In der Praxis kommt es immer wieder vor: wohlmeinende Eltern, Großeltern oder Paten möchten Vermögen an die junge Generation übertragen – stehen aber vor dem Dilemma, wie man sinnvoll verschenkt, ohne die Kontrolle ganz aus der Hand zu geben.
Ein typischer Fall: die Großeltern möchten ihrem Enkelkind 200.000 Euro schenken. Die junge Dame ist gerade 19 geworden und startet ins Studium. Mit dem Geld möchte der Großvater sie unterstützen: vielleicht ein Studienjahr im Ausland oder Startkapital für eine erste Immobilie später. Aber er kennt auch die Risiken. Das Geld kann schnell verschwinden – für ein teures Auto, eine unüberlegte Investition oder in einer „falschen“ Beziehung.
Der Großvater ist informiert. Er weiß, dass man in einem Schenkungsvertrag Rückforderungsrechte vorsehen kann. Gängig sind solche Klauseln etwa bei Insolvenz oder Vorversterben des Beschenkten. Eine Zweckbindung dagegen ist deutlich aufwändiger und schwerer greifbar. Außerdem noch schwieriger umzusetzen gegen die eigene Enkelin, falls das Geld schon verbraucht ist. Er setzt deshalb auf einen anderen Weg: nicht rückwirkend reagieren – sondern vorausschauend planen.
Schenker sichert sich Mitsprache
Die Idee: der Großvater schenkt die Summe nicht direkt an die Enkeltochter, sondern zahlt sie zunächst – mit einem kleinen Aufschlag von zum Beispiel 5.000 Euro – in eine Investmentpolice ein, in der er auch die Anlagestrategie bestimmen kann. Erst im zweiten Schritt erhält die Enkelin ihre Schenkung in Höhe von 200.000 Euro als Anteil der Investmentpolice. Die verbleibenden 5.000 Euro behält der Großvater als Mit-Vertragsinhaber und sichert sich damit ein entscheidendes Mitspracherecht. Auszahlungen aus der Investmentpolice sind nur möglich, wenn beide Vertragsinhaber gemeinsam zustimmen.
Für die Enkelin bedeutet das: Sie bekommt die volle Zuwendung, steuerlich wirksam und rechtlich klar, aber eben nicht bar auf die Hand. Der Großvater hingegen hat sich abgesichert und kann die Enkelin hier in die Verantwortung nehmen. Diese Lösung ist keine Maßnahme des Misstrauens, sondern eine wohlwollende Form des Schenkens. Sie ersetzt keine Verträge, aber sie verhindert ungewollte Konflikte. Zudem ist sie flexibel: das Kapital kann jederzeit wieder entnommen werden, wenn sich beide in der Verwendung einig sind. Falls sich doch einmal etwas grundlegend ändern sollte, bestehen die vertraglich vereinbarten Rückforderungsrechte zusätzlich als zweite Sicherheitsebene.
Keine Steuer durch Freibetrag
Auch steuerlich ist die Lösung attraktiv. Die Police kann im Rahmen des steuerfreien Schenkungsfreibetrags finanziert werden, bei Großeltern aktuell bis zu 200.000 Euro pro Enkel. Erträge innerhalb der Investmentpolice aus der gewählten Anlagestrategie unterliegen während der Laufzeit nicht der Abgeltungssteuer. Die Auszahlung im Todesfall der Versicherten Person ist abgeltungssteuer- und einkommensteuerfrei. Damit eignet sich das Modell hervorragend für den langfristigen Vermögensaufbau – ohne laufende Steuerbelastung oder zusätzliche Erklärungspflichten.
Immer wieder gibt es Fälle, in denen frühzeitig gestaltet werden soll, aber ohne die Kontrolle vollständig abzugeben. Die vorgestellte Lösung ist einfach, rechtlich sauber und wirtschaftlich vorteilhaft. Sie ersetzt keine umfassende Nachfolgeregelung, ist aber oft ein entscheidender Baustein.
Gastautor Stefan Brähler (CFEP®) ist Geschäftsführer der Confidema GmbH und seit 20 Jahren auf Nachfolgeplanung, Vermögensstrukturierung und Investmentpolicen für vermögende Privatkunden spezialisiert.