Verliebt, verheiratet, geschieden – verarmt?

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27. Mai 2025

Verliebt, verheiratet, geschieden – verarmt?

Scheiden tut weg, sagt der Volksmund. Wenn Ehepaare sich trennen, hat das immer auch schwerwiegende finanzielle Folgen. Das Risiko eines finanziellen Desasters nach einer Scheidung kann man aber mit einer guten Planung reduzieren.

„Bis dass der Tod Euch scheidet“ – viele glückliche Paare haben diese Worte bei ihrer Hochzeit in der Kirche gehört. Doch tatsächlich werden hierzulande viele Ehen weit vor dem Tod durch richterlichen Beschluss wieder geschieden. Statistiken zufolge betrifft das jede dritte Ehe.

Eine Scheidung ist schon aus emotionaler Sicht schmerzhaft – besonders, wenn davon auch Kinder betroffen sind. Doch vor allem sind die finanziellen Konsequenzen in der Regel riesengroß. Es geht um Unterhalt, Rentenansprüche, Immobilien und Bankdepots. Viele unterschätzen, welche enormen Auswirkungen eine Scheidung auf die finanzielle Situation beider Ehepartner – besonders der Frau – haben kann.

Einkommensverluste nach einer Scheidung

Das betrifft gleich mehrere Aspekte. Im Falle einer Trennung verdoppeln sich durch jetzt zwei Haushalte die Kosten für Miete, Haushaltsführung und Versicherungen, schließlich gilt zum Beispiel die Familienversicherung nicht mehr. Zudem ist häufig mehr Geld für die Kinderbetreuung nötig, falls Frauen nach der Trennung wieder arbeiten wollen oder müssen. Klar, dass so auch keine Möglichkeit besteht, etwas für die Vorsorge und das Alter anzusparen. Hinzu kommen die Einkommensverluste. Berechnungen zeigen, dass bei Frauen der Einkommensverlust nach einer Scheidung bei 33 Prozent liegt, bei Männern dagegen nur bei zehn Prozent.

Jede Menge Konfliktpotenzial also. Doch wie können Eheleute frühzeitig einen möglichen, späteren Rosenkrieg verhindern? Zum einen sollten die Ehepartner neben einem gemeinsamen Konto für Miete, Strom, Gas, die Kredittilgung, falls vorhanden, und Haushaltskosten jeder zusätzlich ein eigenes Konto führen. Zum anderen sollte vor der Ehe das Anfangsvermögen festgehalten, Eigenmitteleinsätze dokumentiert sowie Schenkungen und Erbschaften notiert werden.

Divorce Planning als wirksames Planungsinstrument

Je ungleicher die Vermögens- und Einkommensverhältnisse in einer Ehe sind, desto dringender ist das frühzeitige Auseinandersetzen mit allen wichtigen finanziellen Fragen. Eine professionelle Finanzplanung kann hier wichtige Unterstützung liefern. Beim sogenannten Divorce Planning lautet das Ziel, eine effektive Strategie zu entwickeln, wie im Falle einer Scheidung das eigene finanzielle Leben von dem des Partners getrennt werden kann, insbesondere im Hinblick auf Vermögen, Schulden, Einkommen sowie die beruflichen Perspektiven.

Wichtig ist es, dabei auch ungeplante bzw. unvorhersehbare Ereignisse anzusprechen. Dazu gehören neben einer möglichen Scheidung auch weitere negative Szenarien wie Unfall, Einkommensausfall, Berufsunfähigkeit, Pflegebedürftigkeit bis hin zum Tod, die gerne ausgeblendet werden. Das Leben ist schließlich vielfältig und in der Regel nicht vorhersehbar.

Genogramm schafft Transparenz

Geld darf kein Tabuthema in der Ehe sein. Im Gegenteil: Die Finanzplanung schafft Transparenz und deckt vieles auf, etwa die in der Regel unterschiedliche Vermögensverteilung zwischen den Eheleuten, meistens zu Ungunsten der Frau, das Risikoprofil des gemeinsamen Vermögens und nicht zuletzt auch die Absicherung im Trennungsfall. Transparenz hilft – in guten wie in schlechten Zeiten.

Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang ein Genogramm, also eine systemische Familienaufstellung zum Thema Finanzen und alle damit verbundenen Geldthemen. Das kann für viele ein sehr wichtiges Instrument sein, um Klarheit in die finanzielle Situation zu bringen. Damit wird zum Beispiel das Vermögen genau beziffert und den jeweiligen Familienmitgliedern zugeordnet.

Nicht zuletzt kann ein ganzheitlicher Finanzplan eine wichtige Grundlage für Gespräche mit dem Partner, Mediatoren, Juristen, Steuerberatern und dem Familiengericht sein. Dies vereinfacht und beschleunigt die interdisziplinäre Zusammenarbeit erheblich. Insbesondere bei unternehmerischem Vermögen ist es wichtig, Transparenz und Entscheidungsgrundlagen zu haben und die richtigen Vereinbarungen im Ehe- und Gesellschaftsvertrag sowie den testamentarischen Regelungen zu treffen.


Gastautor Prof. Dr. Rolf Tilmes ist Vorstand des FPSB Deutschland und Academic Director Finance, Wealth Management & Sustainability Management an der EBS Executive School, Oestrich-Winkel.