GDV: Säulenübergreifende Renteninformation gefällt
Das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) fragte bei Prof. Dr. Andreas Hackethal, Vorstandsvorsitzender des Vereins „Deutsche Renten Information“ nach, wie der Verein bei seinen Bemühungen zur Förderung der Transparenz in der Altersvorsorge vorangekommen ist.
Der Deutsche Renten Information e. V. wirbt schon seit einigen Jahren für die Einrichtung einer neutralen Plattform, auf der alle Bürger sämtliche relevante Daten im Bereich der Altersvorsorge mit einem Blick erfassen können. Gibt es endlich Fortschritte?
Ja, es gibt sie. Am Anfang war es in der Tat ein zähes Unterfangen. Bei den mehr als 100 Gesprächen, die wir in den zurückliegenden 24 Monaten geführt haben, zeichnet sich nunmehr durchweg eine wachsende Bereitschaft zur aktiven Unterstützung unseres Anliegens ab.
„Es gibt garantiert Misserfolge, wenn man es jedem Einzelnen recht machen will.“
Ein Projekt in dieser nationalen Dimension anzupacken, heißt dicke Bretter bohren. Woher nehmen Sie die Gewissheit, dass Sie letztlich nicht doch im Gestrüpp der unterschiedlichen Interessen hängen bleiben?
Es gibt diese Gewissheit nicht. Im Vordergrund steht die Realisierung einer säulenübergreifenden Renteninformation für die Bürger in Deutschland. Unterschiedliche Interessen existieren sehr wohl. Allerdings haben alle Beteiligten nach der Umsetzung erhebliche Vorteile, diese sollten ausreichen, um Beharrungstendenzen und Einzelinteressen zu überwinden. Wir sind ausdrücklich im Kooperationsmodus. Klar ist, dass es keine Garantie für den Erfolg gibt. Aber es gibt einen garantierten Misserfolg für den Fall, in dem man es jedem Einzelnen recht machen will. Daher begeben wir uns gar nicht erst in das „Gestrüpp“. Das Ziel ist klar formuliert und auf dem Weg dorthin gibt es hunderte von Einzelfragen zu klären. Über jeden Beitrag, der diesem Ziel zuträglich ist, freuen wir uns.
Aus der Vergangenheit ist bekannt, dass der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft Ihrem Vorschlag zunächst sehr reserviert begegnete. Zeichnet sich da ein Meinungswandel ab? Interessieren sich vielleicht einzelne Versicherungsgesellschaften für die Idee eines umfassenden Rentenkontos?
Für uns zählen die Gegenwart und die Zukunft. Gegenwärtig freut uns besonders, dass der GDV sich Anfang des Jahres öffentlich für eine säulenübergreifende Renteninformation in Deutschland ausgesprochen hat. In der Tat sind wir mit einer Reihe von Vorständen der Versicherungswirtschaft im Gespräch und die Entwicklung stimmt uns durchaus positiv.
„Ob eine Gesetzesgrundlage für das Konto geschaffen werden muss, ist noch nicht entschieden, aber mittelfristig wahrscheinlich.“
Bis Mitte 2014 wollen Sie einen Informationsstandard für alle Altersvorsorgeprodukte und Altersvorsorgebausteine implementieren. Angesichts der Fülle von Lösungen für die Altersvorsorge in allen drei Schichten scheint das eine monumentale Aufgabe zu sein. Wie weit sind Sie bislang dabei vorangekommen? Ist die Zeitplanung realistisch?
Kompliziertes zu vereinfachen und auch einfach darzustellen, ist kompliziert. Möglich ist es aber, und wir sehen in anderen Bereichen, die nicht minder komplex sind – wie zum Beispiel beim Produktinformationsblatt – Fortschritte bei der Standardisierung von Informationen. Welche Informationen für den Bürger für den Überblick und seine Standortbestimmung in Sachen Altersversorgung von Bedeutung sind, ist relativ offenkundig. Das darf auch keinesfalls zu verkopft angegangen werden, denn die Empfänger müssen die Informationen schließlich schnell und einfach verstehen können. Die Akzeptanz und Verbreitung im Markt für ein systematisiertes Reporting herzustellen, ist die andere Seite. Das ist ein Prozess, der begonnen hat. Ob dieser bis Mitte 2014 oder auch später abgeschlossen werden kann, ist von schwer prognostizierbaren Faktoren und Rahmenbedingungen abhängig. Möglich scheint es uns jedenfalls.
Das säulenübergreifende Rentenkonto wird nur funktionieren, wenn alle oder zumindest nahezu alle Träger von Altersvorsorgeleistungen mitmachen. Wie viel „Nachdruck“ seitens des Gesetzgebers wird letztlich erforderlich sein, damit das Rentenkonto eine Chance auf Verwirklichung besitzt? Oder hoffen Sie nur auf die Kraft der Überzeugung?
Die Initiative Deutsche Renten Information e.V. ist eine unabhängige Plattform, die Politik, Behörden, Finanzinstitutionen, Arbeitgeber, Gewerkschaften und natürlich auch die Bürger zusammenbringt. Ob eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden muss, ist noch nicht wirklich entschieden, aber mittelfristig wahrscheinlich. Die Kraft der Überzeugung entfaltet sich stetig und davon unabhängig, ebenso wie eine gewisse Sogwirkung. Es gibt eine Reihe von Protagonisten sowie Fördermitglieder, die DRI mit ihren Netzwerken, Fachwissen und finanziellen Mitteln unterstützen. Dabei haben wir eine gute Mischung aus den unterschiedlichen Gruppen.
„Die Datenhoheit muss auf jeden Fall beim Bürger liegen, seine Sicherheitsinteressen sind zu wahren.“
Spätestens nach dem Desaster mit der Einführung der Gesundheitskarte wissen die Initiatoren von Plattformen und Projekten, bei denen Informationen der Bürger zusammengeführt werden, wie schnell Kollisionen mit dem Datenschutz drohen. Haben Sie in diesem Punkt ein ruhiges Gewissen?
Ja. Es geht bei der säulenübergreifenden Renteninformation nur um das Anzeigen von Daten, und nicht um das Speichern von Daten. Die Datenhoheit muss beim Bürger liegen und seine Sicherheitsinteressen sind zu wahren. Das ist in Bezug auf den Datenschutz technisch und rechtlich eine Herausforderung, die zu meistern ist.
Ein solches Projekt wird ohne solide Finanzierung nicht auskommen. Wie stellen Sie sich diese künftig vor? Ein Umlageverfahren, wie es zum Beispiel bei großen Aufsichtsbehörden in der Finanzbranche heute schon der Fall ist?
Ja, ein Umlageverfahren bietet sich hier an. Bis dahin wird es aber noch eine Zeit brauchen. Die Entwicklungsarbeit der Initiative wird durch eine Menge sehr engagierter Menschen organsiert und durch die Beiträge der Mitglieder finanziert.
Prof. Dr. Andreas Hackethal, seit 7. Juli 2011 Vorstandsvorsitzender des Deutsche Renten Information e.V., ist Dekan des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Goethe Universität in Frankfurt und Professor für Finanzen am dortigen House of Finance. In der Forschung beschäftigt er sich mit Fragen rund um Anlageberatung, Altersvorsorge und Struktur des deutschen Bankenmarktes.
Der Deutsche Renten Information e.V. (DRI) – das Ziel des Vereins: Jeder Bürger soll selbstbestimmt seine Gesamtversorgung im Alter ermitteln können und möglichen Handlungsbedarf erkennen.
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