Aktives Altern verändert die Nachfrage
Der Trend zu einem Lebensentwurf des aktiven Alterns wird sich weiter verstärken und zu einem anderen Bedarf an Produkten und Dienstleistungen im Vergleich zu vorangegangenen Generationen führen. Das ist eine grundlegende Schlussfolgerung der jüngsten Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA).
Dabei wird es eher wenig Veränderungen beim Grundbedarf geben. Dazu gehören zum Beispiel wohnungsnahe Einkaufsmöglichkeiten, Ärzte und Apotheken in erreichbarer Nähe und ein ruhiges Wohnumfeld mit einer guten Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Erheblich zunehmen wird aber zum Beispiel die Nachfrage nach Fort- und Weiterbildung, nach Möglichkeiten, auch außerhalb von Vereinen und ohne Leistungsdruck sportlicher Betätigung nachzugehen, und nach kulturellen Veranstaltungen.
Das zeigt die Auswertung von Daten aus der Studie „Generation 55plus: Lebensqualität und Zukunftsplanung“. Sie wurde für die vorliegenden Untersuchung, die im Auftrag des DIA von der AGP Sozialforschung und dem Freiburger Institut für angewandte Sozialwissenschaft erstellt wurde, mit herangezogen. Der gemeinsame Nenner dieser veränderten Nachfrage wird durch die bestimmende Rolle von Kommunikation und Partizipation charakterisiert.
Auch an die Versorgung im Pflegefall werden andere Erwartungen gestellt. Die deutlichste Veränderung betrifft die Präferenz für eine Betreuung in kleinen wohngruppenähnlichen Einrichtungen als Alternative zur Versorgung im Pflegeheim oder durch Familienangehörige. Dieses Versorgungsarrangement gewinnt besonders in der Gruppe der aktiven Alten laut Studie an Akzeptanz. Abnehmen wird dagegen die Bedeutung einer Versorgung, in die Familienangehörige involviert sind. Diese zu erwartenden Entwicklungen bei der Versorgung von Pflegefällen liefert den Studienautoren zufolge Anlass, über neue Dienstleistungen und Vorsorgeprodukte nachzudenken. Vielleicht sollte sogar grundsätzlicher über die Absicherung des Pflegebedarfs diskutiert werden. Begründet wird diese Notwendigkeit zum einen durch die größer werdende Zahl älterer Menschen, die auch im höheren Alter nach einem aktiven Leben streben. Zum anderen spiele aber auch das zurückgehende Potenzial unterstützender Angehörigennetzwerke eine maßgebliche Rolle.
Ressourcen haben entscheidenden Einfluss
Die Auswertungen zeigten zudem, dass aktives Altern weniger von der Region abhängt, dafür aber umso mehr von den persönlichen Voraussetzungen. Zum Beispiel von den strukturellen Ressourcen, über die ältere Menschen verfügen können. Dazu zählen neben den persönlichen Netzweken in der Familie und darüber hinaus auch die finanziellen Verhältnisse. So zeigte sich ein starker Zusammenhang zwischen aktivem Altern und finanzieller Ausstattung. Das durchschnittliche Nettoäquivalenzeinkommen lag mit 2.923 Euro in der Gruppe der aktiven Älteren fast doppelt so hoch (Faktor 1,74) wie in der Gruppe der wenig Aktiven. Sie kommen auf einen Durchschnittswert von 1.677 Euro.
Das Konzept des aktiven Alterns ist ein international anerkanntes Leitbild, das auch von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vertreten wird. Bei der Abgrenzung dieses Altersbildes fließen unter anderem die folgenden Faktoren ein:
- Erwerbsbeteiligung und gewünschtes Rentenalter
- Teilnahme an Fort- und Weiterbildung
- Internetnutzung
- körperliche Aktivität
- ehrenamtliches Engagement
- Übernahme von Pflege- und Versorgungsverpflichtungen
- persönliche Einstellungen als Neugier, Risikobereitschaft oder als Vorsicht und Sicherheitsstreben
Für ihre Untersuchungen werteten die Studienautoren die Datensätze von drei größeren Projekten aus: das KOSIS-Projekt „Lebensqualität und Zukunftsplanung der Generation 55plus“, den Deutschen Alterssurvey (DEAS) und die Einkommen- und Verbrauchsstudie (EVS).
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