Strategische Asset Allokation: Der Masterplan für Ihr Vermögen

Artikel von
06. November 2025

Strategische Asset Allokation: Der Masterplan für Ihr Vermögen

Lang- statt kurzfristig, strategisch statt taktisch: Eine gut aufgestellte Vermögensstruktur verspricht auch in unruhigen Zeiten stabile Ergebnisse

Schwankungen und Kursrückgänge kommen an den Finanzmärkten bekanntlich immer wieder vor, sie gehören zur Vermögensanlage dazu. Wichtig ist nur, auch in schwierigen Phasen Ruhe zu bewahren und nicht überstürzt zu handeln. Für viele Anleger ist dies jedoch schwer auszuhalten. Für sie gehört der Blick ins Depot zur Tagesroutine. Jetzt schnell noch vor der Bekanntgabe der Geschäftszahlen nachkaufen? Oder lieber heute als morgen Gewinne mitnehmen? Wie auf die Zinswende reagieren? Und was ist überhaupt mit dem Hype um Künstliche Intelligenz? Nur nichts verpassen, heißt die Devise.

Wer als Anleger derart von kurzfristigen Ineffizienzen oder bestimmten Trends an den Märkten profitieren will und die Gewichtung verschiedener Anlageklassen oder -themen innerhalb des Portfolios vorübergehend erhöht oder verringert, handelt taktisch. Das klingt zunächst einmal nicht schlecht und ist nicht negativ gemeint. Doch mit einer langfristigen Anlagestrategie hat dieses Vorgehen wenig zu tun.

Größeres Verlustrisiko ohne Strategie

Die beschriebene aktive Anpassung der Portfoliostruktur in Reaktion auf sich ändernde Marktbedingungen oder Anlagechancen bezeichnet man als taktische Asset Allokation. Sie kann kurzfristig erfolgreich sein, auf lange Sicht besteht jedoch die Gefahr von Verlusten und/oder einer extremen Unwucht im Portfolio. Das gilt gerade mit Blick auf die vergangenen Jahre, wo mit Pandemie, hoher Inflation, Versorgungsengpässen, steigenden Energiepreisen und kriegerischen Auseinandersetzungen eine Krise die nächste jagte.

Was also tun? Voraussetzung für mehr Gelassenheit ist eine sorgsam ausgeklügelte strategische Asset Allokation. Sie beschreibt die Aufteilung des Vermögens in mehrere Teile, welche in unterschiedliche Anlageklassen und Einzelinvestments angelegt werden. Sie ist die Basis, dass Anleger auch in schwierigen Phasen die Ruhe bewahren.

Timing und Titelselektion sind zweitrangig

Schließlich zeigen Studien immer wieder: Die strategische Vermögensstruktur ist für 80 bis 90 Prozent des langfristigen Anlageerfolgs verantwortlich. Erst weit danach kommen Faktoren wie Timing, taktische, also kurzfristige, Vermögensstruktur und Titelselektion. Vergleichbar mit der Unternehmenssteuerung verspricht eine strategische Asset Allokation als entscheidender Faktor einer Vermögensstrategie auch in unruhigen Zeiten beste und stabile Ergebnisse.

Wie genau die „Zutaten“ für eine erfolgreiche Vermögensstruktur aussehen, ist sicher individuell verschieden. Der Blick auf die strategische Asset Allokation etwa der großen US-Stiftungen wie Yale oder Harvard aber zeigt, dass – vereinfacht gesagt – das Erfolgsgeheimnis in der Streuung der Anlagen über viele verschiedene Assetklassen hinweg sowie eine Beimischung von alternativen Investments liegt.

Ein optimal geschütztes Vermögen besteht somit aus einem gesunden Mix aus mehreren Asset-Klassen. Dank einer ausgewogenen Diversifikation können selbst auch grundsätzlich defensiv eingestellte Anlegende risikoreichere Anlageklassen in ihr Investment miteinbeziehen. Entscheidend ist es jedoch, damit einhergehende, potenziell höhere Risiken sowie ein verändertes Korrelationsumfeld zu berücksichtigen.

Vor dem „Wie“ kommt das „Warum“

Diese Vermögensaufteilung sollte idealerweise jeweils so auf die Risikosituation des Anlegers ausgerichtet werden, dass sie in den verschiedenen Marktphasen beibehalten werden kann, ohne die Erreichung der Minimalziele zu gefährden. Doch was sich einfach anhört, ist in der Umsetzung durchaus komplex. Viele Anleger machen den Fehler, sich zunächst mit der Frage der konkreten Investitionsentscheidungen zu beschäftigen. Doch beginnen sollte man mit den langfristigen individuellen Zielen. Warum muss oder will ich überhaupt investieren? Erst nach diesem „Warum“ sollte das „Wie“, also die Festlegung der Strategie, folgen. Und zuletzt geht es um die Umsetzung in Anlageprodukten.

Die strategische Asset Allokation ist vergleichbar mit einem Masterplan, der die Grundlage für jede einzelne zukünftige Investitionsentscheidung ist. Die optimale Aufteilung des anzulegenden Vermögens auf verschiedene Anlageklassen und Einzelinvestments ist dabei das wichtigste Werkzeug für das Risikomanagement. Und das Gute ist: Der Masterplan lässt sich problemlos um weitere Elemente erweitern. Dabei ist nicht nur die Frage der Vermögensverteilung auf die verschiedenen Anlageklassen relevant, sondern auch die Wechselwirkung jedes einzelnen Investments zu allen anderen.

Widerstandsfähige Portfolios konstruieren

Die besondere Herausforderung liegt darin, Anlageformen zu kombinieren, die bei Krisen in einem Marktsegment nicht alle gleichermaßen betroffen sind. Widerstandsfähige Portfolios zeichnen sich durch eine Mischung von Anlageklassen aus, die wenig korreliert sind, unterschiedlichen Zyklen unterliegen und deren kombinierte Wertentwicklung schwerste Erschütterungen verhindern. Das Ziel dabei: Weder externe Krisen noch persönliche Fehlentscheidungen sollen die Gesamtkonstruktion gefährden.


Gastautor Prof. Dr. Rolf Tilmes, CFP® ist Vorstand des FPSB Deutschland und Academic Director Finance, Wealth Management & Sustainability Management an der EBS Executive School, Oestrich-Winkel.