäischen Aktienindex erhöht werden.“
Indexwelt bietet Alternativen
Eine andere Alternative kann ein gleichgewichteter Index sein. Dort sind alle Werte im gleichen Umfang enthalten, womit sich bestimmte Verzerrungen vermeiden lassen. „Im MSCI World Equal Weight kommen die USA zum Beispiel auf nur 43 Prozent“, so Gabriel. „Diese laufen zwar, wie wir festgestellt haben, in etwa genauso wie der normale MSCI World, aber wer sich mit einer solchen faireren Allokation wohler fühlt, für den ist das eine Lösung.“
Der entscheidende Punkt ist für Harald Kärcher aber, dass sich ein Anleger darüber im Klaren ist, was er möchte. „Einfach einen global anlegenden ETF für die Altersvorsorge zu kaufen, greift in der Regel zu kurz. Viel wichtiger ist es, eine individuell passende Anlagestrategie zu entwickeln und diese dann entsprechend umzusetzen.“
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