Mittelstand positioniert sich zur Altersvorsorge
Der Bundesverband der mittelständischen Wirtschaft e. V. (BVMW) veröffentlichte kürzlich ein Positionspapier zur geförderten privaten Altersvorsorge. Darin sind einige überlegenswerte Vorschläge enthalten, wie das Alterssicherungssystem vereinfacht werden kann.
Aufbauend auf die Ergebnisse der Fokusgruppe private Altersvorsorge fordert der Verband eine umfassende Reform, weil ihm die Ansätze der Expertengruppe noch nicht weit genug gehen. Diese Reform soll die geförderte private Vorsorge als zentrales Element für alle, also auch für die Selbstständigen, etablieren und zugleich das bestehende System vereinfachen.
Vorschlag Nr 1: Abschaffung des Sonderausgabenabzugs zugunsten einer direkten Zahlung der Steuervorteile in den Altersvorsorgevertrag. Bislang setzt sich die Förderung bekanntlich aus Zulagen und Steuervorteilen durch den Sonderausgabenabzug zusammen. Letztere fließen aber im Rahmen der Steuererstattung bei den meisten Sparern in die Konsumausgaben und werden selten für die Altersvorsorge reinvestiert. Daher schlägt der Mittelstandsverband vor, auf jede Zahlung in den Vertrag 50 Prozent an staatlicher Förderung direkt in den Altersvorsorgevertrag zu gewähren. Die Förderhöchstgrenzen sollten sich an der Basisrente orientieren und dynamisiert werden.
Einfachere Förderung, niedrigere Besteuerung
Ganz vom bisherigen Fördersystem will sich der BVMW dann aber doch nicht verabschieden. Eine einfache Günstigerprüfung durch die Zulagenstelle soll ermitteln, ob die bisherige Grund- und Kinderzulage vorteilhafter ist. Parallel dazu plädiert der Verband für eine maximale Besteuerung der Renten in Höhe von 25 Prozent. Begründung: Damit werde sichergestellt, dass sich die Förderung auch für jede Zielgruppe lohnt. Mit dem letztgenannten Vorschlag dürften sich Politik und Steuerexperten wohl besonders schwer tun.
Vorschlag Nr. 2: Konsolidierung der Basisrente zu Gunsten der neuen geförderten privaten Altersvorsorge. Durch die Einbeziehung der Selbstständigen in das neue Fördersystem unterscheide sich die Basisrente nur noch in Feinheiten, wie zum Beispiel bei der Förderhöchstgrenze oder der Verrentungspflicht. Daher liege es nahe, die Basisrente in das neue System zu überführen. Das würde zugleich eine Vereinfachung bewirken und teure Mehrfachverträge vermeiden.
Integration der vermögenswirksamen Leistungen
Vorschlag Nr. 3: Übertragung weiterer Produktlösungen und Inselförderungen in die neue geförderte private Altersvorsorge. Die Autoren des Positionspapiers denken dabei unter anderem an die vermögenswirksamen Leistungen. Sie können bereits heute teilweise für die Altersvorsorge genutzt werden. Da sie aber auf Tarifverträge zurückgehen, wäre eine Umstellung wahrscheinlich nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen. Auch die Übertragung von stillgelegten Altverträgen der betrieblichen Altersversorgung, die das Papier ebenfalls anführt, dürfte kein Selbstläufer werden. Immerhin existiert dort eine arbeitsrechtlich zugesagte Anwartschaft, für die der ursprüngliche Arbeitgeber weiterhin einstehen muss.
Im Abschnitt zur Konsolidierung von einzelnen Förderungen steht am Ende noch eine Anregung, die vielen Sparern helfen würde. Danach sollen in der geförderten Altersvorsorge kumulierte Sparerpauschbeträge möglich sein. Bislang verfällt der Sparerpauschbetrag, wenn Steuerpflichtige ihn nicht jährlich beanspruchen. Sparer, die zum Beispiel ihre Altersvorsorge im Mantel einer Rentenversicherung betreiben, haben aber während der Laufzeit keine jährlichen Erträge, die versteuert werden müssen. Wenn die Versicherung ihre einzige Ertragsquelle ist, bietet sich ihnen also keine Gelegenheit, den Sparerpauschbetrag auszunutzen. Bei Auszahlung des Vertrages würde ein kumulierter Freibetrag das Ergebnis dann deutlich schonen.
Reichlich Diskussionsstoff
Vorschlag Nr. 4: Schaffung einer steuerfreien Altersvorsorgeprämie für Arbeitgeber. Vorbild ist die Inflationsausgleichsprämie. Eine solche Regelung böte den Arbeitgebern, so die Autoren des Positionspapiers, die Möglichkeit, sich auf eine einfache Weise finanziell am Altersvorsorgesparen zu beteiligen. Anders als bei der betrieblichen Altersversorgung entstünde keine Haftung für den Arbeitgeber. Davor scheuen sich gerade viele kleinere Unternehmen. Außerdem würde die Portabilität für die Sparer einfacher bei einem Wechsel des Arbeitgebers. Bei den Protagonisten der bAV findet dieser Vorschlag sicherlich wenig Gegenliebe, weil sie darin eine Konkurrenz für die Betriebsrente sehen.
Diskussionsstoff bietet das Positionspapier des BVMW also reichlich. Besonders die Anregungen zur Vereinfachung und Konsolidierung der Altersvorsorge verdienen Beachtung. Deutschland hat nun mal ein vielschichtiges und komplexes System. Nicht selten entstehen zum Beispiel mehrfache Antwartschaften in der bAV durch den Wechsel des Arbeitgebers, bei denen die Einzelrenten klein und der Verwaltungsaufwand groß sind. Es lohnt sich also, ernsthaft über die Vorschläge nachzudenken.
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