Kritischer Blick auf Fondsneulinge
In die Fonds-Landschaft kommt Bewegung: Anbieter bringen neuartige Produkte auf den Markt, um das Geld der Anleger einzusammeln. Die Palette reicht von Quant-Fonds bis zu Indexprodukten, die den Anlegern mit wissenschaftlich erforschten „Faktoren“ Vorteile versprechen. Doch wie gut sind diese Fondsneulinge wirklich?
Mit Finanzprodukten ist es wie mit Autos: Je mehr Modelle ein Hersteller anbietet, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Produkt tatsächlich gekauft wird.
Doch anders als bei Autos verdient die Fondsgesellschaft jedes Jahr mit, nämlich über die Managementgebühr, die von 0,1 Prozent bei schlichten Indexfonds bis zu zwei Prozent bei aktiv verwalteten Fonds reichen kann. Noch etwas unterscheidet die beiden Produktarten. „Der Fondskäufer weiß erst nach ein paar Jahren, ob das Modell etwas taugt oder nicht. Profi-Investoren warten daher häufig drei Jahre ab, bevor sie in neue Produkte investieren“, erklärt Michael Graff von der unabhängigen Vermögensverwaltung Spiekermann & CO AG in Bielefeld.
Drei Jahre Wartezeit empfohlen
Die Richtschnur, drei bis fünf Jahre zu warten, sollten auch Privatanleger befolgen, weil sie so die Gefahr eines Fehlkaufs verringern können. Schließlich neigen Institute, die vom Produktvertrieb leben, dazu, ihren Kunden neuartige Produkte mit hoher Kostenquote zu empfehlen. Ob die empfohlenen Fonds etwas taugen, steht dann auf einem anderen Blatt. Zudem gilt: „Was ein Fondsmanagement kann, wird erst deutlich, wenn ein kompletter Marktzyklus, also Aufschwung und Abschwung, vorüber sind“, sagt Rolf A. Bedner von der Value Experts Vermögensverwaltungs AG in Bielefeld. Die Devise lautet also: Besser warten als vorschnell kaufen.
Wie smart sind Faktor-ETFs?
Ein schon etablierter Trend sind sogenannte Smart-Beta- oder Faktor-ETFs. Das sind Indexfonds, bei denen sich das Portfolio anders zusammensetzt und die Aktien anders gewichtet werden als bei üblichen Indexfonds. Die Auswahlkriterien der Smart-Beta-ETFs werden auch als Faktoren bezeichnet. „Dazu gehören unter anderem Unterbewertung (Value), kleine Unternehmensgröße, Qualität, Dividenden, Momentum und niedrige Volatilität“, erklärt Michael Graff. Inzwischen hat die Branche eine Reihe von Multi-Faktor-ETFs entwickelt, die mehrere solcher Faktoren bündeln.
Die Hoffnung dahinter: Diese von der Wissenschaft erforschten Faktoren sollen Anlegern einen Mehrwert gegenüber klassischen Index-Investments verschaffen. Sicher ist zunächst nur, dass die Anbieter für diese Faktor-ETFs eine höhere Managementgebühr kassieren als für normale ETFs. Wohl auch deshalb frohlockte BlackRock 2015, dass Smart-Beta-ETFs zehn Jahre später ein Volumen von 2,4 Billionen Dollar haben werden. Das entspräche etwa einer Vervierfachung des Volumens von damals.
Keine eierlegende Wollmilchsau
Ob es so kommt, ist unklar. „Klar ist inzwischen, dass auch ein Smart-Beta-ETF keine eierlegende Wollmilchsau ist“, sagt Rolf A. Bedner. So merken kritische Finanzwissenschaftler an, dass einzelne Faktoren wie Value oder Small Cap jahrelang deutlich schlechter abschneiden können als der breite Markt und viele Anleger ausgerechnet dann das Handtuch werfen.
Inzwischen müssen Anhänger von Indexfonds immer kritischer hinschauen, wenn neue Produkte auf den Markt kommen. Ein gutes Beispiel dürfte der JP Morgan Managed Futures-ETF sein, der deutschen Anlegern seit September 2018 offen steht. Das aktive (!) Fondsmanagement kann über viele Anlageklassen hinweg auf steigende oder fallende Kurse setzen. Was das mit einem ETF zu tun haben soll, dürfte sich vielen Laien kaum erschließen. Wer es lieber klassisch mag, wird sich freuen, dass die US-Fondsgesellschaft Vanguard, der Erfinder des Indexfonds, immer mehr ihrer Flaggschiffe auf dem deutschen Markt segeln lässt.
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