Frühzeitige Order für den digitalen Nachlass

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23. Juni 2025

Frühzeitige Order für den digitalen Nachlass

Durch frühzeitige Planung und entsprechende Vollmachten kann man sicherstellen, dass der digitale Nachlass gemäß den eigenen Wünschen verwaltet wird und Hinterbliebene entlastet werden.

Hier ein Social-Media-Account, dort ein digitales Abo und natürlich mindestens ein Konto bei einem Internetbroker. Kaum jemand dürfte auf die Schnelle aufzählen können, wo überall seine persönlichen Daten im World Wide Web hinterlegt und gespeichert sind. Was viele dabei übersehen: Die digitalen Spuren im Netz bleiben auch nach dem Tod. Die elektronischen Daten, die nach dem Ableben des Benutzers weiter existieren, werden als digitales Erbe oder digitaler Nachlass bezeichnet.

Dies beinhaltet etwa Konten in sozialen Medien, E-Mail-Accounts, digitale Fotos oder Online-Depots. Häufig übersehen werden jedoch virtuelle Geldbörsen (Wallets), der YouTube-Account mit möglichen Werbeeinnahmen, online geschlossene Verträge, etwa mit Versandhändlern oder Auktionsplattformen, sowie Zugriffsrechte auf ausschließlich online verwahrte Dokumente, wie Gehaltsabrechnungen, Kontoauszüge oder im Netz gespeicherte Gesundheitsdaten. Die wenigsten dieser Verträge enden mit dem Tod. In der Regel verbleiben alle übermittelten und gespeicherten Daten auch nach dem Ableben beim jeweiligen Anbieter.

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs geht das digitale Erbe komplett auf die erbberechtigten Hinterbliebenen über, so dass sie auf die Daten zugreifen dürfen – selbst wenn es sich um private Chats handelt. Laut BGH steht in diesem Fall das Erbrecht über dem postmortalen Persönlichkeitsrecht, dem Fernmeldegeheimnis sowie dem Datenschutz.

Doch bislang sind häufig viele der Daten unwiderruflich verloren, weil sie mit Passwörtern oder anderen Authentifizierungen geschützt sind. Es ist für die Hinterbliebenen nicht nur mühselig, Zugang zu allen Online-Konten zu erhalten. Vielmehr besteht auch das Risiko, dass Kosten für Abos, Apps oder andere Dienste einfach weiterlaufen – die Kosten tragen dann die Erben.

Wer erhält welche Daten?

Für den Erblasser ist es somit sehr bedeutsam zu regeln, wer nach seinem Ableben welche Daten erhält, in denen eventuell wertvolle Informationen über Vermögenswerte bis hin zu privatesten Geheimnissen gespeichert sind. Sinnvoll ist es daher, zunächst eine Übersicht aller Accounts mit Benutzernamen und Kennwörtern zu erstellen. Solch eine Übersicht könnte man beispielsweise an einem sicheren Ort zu Hause aufbewahren oder in einem notariell angefertigten Testament hinterlegen.

In einer Vollmacht kann der Erblasser zudem frühzeitig festlegen, was nach dem Tod mit seinen Accounts, Passwörtern und anderen digitalen Spuren, wie Daten in Cloud-Diensten, passieren soll und wer die Zugriffsrechte erhält. Sofern es einen unternehmerischen Hintergrund gibt, sollte unbedingt zwischen Regelungen für den privaten und den unternehmerischen Nachlass getrennt werden.

Vertrauensperson benennen und informieren

Empfehlenswert ist es außerdem, sich mit den Nutzungsbedingungen der in Anspruch genommenen digitalen Dienstleistungen und den jeweiligen anbieterspezifischen Regelungen vertraut zu machen, insbesondere für die Stellvertretung und die Fälle des Ablebens. Grundsätzlich macht es Sinn, eine Vertrauensperson als digitalen Nachlassverwalter zu benennen, der sich nach dem Tod um die Rechte und Pflichten aus Verträgen mit Internetdiensten kümmert. Ratsam dabei: Suchen Sie das Gespräch mit der von Ihnen ausgewählten Person und unterrichten Sie diese in geeigneter Form über Ihre Wünsche für den Fall der Fälle.

Diese Hinweise umfassen natürlich nur einen Ausschnitt der möglichen Aktivitäten. Weil das Thema durchaus anspruchsvoll ist, ist es ratsam, sich professionelle Unterstützung zu holen. Etwa von unabhängigen Finanzplanern, wie die vom FPSB Deutschland zertifizierten CERTIFIED FINANCIAL PLANNER® -Professionals oder CERTIFIED FOUNDATION AND ESTATE PLANNER, die Sie unter dem diesem Link in Ihrer Nähe finden können. Die Professionals garantieren aufgrund ihrer umfassenden Qualifikation und langjährigen Berufserfahrung höchste Qualität, verstehen sich als Koordinatoren des Beratungsprozesses und garantieren im Netzwerk mit anderen Fachberatern (Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer und Notare) optimale und individuell zugeschnittene Lösungen.

Klar ist jedoch: Jeder Erblasser sollte sich frühzeitig um seinen Nachlass kümmern, egal, ob dieser aus klassischen Sachwerten wie einer Immobilie oder Aktien oder digitalen Werten besteht. Ohne Hinweise auf Benutzernamen, Passwörter oder PINs können im schlimmsten Fall sogar Vermögenswerte unerkannt bleiben. Das gilt insbesondere für Konten bei reinen Online-Banken, einem Paypal-Guthaben oder auch Vermögenswerte in Kryptowährungen.


Gastautor Prof. Dr. Rolf Tilmes ist Vorstand des FPSB Deutschland und Academic Director Finance, Wealth Management & Sustainability Management an der EBS Executive School, Oestrich-Winkel.