Digitalisierung, Künstliche Intelligenz oder Energiewende – aus vielen Gründen, werden weltweit die Rechnerkapazitäten massiv ausgebaut. Auch in Europa und in Deutschland entstehen neue Rechenzentren. Diese bieten den Vorteil, dass die Daten im Idealfall sicher gespeichert werden und zuverlässig zur Verfügung stehen.
Die Globalisierung ist ins Stocken geraten. So das Ergebnis der Umfragen durch das KOF Institut der ETH Zürich. Nahm die Globalisierung mit dem Ende Kalten Krieges und dem Erstarken Chinas ab den 1990er-Jahren so richtig an Fahrt auf, hat sie spätestens mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie und den daraus resultierenden Handelsbeschränkungen einen Dämpfer bekommen. Zwar bewegt sich die Weltwirtschaft auf einem hohen Niveau der globalen Kooperation, doch seit einigen Jahren ist mindestens ein Seitwärtstrend zu konstatieren.
Globalisierung 2.0 – Rechenzentren machen es möglich

Daran sind aber nicht allein die Pandemie und ihre Spätfolgen schuld, auch die neue US-Handelspolitik unter Donald Trump und der Krieg Russlands gegen die Ukraine tragen maßgeblich dazu bei. Ausgelagerte Produktionen werden aus dem Ausland zurückgeholt und Lieferketten reduziert, um das Risiko von Lieferengpässen und -ausfällen zu minimieren. Nearshoring statt Outsourcing – die Welt ist unsicherer geworden, was dazu führt, dass auch Unternehmen verstärkt bestrebt sind, Produktionen aus dem fernen Ausland ins nahe Umfeld zurückzuholen. Die Globalisierung muss so kein Ende finden, aber sie bekommt eine neue Wendung, eine Modifizierung. Standen bislang die Kostenvorteile des Outsourcings im Vordergrund, kommen nun weitere Kriterien hinzu, wie etwa die Liefersicherheit.
Rasanter Ausbau der Rechenkapazitäten
Diese Entwicklung gilt nicht nur für Waren, auch Dienstleistungen und Daten unterliegen diesem Trend. So ist auch der neue Boom beim Bau von Rechenzentren in Europa zum Teil zu erklären. Denn auch Daten können Lieferschwierigkeiten aufweisen, wenn etwa Datenstrenge gekappt werden. Das kann politisch motiviert sein, aber auch bei terroristischen Anschlägen auf Datenkabeln, etwa den transatlantischen, droht Europa ein „Blackout“. Zudem, es ist nicht immer ganz klar, wie sicher Daten im fernen Ausland verwahrt werden. Regierungen und Großkonzerne haben ein enormes Interesse an Daten, und mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) und Big Data können diese auch gefiltert und ausgewertet werden – trotz ihrer enormen Menge.
EU muss bei Rechenzentren nachlegen
Ein weiterer Faktor, der zum Bau der neuen Rechenzentren beiträgt: Die EU fördert neue Rechenkapazitäten, weil man den Anschluss bei der Entwicklung der KI nicht verpassen will. Aktuell gibt es zum Beispiel in Deutschland etwa 2.000 Rechenzentren mit mehr als jeweils 100 Kilowatt IT-Anschlussleistung. Zusammen kommen diese auf eine IT-Anschlussleistung von rund 2.730 Megawatt. Vor zehn Jahren waren es zusammen nur rund 1.500 Megawatt. Im Jahr 2030, so Prognosen, könnten hierzulande schon Rechenzentren mit einer IT-Anschlussleistung von rund 5.000 Megawatt installiert sein, also nahezu eine Verdopplung. Und in Europa sollen sich die Kapazitäten im selben Zeitraum insgesamt um rund 70 Prozent auf dann 28.000 Megawatt erhöhen. Das ist zwar auf den ersten Blick eine erfreuliche Entwicklung, zeigt aber auch: Europa muss noch viel mehr tun, um etwa mit den USA mitzuhalten. In den Vereinigten Staaten sollen sich die Rechenzentren-Kapazitäten nach Bitkom-Angaben bis 2030 auf 95.000 Megawatt mehr als verdoppeln.
Rechenzentren: Auch für Anleger bieten sich Chancen
Um nicht den Anschluss zu verlieren, müssen Politik und Unternehmen nachlegen – und zwar kräftig. Die neuen Rechenzentren in Europa bieten auch Anlegern eine Chance. Im Visier stehen europäische Unternehmen, die die Rechenzentren nach Vorgaben der Europäischen Union in Bezug auf die Datensicherheit betreiben. Zwar gibt es hier eine ganze Liste an Betreibern, doch für Anleger ist natürlich auch immer die Möglichkeit entscheidend, dass diese an der Börse notiert sind. Da ist die Auswahl dann schon begrenzter. Übrig bleiben vor allem europäische Telekommunikationsunternehmen, die den Bau und den Betrieb von Rechenzentren zum einen als lukratives Nebengeschäft entdeckt haben, zum anderen damit aber auch ihre eigenen Kompetenzen etwa in Bezug auf die Künstliche Intelligenz erweitern wollen. Interessant sind aber auch Aktien beziehungsweise Unternehmen, die technologisches Equipment zum Bau der Rechenzentren liefern. Hier spielen nicht nur die eigentlichen Rechner eine Rolle, sondern auch die Energieversorgung. Rechenzentren brauchen enorm viel Strom und produzieren dabei viel Wärme. Das Energiemanagement ist ebenso wichtig wie die Rechnerkapazitäten. Beides muss ineinandergreifen und harmonisieren.

Gastautor Dr. Markus C. Zschaber ist Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft in Köln, www.zschaber.de