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Warum ETF keine Wunderwaffe sind

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28. August 2025

Warum ETF keine Wunderwaffe sind

ETF können sich gut eignen, um ein Portfolio aufzubauen, das zu den individuellen Anlagezielen und zur individuellen Risikoneigung eines Anlegers passt. Doch dabei blind auf die nächstbesten ETF zu setzen, wäre falsch.

1.308 – so viele Exchange-Traded Funds, kurz ETF, haben im ersten Halbjahr 2025 die Anbieter weltweit auf den Markt gebracht. Laut den aktuellen Zahlen des Daten- und Analysehauses ETFGI waren dies so viele wie noch nie in den ersten sechs Monaten eines Jahres. Auch beim verwalteten Vermögen erreichten die passiv gemanagten Fonds einen neuen Rekord. Per Ende Juni kletterte das weltweite ETF-Volumen auf fast 17 Billionen US-Dollar.

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Allein diese Zahlen verdeutlichen, dass die Anlageinstrumente sich zu einer echten Erfolgsgeschichte entwickelt haben. Die Gründe für die rasant wachsende Nachfrage sind klar: Kein Ausgabeaufschlag, transparent, geringe Verwaltungsgebühren, jederzeit an der Börse handelbar – vor allem auch deshalb stehen ETF auf der Hitliste von Investoren immer weiter oben. Auch weil nur wenige aktive Fonds dauerhaft den Markt schlagen, nimmt die Beliebtheit der passiven Finanzprodukte stetig zu.

ETF bilden einzelne Anlagemärkte transparent über entsprechende Indizes ab. Die Wertentwicklung der Produkte ist gut nachvollziehbar, weil sie jeweils den Index widerspiegeln. Das kann ein internationaler oder nationaler Aktienindex, ein Anleihe- oder auch ein Rohstoffindex sein. Investoren können so komplette Märkte, etwa den deutschen Aktienindex Dax, oder spezielle Investmentthemen einfach wie eine Aktie handeln. Zudem bieten ETF sehr gute Möglichkeiten zur Diversifikation, da sie anders als bei einer Investition in eine Einzelaktie die Wertentwicklung einer Vielzahl von Titeln nachbilden, was somit eine größere Risikostreuung bedeutet.

Auch als taktisches Instrument geeignet

Hinzu kommt: Eigentlich sind die kostengünstigen Produkte zwar für das langfristige Investieren geeignet. Doch immer mehr Anleger lernen ETF in diesen volatilen Zeiten auch als taktisches Instrument schätzen. Das kurzfristige Taktieren ist längst kein Privileg von ausgefuchsten Tradern mehr. Mittlerweile zählt das flexible Ein- und Aussteigen aus den Märkten mithilfe von ETF zum Standardrepertoire cleverer Investoren.

Doch so gut und sinnvoll ETF auf Grund der niedrigen Kosten, der Transparenz und der hohen Flexibilität sind: Privatanleger sollten nicht vergessen, dass auch bei ETF finanzielle Grundkenntnisse eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Geldanlage sind. Dazu gehört, dass Anleger auch hier erst einmal die zu ihnen passende Asset Allocation, also die Gewichtung der einzelnen Anlageklassen, festlegen müssen.

Auch die Wahl eines passenden Index kann mit Fallstricken verbunden sein. Beispiel Renten-ETF: Traditionelle Anleiheindizes sind nach Marktkapitalisierung aufgebaut. Das heißt, dort sind jene Staaten und Unternehmen am stärksten gewichtet, die die höchsten ausstehenden Schulden haben. Eine Folge davon ist, dass auf diese Weise mehr Geld stärker konzentriert in weniger Positionen fließt, was dann wiederum die Bildung von Spekulationsblasen fördert.

Vorsicht vor Klumpenrisiken

Aber auch auf der Aktienseite gilt es, genau hinzusehen. Die einschlägigen Indizes sind ebenfalls nach Marktkapitalisierung aufgebaut. Das heißt, jene Aktien mit dem höchsten Marktwert haben das höchste Gewicht. Das hat Nachteile: In den vergangenen Jahren ist beispielsweise der Anteil von Technologieaktien auf Grund der sehr guten Kursentwicklung in vielen Indizes deutlich gestiegen. Kommt es in diesem Sektor zu einer Korrektur, können diese ETF stark unter die Räder kommen und Anlegern, die nur auf diese Indizes setzen, herbe Verluste zufügen.

Vielfach stellen somit ETF kein ausgewogenes Investment dar. Das zeigt auch das Beispiel des beliebten MSCI World. Der Index wird dominiert von US-Aktien, die derzeit eine Gewichtung von mehr als 70 Prozent haben. Die Folge: Das Börsenbarometer kann anfällig sein für eine schwächere Kursentwicklung von US-Titeln sowie einer Abwertung des US-Dollar zum Euro.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der gerne übersehen wird: Das ETF-Universum wird immer größer und unübersichtlicher. Immer mehr Nischen werden abgedeckt und neue Strategien entwickelt. Für viele Investoren ist die große Auswahl inzwischen eine Qual. Sie scheuen den notwendigen Selektionsprozess. Wenn Verbraucherschützer zum Kauf von ETF raten, vergessen sie gerne zu erklären, wer denn das Timing übernehmen soll.

Professionelle Unterstützung erforderlich

Das sind nur einige Beispiele, die verdeutlichen, dass ETF-Investments keine Selbstläufer sind. Die beschriebenen Risiken liegen jedoch nicht im Investment-Vehikel ETF selbst begründet, sondern in der dementsprechend gewählten Basis der Investition. Wer hier Fehler, die zu unnötigen Verlusten führen, vermeiden möchte, sollte sich an Experten wie die CERTIFIED FINANCIAL PLANNER®-Professionals wenden. Sie verfügen über hervorragende Kenntnisse in allen Bereichen des Kapitalmarktes und können mit Hilfe entsprechender Tools geeignete ETF heraussuchen und Anlegern dabei helfen, bei Bedarf das Portfolio an die jeweilige Marktsituation anzupassen. Nur so können Anleger tatsächlich von den unbestreitbaren Vorteilen, die diese Anlagevehikel bieten, profitieren.


Gastautor Prof. Dr. Rolf Tilmes ist CFP®und Vorstand des FPSB Deutschland und Academic Director Finance, Wealth & Sustainability Management an der EBS Executive School, Oestrich-Winkel.