Mieses Zeugnis für die Rentenpolitik der Ampel
Im Bundestagswahlkampf 2021 hatte OIaf Scholz die Rente als ein Kernthema gesetzt. Nach dem Scheitern seiner Koalitionsregierung ergab eine Befragung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) ein mieses Zeugnis für dieses Politikfeld.
Im jüngsten DIA-Deutschland-Trend meinte mit 69 Prozent die absolute Mehrheit der Befragten, dass die Ampel-Regierung dem selbstgewählten Anspruch, die Rentenpolitik zu einem Schwerpunkt zu machen, nicht erfüllte. Lediglich 17 Prozent sind der Auffassung, dass die Rente im Regierungshandeln, so wie versprochen, einen gebührenden Platz eingenommen hat.
Die schlechte Benotung geht quer durch alle Altersgruppen, nimmt aber mit dem Alter noch deutlich zu. Unter den Befragten ab 50 gaben 76 beziehungsweise 79 Prozent an, dass die Rentenpolitik mehr oder weniger ein Ausfall war. Selbst unter den SPD-Wählern ist mit 53 Prozent eine solche Mehrheit zu finden. Die Anhänger anderer Parteien beurteilen die Leistungen der Ampel in der Rentenpolitik erwartungsgemäß noch schlechter.
Zu dieser Einschätzung trug sicher bei, dass durch das vorzeitige Ende der Koalitionsregierung mehrere große Gesetzesvorhaben nun liegenbleiben. Zum Beispiel die Reform der geförderten privaten Altersvorsorge. Dafür existiert bislang nur ein Referentenentwurf, aber noch nicht mal ein von der Bundesregierung abgesegneter Gesetzentwurf. Der Bundestag konnte sich also bislang nicht damit befassen. Der Referentenentwurf fand unter den Experten allerdings verbreitete Zustimmung. Eine Reform der privaten Altersvorsorge steht ohnehin seit Jahren auf der Agenda. Sie wurde von mehreren Bundesregierungen immer wieder auf die lange Bank geschoben. Dieses Vorhaben wird aller Wahrscheinlichkeit nach von der nächsten Bundesregierung, ganz gleich in welchen Farben, wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Aber bis dahin verstreicht weiter wertvolle Zeit. Das von vielen begrüßte Altersvorsorgedepot zum Beispiel und eine vereinfachte Förderung kommen also nicht Anfang 2026, sondern wohl erst ein Jahr später.
Angefangene Gesetzesvorhaben landen im Papierkorb
Bei anderen Vorhaben dagegen ist so mancher wohl nicht traurig, dass sie erst einmal im Papierkorb versenkt werden. Zum Beispiel das Rentenpaket II, mit dem der Demografiefaktor außer Kraft gesetzt werden sollte. Dafür gibt es schon einen Regierungsentwurf, zu dem auch eine Expertenanhörung im federführenden Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales stattfand. Aber schon vor ihrem Rauswurf aus der Regierung hatte die FDP weiteren Beratungsbedarf signalisiert, obwohl sich Finanzminister Christian Lindner mit Arbeitsminister Hubertus Heil auf den Entwurf verständigt hatte. Das Rentenpaket II wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu jenen Gesetzesvorhaben gehören, die mit der CDU noch vor der Auflösung des Bundestages beschlossen werden.
In der Befragung zum DIA-Deutschland-Trend sprach sich zwar mit 48 Prozent fast die Hälfte der Befragten dafür aus, dass die Union als größte Oppositionspartei den vorbereiteten rentenpolitischen Gesetzesvorhaben eine Mehrheit verschaffen solle, aber diesem Wunsch wird die CDU kaum folgen. Sie hat schon erklärt, dass sie nicht als Auswechselspieler zur Verfügung steht und nur bei wenigen, unaufschiebbaren Gesetzesentwürfen mitstimmen wolle.
Neue Regierung muss von vorn anfangen
Wegen des Prinzips der Diskontinuität werden alle angefangenen Gesetzesvorhaben mit dem Ende der Legislaturperiode zunächst obsolet. Eine neue Regierung muss also die Verfahren, sofern sie denn will, neu starten. Eine CDU-geführte Koalition wird aber kaum das Rentenpaket II in der bisherigen Verfassung auf die Agenda setzen. Es sei denn, es kommt zu einer großen Koalition und zu einem Kuhhandel, indem die SPD das Rentenpaket II zum Preis für eine Kröte macht, die sie auf einem anderen Feld schlucken muss. Ausschließen lässt sich das nicht. Bei der Grundrente ist die CDU in einer großen Koalition schon einmal schwach geworden und hat entgegen vieler Bedenken am Ende doch den sozialdemokratischen Wünschen nachgegeben.
Die Rentenpolitik wird ohnehin zu einem vorherrschenden Thema im anstehenden Wahlkampf werden. Darauf deutet schon die derzeitige Positionierung der SPD hin, das Stichwort Rente ist in den jüngsten Reden ihrer Spitzenpolitiker oft zu vernehmen. Die Hoffnungen der Wähler indes sind eher verhalten. Auf die Frage im DIA-Deutschland-Trend, ob vorgezogene Neuwahlen einen (eher) positiven oder negativen Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Rentensystems haben, zeigten sich nur 26 Prozent optimistisch, dass es sich dadurch zum Besseren wendet. Eine relative Mehrheit von 39 Prozent glaubt, dass weder das eine noch das andere eintritt. 20 Prozent gehen sogar von einer Verschlechterung aus.
Die repräsentative Umfrage fand im Zeitraum vom 15. bis 18. 11. 2024 deutschlandweit als Online-Befragung statt. Daran nahmen 2.008 Personen ab 18 Jahren teil. Sie wurde im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersvorsorge vom Meinungsforschungsinstitut INSA Consulere durchgeführt.
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