Seit dem Börsengang von Vonovia am 11. Juli 2013 – damals noch unter dem Namen Deutsche Annington – sind Immobilienaktien auch in Deutschland einem breiten Publikum bekannt. Seither hat sich der deutsche Immobilienmarkt stark gewandelt. Insbesondere das über viele Jahre sehr niedrige Zinsniveau ließ die Preise für Wohnimmobilien kräftig steigen.
Plötzlich waren an den Immobilienmärkten Überrenditen erzielbar, die sich bis 2022 sogar noch beschleunigten. Vergessen wird dabei oftmals eines: davor waren Wohnimmobilien seit den 1970er Jahren in Deutschland bestenfalls eine solide Anlage, aber brachten – abgesehen von sehr guten Lagen – keine Rendite, für die sich der Verwaltungs- und Instandhaltungsaufwand gegenüber anderen Anlageformen gelohnt hat. Das Investment in Immobilien funktioniert also in Zyklen unterschiedlich gut.
Was sind die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Immobilienpreisentwicklung? Das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum sowie die Zinsentwicklung sind die drei wichtigsten Faktoren. Hinzu kommt, dass es je nach Immobilienart eine unterschiedliche Nachfrageentwicklung gibt. Einzelhandelsimmobilien, wie beispielsweise Shopping-Center, leiden seit einigen Jahren unter dem sich verändernden Einkaufsverhalten. Demgegenüber mussten aber Logistikimmobilien gebaut werden, was entsprechend hohe Investitionen in diese Spezialimmobilien ausgelöst hat. Büroimmobilien waren und sind noch immer der größte kommerzielle Bereich der Immobilienwirtschaft. Allerdings schlägt sich in diesem Segment der Trend zum Homeoffice global negativ nieder.
Logistikimmobilien im Fokus
Dafür sind neue Immobilienarten durch hohe Nachfrage populär geworden. Zu nennen sind beispielsweise Logistikimmobilien, wie Self-Storage-Center für das private Einlagern von Gegenständen, Krankenhäuser und Pflegheime oder in den letzten Jahren vermehrt Datencenter, die durch das starke Wachstum beim Cloud-Computing oder der künstlichen Intelligenz benötigt werden. Zum Immobilienmarkt gehört ebenfalls das professionelle Betreiben von Mobilfunk-Sendemasten. Auch dieses Segment wächst weiterhin über immer neue technische Anforderungen.
Für alle genannten Immobilienarten gibt es zahlreiche Immobilienaktien und Real Estate Investment Trusts (REITs) weltweit. Alle lassen sich börsentäglich kaufen und verkaufen. Darin liegt der wesentliche Unterschied gegenüber dem klassischen Investment in eine Immobilie. Immobilienaktien und REITs bieten maximale Flexibilität. Steigen beispielsweise gerade die Zinsen in Japan, verkauft man dort, um gegebenenfalls in Großbritannien zu investieren, da dort bei sinkenden Zinsen günstigere Bedingungen vorherrschen. Diese Flexibilität ist ohne Gang zum Notar und ohne Grunderwerbssteuer gewährleistet.
Anlegerfreundliche Regulierung
REITs unterliegen zusätzlich in vielen Ländern eigenen gesetzlichen Bestimmungen, die das Investment zu Gunsten der Anleger transparent machen. Inhalt dieser Gesetzgebung ist beispielsweise die Pflicht zum Besitz einer bestimmten Immobilienquote oder die Ausschüttungsquote für den Aktionär. Warum aber stehen Immobilienaktien und REITs dann nicht noch stärker im Anlegerfokus? Tatsächlich bieten sie dem reinen Investor grundsätzlich mehr Vor- als Nachteile. Der wesentliche Nachteil ergibt sich aus einem Vorteil. Ihre Preise schwanken täglich. Ein privater Besitzer einer Immobilie kennt hingegen den aktuellen Wert seiner Immobilie nicht und wird meist nicht nervös, wenn die Wirtschaft schrumpft und die Zinsen steigen.
Sehr transparent sind Immobilienaktien und REITs auch bei der Wertermittlung. Der innere Wert eines REITs lässt sich anhand des Net Asset Value (NAV) ablesen. Der Aktienkurs befindet sich in der Regel leicht unter diesem Wert, was gleichzeitig ein Phänomen beschreibt: Über Immobilienaktien und REITs erwirbt man Immobilien günstiger als bei einem Direktinvestment. Empirisch ist dieser Effekt bereits lange nachweisbar, aber es hat sich – außer der Volatilität durch die Kursschwankungen an den Aktienbörsen – keine wirklich gute Erklärung gefunden. Entfernt sich der Kurs hingegen deutlich über den NAV, muss dies als mittelfristiges Warnsignal verstanden werden.
Wohnen kann man natürlich in einer Aktie nicht, aber der reine Anleger sollte vor dem Immobilienerwerb immer den alternativen Kauf von Immobilienaktien und REITs prüfen.
Gastautor Kai Heinrich ist Vorstand der Plutos Vermögensverwaltung AG in Frankfurt am Main.