Die individuelle Gestaltung der Arbeitszeit spielt eine wichtige Rolle für die physische und psychische Gesundheit von Beschäftigten.
Auf diesen Zusammenhang wiesen Forscher vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hin. Dafür werteten sie Daten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) aus dem Jahr 2021 aus. Ihre Analyse bietet aufschlussreiche Einblicke in einen mitunter komplexen Zusammenhang.
Im Fokus der Auswertung stand unter anderem der Kontext „Arbeitszeitmodelle und Erschöpfung“. Allgemein herrscht die Annahme vor, dass längere Arbeitszeiten generell zu höherer Erschöpfung führen. Jedoch zeigen die Daten ein differenzierteres Bild. Zumindest deuten diese Ergebnisse eher darauf hin, dass nicht solitär die Anzahl der Arbeitsstunden entscheidend ist, sondern diese Summe beeinflusst in einer Art Wechselspiel mit anderen Faktoren das Wohlbefinden. Die Experten haben mit Blick auf die Arbeitszeit und Erschöpfungsanzeichen folgende Schlüsse gezogen:
- Normale Vollzeitbeschäftigung (35 – 40 Stunden pro Woche): Beschäftigte in diesem Segment berichten am seltensten von körperlicher und emotionaler Erschöpfung.
- Teilzeitbeschäftigung: Hier treten Erschöpfungssymptome ähnlich häufig auf wie bei Vollzeitkräften.
- Überlange Arbeitszeiten (mehr als 48 Stunden pro Woche): In diesem Bereich klagen Beschäftigte deutlich häufiger über Erschöpfung.
Erhöhte Risiken durch Stressfaktoren
Ein entscheidender Aspekt für die Gesundheit am Arbeitsplatz ist der Handlungsspielraum der Beschäftigten. Mitarbeiter, die ihre Arbeitsabläufe eigenständig gestalten können, berichten seltener von Erschöpfung. Das gilt selbst bei längeren Arbeitszeiten. Ebenso trägt ein starkes soziales Miteinander im Team dazu bei, Belastungen besser zu bewältigen. Durch Beachtung beziehungsweise Optimierung dieser beiden Faktoren kann der Erschöpfung von Mitarbeitern gezielt entgegengewirkt werden. Zudem gibt es weitere Forschungsergebnisse. Diese deuten darauf hin, dass bei einer ungünstigen beruflichen Disposition auch die Gefahr besteht, an einer Depression zu erkranken. So gingen laut Experten-Auskunft 13 Stressfaktoren im Arbeitsumfeld mit einem erhöhten Risiko einher.
Branchenunterschiede bei Arbeitszeiten
Insbesondere variiert die Verteilung von überlangen Arbeitszeiten erheblich zwischen den verschiedenen Berufsgruppen. Mitunter soll dadurch in Niedriglohnbranchen das monatliche Einkommensniveau gesteigert werden. Doch inwieweit diese ultralangen Arbeitszeitmodelle von den dort Beschäftigten gewünscht sind, war nicht Bestandteil dieser IW-Analyse. Sie filterte einige Branchen in Deutschland und deren durchschnittliche Arbeitszeiten heraus. Dazu gehören beispielsweise :
- Sicherheitsberufe: fast jeder vierte Beschäftigte arbeitet hier regelmäßig über 48 Stunden pro Woche.
- Land- und Forstwirtschaft sowie Gartenbau: überlange Arbeitszeiten betreffen gut jeden Fünften.
- Fertigungsberufe und bestimmte Dienstleistungsbereiche: weniger als jeder zehnte Beschäftigte berichtet von überlangen Arbeitswochen.
Diese Unterschiede unterstreichen die Bedeutung branchenspezifischer Arbeitszeitregelungen und deren Einfluss auf die Gesundheit der Beschäftigten. Allerdings ist die reine Länge der Arbeitszeit allein kein ausschlaggebender Faktor für Erschöpfungssymptome oder anderweitige psychische wie physische Belastungsmerkmale. Vielmehr spielen insbesondere Handlungsspielräume und ein unterstützendes soziales Umfeld eine zentrale Rolle. Unternehmen sollten daher nicht nur auf die Arbeitszeitgestaltung achten. Auch die Schaffung von Autonomie und Teamzusammenhalt zählen zu wichtigen Faktoren, wenn es um die Gesundheit und Zufriedenheit ihrer Mitarbeiter geht.