Der Kunde macht die Quote

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01. September 2025

Der Kunde macht die Quote

Vor Kurzem schrieb ihn eine Freundin mit der Frage an, was denn eigentlich die richtige Quote sei, erinnert sich Gastautor Riklef von Schüssler. Gemeint war die Aktienquote in ihrem Portfolio. Das war seine Reaktion darauf.

Nach über 30 Jahren Berufserfahrung liegt für mich die Antwort auf diese Frage auf der Hand – und dennoch enthielt meine Rückmeldung keine eindeutige Antwort, sondern eine Vielzahl (konditionaler) Gegenfragen. Ja, es gibt ein paar Faustregeln, die meist auf einem guten Gedanken beruhen, jedoch selten die individuellen Umstände des Vermögensinhabers berücksichtigen. Letztere sind nicht nur wichtiger – sie sind entscheidend.

Nehmen wir die alte Regel, die Aktienquote solle 100 minus das Alter des Anlegers entsprechen. Dass man mit zunehmendem Alter weniger Risiken eingehen sollte, kann richtig sein – muss es aber nicht. In manchen Fällen ist diese Strategie sogar völlig unangemessen. Der Begriff „Balanced“ wird von der Finanzindustrie gerne für 50/50-Portfolios (Aktien/Renten) verwendet. Balance im Leben ist wertvoll – doch ein Portfolio mit 50 Prozent Aktien und 50 Prozent Anleihen wird selten das Vermögen im Gleichgewicht halten.

Die persönlichen Umstände entscheiden

Um die Frage nach der richtigen Quote treffsicher zu beantworten, müssen zunächst die persönlichen Umstände berücksichtigt werden: Vermögenshöhe, Ziele, Sparquote, Liquiditätsbedarf. Von entscheidender Bedeutung ist auch die finanzielle Abhängigkeit von dem Vermögen. Eigenes Know-How, die Komplexität des Vermögens und steuerliche Rahmenbedingungen folgen danach.

Das für mich jedoch allerwichtigste Kriterium ist die Risikotragfähigkeit des Vermögensinhabers. Fast immer ist dieser selbst das größte Risiko seiner Kapitalanlage. Hält er die gewählte Strategie auch in schwierigen Zeiten durch? Lässt er sich leicht zu einem Strategiewechsel verleiten? Wie geduldig ist er wirklich?

Als Vermögensberater frage ich oft: Wie häufig schauen Sie auf den Stand Ihres Vermögens? Wirklich gelassen ist nur derjenige, der antwortet: Das ist mir nicht wichtig. Top! Doch ehrlich gesagt – das gelingt den wenigsten. Selbst bei ausreichend großem Vermögen zählen Angst, Gier und Eitelkeit zu den größten Feinden einer einst sorgfältig gewählten Quote. Was war nun meine Antwort an die Freundin?

Treffsichere Antwort ist möglich

Sie ist im besten Alter, hält derzeit 85 Prozent Aktien, 15 Prozent Festgeld und erwartet eine Erbschaft, die ihr liquides Vermögen deutlich erhöhen wird. Sie wohnt zur Miete und benötigt schon heute eine jährliche Entnahme von zwei Prozent. Voraussichtlich wird sie noch 15 Jahre berufstätig sein. Danach plant sie eine jährliche Entnahme von fünf Prozent.

Finanzmathematisch ist die Fragestellung relativ einfach: Die finanzielle Unabhängigkeit ist gegeben und bleibt nachhaltig, wenn dauerhafte Verluste von mehr als 15 Prozent ausgeschlossen werden. Eine Zielrendite von derzeit sechs Prozent jährlich (entspricht ca. vier Prozent nach Steuern und Kosten) sichert den realen Kapitalerhalt. In der Rente wird sie auf die Vermögenssubstanz zurückgreifen müssen. Bis dahin sind es jedoch noch 15 Jahre – und das Leben wird zeigen, wo sie dann steht.

Persönlich halte ich meine Freundin für finanziell gelassen. Sie neigt jedoch etwas zu Sonderausgaben. Daher haben wir vereinbart: Nur Erträge, die über vier Prozent jährlich hinausgehen, dürfen entnommen werden.

Die Aktienquote werden wir auf 40 Prozent reduzieren und das Portfolio um europäische Hochzinsanleihen mit Restlaufzeiten von drei Jahren, zwei Hedgefonds-Strategien und einen Immobilienfonds ergänzen. Das Ziel – eine Rendite von über sechs Prozent jährlich  – wird damit zuverlässiger. Alle Anlagen werden über Fonds umgesetzt, um Klumpenrisiken zu vermeiden.

Die Frage nach der richtigen Quote lässt sich also treffsicher beantworten – wenn die persönlichen Umstände bekannt sind. Genau das meinen wir, wenn wir sagen: Der Kunde steht im Mittelpunkt.


Gastautor Riklef von Schüssler ist Vorstandsvorsitzender der Allington Investors AG in Bad Homburg.