„Illiquide Vermögen gehören nicht in liquide Vehikel“
Auf die Schwierigkeiten offener Immobilienfonds in der Finanzkrise hatte der Gesetzgeber mit längeren Haltefristen reagiert.
Gebracht hat das nach Ansicht von Gerd Häcker von der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung jedoch nichts, weil das Kernproblem weiter bestehen blieb. Dabei könnte dieses Problem auch dem noch jungen Vehikel des European Longterm Investmentfund (ELTIF) langfristig Probleme bereiten.
Was geschah in der Finanzkrise mit den offenen Immobilienfonds?
Weil damals der Interbankenmarkt zum Erliegen kam, brauchten viele Investoren schnell Liquidität. Also verkauften sie auch offene Immobilienfonds. Solange die Fonds über Liquidität verfügten, war das kein Problem. Irgendwann aber war die Liquidität weg und dann mussten Immobilien verkauft werden. Da stellte sich heraus, dass viele Immobilien in den Fonds zu hoch bewertet waren. Das heißt, durch die Abverkäufe traten Fehlbewertungen offen zutage.
Wie ging es weiter mit den Fonds?
Etliche der offenen Immobilienfonds mussten damals geschlossen werden, so dass viele Anleger ihre Anteile nicht mehr verkaufen konnten und am Ende schließlich erhebliche Verluste machten. Genau darin zeigt sich das Kernproblem solcher Fondskonstrukte.
Das eigentliche Problem bleibt bestehen
Allerdings hat der Gesetzgeber reagiert…
Er hat Mindesthaltedauern und Kündigungsfristen für Fondsanteile eingeführt. Das eigentliche Problem beseitigt hat das aber nicht, wie man aktuell sieht. Einen illiquiden Sachwert in ein liquides Anlageprodukt zu verpacken, das funktioniert einfach nicht. Damit wird versucht, die Wertschwankungen des zugrunde liegenden Vermögensgegenstands ganz zu eliminieren oder zumindest zu reduzieren. Doch auch Sachwerte schwanken im Preis und damit gibt es immer Spielräume bei der Bewertung. Das zeigt sich aktuell in den starken Abweichungen der Börsenkurse der offenen Immobilienfonds von dem auf Gutachten basierenden Nettoinventarwert.
Die EU-weit einheitlich regulierte Fondskategorie der ELTIFs soll Privatanlegern Zugang zu ebenfalls illiquiden Anlagen in Private Equity oder Infrastruktur bieten. Drohen hier ähnliche Probleme?
Wird ein illiquider Sachwert, dabei ist es egal, ob es sich um eine Immobilie, Private Equity oder Infrastruktur handelt, in ein liquides oder nahezu liquides Vehikel verpackt, dann kann das immer passieren. Vor allem in Krisenzeiten, wenn viele Anleger gleichzeitig aus einem solchen Produkt raus wollen. Vergleichbare Probleme sind also nicht auszuschließen.
Die Wertschwankung ist nicht das Risiko
Wie können Anleger dann diese Bereiche ihrem Portfolio beimischen?
Es gibt am Kapitalmarkt eine immense Vielfalt an Firmen, mit denen Sie in jedes erdenkliche Segment investieren können – auch in Infrastruktur, in Private Equity, in Wald oder in Ackerland. Das heißt, ein Anleger kann über einzelne Unternehmen die gesamte gewünschte Asset Allocation abbilden – transparent und ohne dass man an Kündigungsfristen gebunden ist. Letztlich sollten Anleger im Hinterkopf behalten, dass nicht die Wertschwankung bei einer Geldanlage das Risiko ist, sondern immer der zugrunde liegende Vermögensgegenstand. Deshalb ist es eigentlich überflüssig, ein illiquides Asset in ein liquides Vehikel zu verpacken.
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