Löst das Aufweichen der verfassungsmäßigen Schuldenbremse durch den Bundestag in Deutschland Inflation aus? Um das zu beantworten, lohnt es sich, Geldentwertung vorab allgemein zu untersuchen.
Inflation beschreibt den anhaltenden Anstieg des allgemeinen Preisniveaus und hat weitreichende Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft. Sie kann sowohl positive als auch negative Folgen haben, wobei das optimale Inflationsniveau stark vom jeweiligen wirtschaftlichen Umfeld abhängt. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt daher meist Inflationsziele, toleriert aber temporäre Abweichungen.
Inflation führt zu einer schleichenden Entwertung des Geldvermögens. Bei hoher Inflation verlieren Ersparnisse in Bargeld oder unverzinstem Bankguthaben deutlich an Kaufkraft. Festverzinsliche Anlagen wie Anleihen werden real entwertet, wenn die Inflation den Nominalzins übersteigt. Sachwerte wie Immobilien, Aktien oder Gold gelten zwar als Inflationsschutz, doch kann unerwartete Inflation auch Immobilienmärkte destabilisieren, da steigende Hypothekenzinsen die Nachfrage dämpfen und Investitionen erschweren.
Auch das Einkommen leidet: Löhne steigen oft langsamer als die Preise, was zu realen Einkommensverlusten führt. Besonders betroffen sind Arbeitnehmer mit festen Gehältern oder langfristigen Tarifverträgen. Die sogenannte „kalte Progression“ bewirkt, dass inflationsbedingte Lohnerhöhungen zu einer höheren steuerlichen Belastung führen – ohne dass sich das reale Einkommen tatsächlich erhöht.
Deflation ist gefährlicher
Moderate Geldentwertung bietet auch Vorteile. Sie schützt vor Deflation, die als gefährlicher für die Wirtschaft gilt, da sie Konsum und Investitionen hemmt und eine Abwärtsspirale aus sinkender Nachfrage und steigender Arbeitslosigkeit auslösen kann. Moderate Inflation gibt der EZB mehr Spielraum für geldpolitische Maßnahmen, da sie bei niedriger oder negativer Inflation die Zinsen nicht weiter senken kann oder es zum schädlichen Negativzins kommt.
Inflation senkt die realen Zinsen, was Investitionen begünstigt und die reale Schuldenlast für Unternehmen und Staaten verringert. Dadurch wird wirtschaftliches Wachstum gefördert. Zudem ermöglicht sie eine allmähliche Anpassung der Reallöhne, da Löhne langsamer als Preise steigen können, was Beschäftigungswachstum fördert, ohne dass nominale Lohnkürzungen notwendig sind.
Ein weiterer Vorteil ist die Entwertung der realen Staatsverschuldung: Staaten können ihre Schulden leichter zurückzahlen, da sich der reale Wert der Schulden verringert. Allerdings verlieren Gläubiger an Wert, was einer versteckten Besteuerung gleichkommt. Inflation erleichtert zudem die Anpassung von Relativpreisen, da Unternehmen ungern nominale Preissenkungen vornehmen. Flexible Preisgestaltung verbessert die Ressourcenallokation und erhöht die Wettbewerbsfähigkeit.
Umsichtige Geld- und Fiskalpolitik begrenzt Risiken
Moderate Inflation hilft, wirtschaftliche Starrheit zu überwinden und Marktanpassungen zu erleichtern. Insgesamt beeinflusst sie Wirtschaft, Gesellschaft und individuelles Vermögen erheblich. Während moderate Inflation als notwendig für Wachstum gilt, kann hohe oder unkontrollierte Inflation die wirtschaftliche Stabilität gefährden. Eine umsichtige Geld- und Fiskalpolitik ist daher essenziell, um die Vorteile der Inflation zu nutzen und ihre Risiken zu begrenzen. Ziel ist es, ein Gleichgewicht zwischen Geldentwertung, Wachstum und Stabilität zu finden, um langfristigen Wohlstand und soziale Sicherheit zu gewährleisten.
Die geplanten Investitionen der Bundesregierung – bei denen auch die Bundesländer stark eingebunden werden sollen – dürften insbesondere im Bereich der Infrastruktur die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit stärken. Dennoch bleibt das Risiko einer steigenden Geldentwertung bestehen. Die zu erwartenden Preissteigerungen für Bauleistungen und Baumaterialien werden sich, wie auch die Verteidigungsausgaben, dauerhaft inflationstreibend niederschlagen. Die EZB wird die Preisentwicklung untersuchen und bei ihren Entscheidungen berücksichtigen. Die Bundesregierung ist gehalten, ihre Ausgabensteigerungen maßvoll in Teilschritten vorzunehmen, um Preiseffekte zu beschränken.
Gastautor Kai Heinrich ist Vorstandsvorsitzender der Plutos Vermögensverwaltung AG.