Tempomacher für Reform der Betriebsrenten

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14. Mai 2025

Tempomacher für Reform der Betriebsrenten

Die Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e. V. (aba) hat in dieser Woche vor ihrer Jahrestagung Vorschläge für eine rasche Reform der Betriebsrenten vorgelegt. Ein Überblick zu den Baustellen, auf denen die aba sich mehr Tempo wünscht (Teil I).

Wie viele andere Altersvorsorgeexperten bedauert auch der aba-Vorstand, dass mehrere Gesetzesvorhaben der Ampelregierung wegen ihres vorzeitigen Endes auf der Strecke geblieben sind, zum Beispiel das Betriebsrentenstärkungsgesetz II. Daher zielt ein Vorschlagspaket der aba auf die Inhalte dieses Gesetzentwurfes, der in Expertenkreisen und bei den Unternehmen viel Zustimmung gefunden hatte. So sollte das parlamentarische Prinzip der Diskontinuität nicht dazu führen, dass Gesetzentwürfe der früheren Regierung unwiederbringlich in der Schublade verschwinden. Stattdessen listet die aba einige Vorschläge aus dem BRSG II-Entwurf auf, die teilweise mit einigen Änderungen unverzüglich umgesetzt werden sollten, damit die nötigen Reformen der Betriebsrenten vorankommen.

So plädiert die Arbeitsgemeinschaft für eine Erhöhung der Abfindungsgrenzen von Kleinstanwartschaften. Durch häufigen Arbeitgeberwechsel entstehen in der Praxis mehrfach Anwartschaften auf eine Betriebsrente, die jeweils sehr klein ausfällt. Das verursacht – gemessen an der Höhe der Rente – überdurchschnittlich viel Aufwand für den Arbeitgeber. Daher können bereits jetzt schon in engen Grenzen solche Kleinstrenten mit einem einmaligen Kapitalbetrag abgefunden werden.

Diese Grenzen sollten auf zwei Prozent der monatlichen Bezugsgröße angehoben werden, auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Arbeitnehmers. Die monatliche Bezugsgröße leitet sich aus den jeweiligen Durchschnittslöhnen ab. Dabei darf nach Auffassung der aba diese Abfindung nicht zwangsweise in die gesetzliche Rentenversicherung überführt werden, wie es die Ampelregierung mit dem neuen Betriebsrentenstärkungsgesetz ursprünglich vorgesehen hatte. „Diese Zusatzzahlungen in der Umlagefinanzierung sind generell abzulehnen, da sie für die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rente unsystematisch und im Hinblick auf die Generationengerechtigkeit problematisch sind“, heißt es in der Begründung der aba.

Hinzuverdienstregelungen brauchen Harmonisierung

Ein zweiter Punkt beschäftigt sich mit dem gleichzeitigen Bezug von Betriebsrenten und Entgelt aus einer Beschäftigung. Derzeit gibt es zwischen der gesetzlichen Rente und der Betriebsrente eine Diskrepanz bei den Hinzuverdienstregelungen. In der gesetzlichen Rente darf mittlerweile selbst bei vorzeitigem Bezug unbegrenzt hinzuverdient werden. Die Rente aus einer Pensionskasse zum Beispiel darf hingegen nur gezahlt werden, wenn der Empfänger aus dem Erwerbsprozess vollständig ausgeschieden ist. Hier muss also eine Harmonisierung zwischen der ersten und zweiten Säule der Alterssicherung stattfinden.

Dritter Vorschlag: Sogenannte Optionssysteme sollten auch auf betrieblicher Ebene erlaubt sein. Heute setzen sie in der Regel eine tarifvertragliche Regelung voraus. Bei Optionssystemen werden alle Arbeitnehmer erst einmal in die betriebliche Altersversorgung einbezogen, es sei denn sie widersprechen dem ausdrücklich. Da dies aus Trägheit aber oftmals nicht geschieht, bleiben viele Arbeitnehmer so automatisch im Versorgungssystem und betreiben Entgeltumwandlung für eine Betriebsrente. Das zeigen die Erfahrungen im Ausland. Die Verbreitung der bAV lässt sich damit signifikant und nachhaltig ausweiten. Der Wegfall des Tarifvertragserfordernis würde nach Einschätzung der aba vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen die Betriebsrenten voranbringen, die oftmals keinem Tarifvertrag unterliegen.

Ausbau der Geringverdienerförderung

Viertens plädiert die aba für jenen Ausbau der sogenannten Geringverdienerförderung, der mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz II bereits geplant war. Bei der Geringverdienerförderung handelt es sich um eine arbeitgeberfinanzierte Altersversorgung, bei der das Unternehmen 30 Prozent seiner Beiträge über das Lohnsteuerverfahren vom Staat erstattet bekommt. So sollten sowohl die Einkommensgrenzen (derzeit bei 2.575 Euro) als auch der Höchstbetrag für die Förderung (derzeit 288 Euro) erhöht werden. Der Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes sah 2.718 Euro Einkommensgrenze und 360 Euro Förderhöchtsgrenze vor. Außerdem sollte die Einkommensgrenze künftig dynamisiert werden, damit sie sich an Inflation und Lohnsteigerungen anpasst. Diese Verbesserungen würden, so die aba, zu einer Ausweitung der betrieblichen Altersversorgung unter den Geringverdienern führen. „Um diesen Prozess noch weiter zu beschleunigen, wäre es sinnvoll, auch den Fördersatz zu erhöhen, möglichst auf 50 Prozent“, heißt es in dem Vorschlagspapier der Arbeitsgemeinschaft.

Leichterer Zugang zum Sozialpartnermodell

Last but not least plädiert sie für einen leichteren Zugang zum sogenannten Sozialpartnermodell (SPM). Dabei handelt es sich um eine reine Beitragszusage, bei der die Arbeitgeber mit der Einzahlung von jeglicher weiterer Haftung befreit sind („pay and forget“). Solche Lösungen sind bislang nur auf der Grundlage eines Tarifvertrages möglich. Der Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes sah vor, den Zugang durch eine Öffnung auf den Gewerkschaftsorganisationsbereich zu erweitern. Sprich: Sozialpartnermodelle können sich für nicht tarifgebundene Betriebe öffnen, sofern diese sich im Zuständigkeitsbereich jener Gewerkschaften befinden, die das Modell tragen. Letzteres geht aus der Satzung der Gewerkschaft hervor. Die Sozialpartner müssen allerdings einer solchen Öffnung zustimmen und können von den „Fremdlingen“ eine Vergütung für die Aufnahme fordern.

Diesen Weg hält die aba für richtig, aber noch nicht für ausreichend. Es müsse sichergestellt werden, dass auch nicht-tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer Zugang zu einem SPM erhalten, wenn es im jeweiligen Gewerkschaftsorganisationsbereich noch kein SPM gibt. Kleinen und mittleren Unternehmen solle zudem die reine Beitragszusage auch jenseits von Sozialpartnermodellen angeboten werden.

Ohne Änderungen sind aus dem Gesetzentwurf der Ampelregierung auch noch einige weitere Maßnahmen wie zum Beispiel die Fortführung der betrieblichen Altersversorgung bei ruhenden Arbeitsverhältnissen umsetzbar. Alles in allem bietet also der gestoppte Entwurf des Betriebsrentenstärkungsgesetzes II eine Reihe von Punkten, an denen die neue Regierung sofort ansetzen könnte. Im Koalitionsvertrag ist davon allerdings bis auf einige allgemeine Formulierungen nicht viel zu finden.


Ein Folgebeitrag beschäftigt sich mit weitergehenden Reformvorschlägen, die den Betriebsrenten in Deutschland mehr Geltung verschaffen sollen, darunter auch ein paar „Klassiker“, über die bAV-Experten seit Jahren predigen.