Was bewegt die Aktienmärkte im zweiten Halbjahr?

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03. September 2025

Was bewegt die Aktienmärkte im zweiten Halbjahr?

Europäische Aktien und ausgewählte Papiere aus den USA könnten die Favoriten für das zweite Halbjahr 2025 werden.

Aus heutiger Sicht ist scheinbar der größte Unsicherheitsfaktor für die Aktienmärkte erst einmal vom Tisch, denn im Juli einigten sich die USA und die Europäische Union auf einen Basiszoll von 15 Prozent bei Einfuhren von Waren aus der EU nach Amerika. Allerdings gilt der Zoll nicht für alle Waren, für Stahl und Aluminium greifen 50 Prozent.

Zudem erwarten die USA einige „Gegenleistungen“ in Form von Investitionen und Energieeinkäufen seitens der Europäer. Über diesen sogenannten Deal kann man sich streiten. Wer hat da mehr Federn lassen müssen? Ja, 15 Prozent Basiszoll scheinen nicht gerechtfertigt, doch immerhin ist Washington von seinen ursprünglich anvisierten 30 Prozent deutlich abgerückt. Wie auch immer: Für die Zukunft der Aktienmärkte war das erst einmal eine gute Nachricht, denn sowohl Unternehmen als auch Investoren meiden bekanntlich Unsicherheit – und der Zollstreit war mitunter eine sehr große Unsicherheit im ersten Halbjahr.

Setzen wir voraus, dass der Streit nicht erneut ausbricht und eskaliert – noch muss das Abkommen natürlich schriftlich und vertraglich fixiert werden – stehen die Börsenampeln wohl vorerst generell auf Grün, wobei der Kapitalmarkt selbst weiter eine größere Schwankungsbreite zeigen wird, denn zu viele Ereignisse, auch verbunden mit den Zöllen und den Auswirkungen auf Unternehmen, Branchen sowie Sektoren und auch Währungen, haben noch Einfluss. Der deutsche DAX zeigte sich trotz politischem Wirrwarr hierzulande stabil, auch wenn nun langsam bemerkbar wird, welche Schäden mögliche falsche politische Richtungen innerhalb einzelner Branchen verursachen, ganz aktuell mit Blick auf unsere Automobilkonzerne.

Kapital floss nach Europa

Momentan scheint es so, dass einiges an Investitionskapital aus Amerika in Richtung Europa umgelenkt wurde, was damit auch den US-Dollar schwächte. Am Markt hat sich zumindest kurzfristig in den ersten Monaten eine positive Europa-Aktienstimmung breit gemacht. Alles basiert auf der schwankungsfreudigen Politik von Donald Trump und den Auswirkungen auf jede einzelne Volkswirtschaft oder besser gesagt auf jedes einzelne Land, welches sich seit März dieses Jahres in Zollverhandlungen befindet. Allerdings ist das Thema Trump und eine Veränderung der US-Wirtschaft noch nicht zu Ende gedacht. Mit Blick auf die kommenden Jahre ist es ihm nämlich möglicherweise geglückt, „America“ wieder „great“ zu gestalten, aber noch ist es zu früh, das ausführlich zu analysieren.

Schon jetzt spricht man wieder von einer anstehenden Dollarstärke, einem gesunden US-Arbeitsmarkt und vor allen Dingen einem Quartalswachstum in Höhe von knapp drei Prozent. Natürlich sind dabei einige Vorrundeneffekte eingepreist, aber den US-Unternehmen, in der Währung US-Dollar gerechnet, geht es gut. Da unsere Anlegerdepots auf Euro lauten, da wir im Euroraum ansässig sind, hat natürlich die Abwertung des Dollars um 15 Prozent einen maßgeblichen Einfluss auf die Halbjahresperformance gehabt, aber der Währungsmarkt kennt nicht nur eine Richtung, das ist wichtig zu wissen.

Auf und Ab bei den Währungen

Eine solche Entwicklung gab es seit mehr als zwei Jahrzehnten in dieser Ausprägung und Schnelligkeit nicht mehr und sie ist vor allem künstlich herbeigeführt worden. Wenn man die eigene Währung schwächt, auch Währungskrieg genannt, hat man dadurch Exportvorteile, da die anderen Währungen aufwerten und beispielsweise mehr Güter gekauft werden können – so die Sicht Trumps. Aber es gibt eben weitreichendere Effekte, da der US-Dollar die Weltwährung in allen Bereichen ist, wird er immer nachgefragt. Außerdem verteuern sie diejenigen Exporte der USA, die Vorliefergüter aus anderen Währungsräumen beziehen müssen.

Die USA bleibt die stärkste Volkswirtschaft der Welt, bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt, auch wenn sich das Bild in den ersten sechs Monaten durch Prognosen eintrübte, denn das, was US-Präsident Donald Trump der Welt aufdrückte, war kein Kinderspiel. Eine Wirtschaftsprognose war in den meisten Fällen nicht möglich. Die Situation war ähnlich wie in der Coronazeit.

Hinzu kam die Situation des US Dollars, denn seit April waren vor allem die vorher verkauften Technologieaktien sehr beeindruckend in ihrer Renditeentwicklung. Es hat sich im Nachhinein als gute Entscheidung erwiesen, diese in den Anlegerportfolios zu belassen. Wir haben sogar nachgekauft, nur sieht man es derzeit nicht, da der Dollar sich schwächte. Schlägt die Dollarschwäche aber wieder in eine Dollarstärke um, sind die Gewinne mit diesen Aktien, sofern diese die Kursniveaus halten, schnell ersichtlich. US-Technologieunternehmen sind in Sachen Fortschritt immer noch Taktgeber. Sie werden dies auf absehbare Zeit auch bleiben. Zudem hat sich das Umfeld für Aktien in den USA insgesamt wieder aufgehellt.

USA hat noch Spielraum für Zinssenkungen

Übrigens kommt hier auch ins Spiel, dass die Zinsen in den USA noch deutlicheres Senkungspotenzial aufweisen als in Europa. Die Europäische Zentralbank hat mit einem aktuellen Leitzins von 2,15 Prozent ihr Pulver weitgehend verschossen, während man in den USA mit einem Leitzins von 4,25 bis 4,50 Prozent noch deutlich mehr Reserven hat, um auch den Aktienmarkt zu befeuern. Das beginnt womöglich im September.

In den letzten Tagen überraschte gerade die USA mit einem starken Quartalswachstum. Dazu kommen die hohen Investitionssummen, die in den USA in den nächsten Jahren getätigt werden, sei es rund um das Thema der KI, im Pharmasektor und in vielen anderen – das hat Donald Trump erreicht, so viel kann man sagen. Insgesamt lässt sich also bei allen derzeitigen Unsicherheiten positiv nach vorne schauen, denn Investitionen bringen Wachstum und Wachstum lässt die Kurse steigen – sowohl diesseits als auch jenseits des Atlantiks.

Eines sollten Börsianer und Anleger natürlich wissen, diese Art von Unsicherheiten gab es schon immer, möglicherweise nicht in der Häufigkeit und so einer großen Ausprägung. Dennoch zeigte der Aktienmarkt immer wieder langfristig, wie stabil und ertragreich er Vermögen vermehrte, nur Geduld, Disziplin und Ausdauer, wie auch in vielen anderen Bereichen des Lebens, sind erforderlich. Die Themen rund um Inflation oder globale Verschuldung oder Währungsreformen lassen wir dabei einmal außen vor, auch diese vernichten Kapital, während die Aktie bzw. Sachanlage es erhalten.


Gastautor Dr. Markus C. Zschaber ist Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft in Köln.