Patchworkfamilien brauchen unbedingt ein Testament

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13. Juni 2025

Patchworkfamilien brauchen unbedingt ein Testament

Wenn in einer Patchworkfamilie einer der Partner stirbt, führt das häufig zu ungewollten Folgen. Was heute als moderne Familie gelebt wird, beurteilt das Gesetz noch immer nach Maßstäben von vor 100 Jahren.

Nach der gesetzlichen Erbfolge erbt beim Tod eines Elternteils der neue Ehepartner gemeinsam mit den leiblichen Kindern. Stirbt der Partner später, geht dessen gesamter Nachlass ausschließlich an dessen eigene Kinder – auch der Teil, der ursprünglich vom Erstverstorbenen stammt. So entsteht Ungleichheit – nicht aus bösem Willen, sondern weil das Erbrecht einem veralteten Familienbild folgt. Wer das nicht hinnehmen will, muss handeln. In einer Patchworkfamilie ist ein Testament keine Frage des Wollens, sondern des Müssens. Was das konkret bedeuten, kann zeigen drei Beispiele.

Patchworkfamilie

Julia (63) und Frank (66) – wenn das Erbe ungleich aufgeteilt wird. Julia hat zwei Töchter, Frank einen Sohn. Sie leben seit 20 Jahren zusammen und sind verheiratet. Stirbt Julia zuerst, erbt Frank die Hälfte ihres Vermögens – die andere Hälfte geht an ihre Töchter. Stirbt später Frank, fällt sein gesamter Nachlass an seinen Sohn. Julias Kinder behalten nur einen Teil des mütterlichen Vermögens. Bei Franks Sohn landet am Ende der Großteil des Vermögens. Besonders verletzend ist das, wenn die Kinder gemeinsam aufgewachsen sind und sich nie als „Stiefkinder“ empfanden. Die gesetzliche Ungleichbehandlung sorgt dann schnell für Streit – gerade, wenn sich alle über Jahre als echte Familie verstanden haben.

Michael (58) und Lena (49) – wenn das Erbe an Fremde fällt. Michael hat zwei Kinder aus erster Ehe, Lena hat keine. Sie sind verheiratet, wohnen in Michaels Haus – für seine Kinder das Elternhaus. Stirbt Michael zuerst, erben seine Kinder nur die Hälfte. Die andere Hälfte fällt an Lena. Stirbt später auch sie, geht ihr gesamter Nachlass an ihre gesetzlichen Erben: oft Geschwister, Nichten oder Neffen – mit denen Michaels Kinder nie zu tun hatten. Ein großer Teil dessen, was ihr Vater aufgebaut hat, verlässt die Familie. Selbst das Elternhaus kann so bei Menschen landen, die fremd sind.

Tobias (52) – wenn Partner und Stiefkind leer ausgehen. Tobias lebt mit seiner langjährigen Partnerin und deren Tochter zusammen. Sie ist für ihn wie ein eigenes Kind. Er hat sie großgezogen, ihre Ausbildung mitfinanziert, er ist für sie der Papa. Doch Tobias ist nicht verheiratet, rechtlich ist sie nicht seine Tochter. Stirbt er, erbt weder die Partnerin noch das Stiefkind – beide gehen leer aus. Sein gesamtes Vermögen fällt an Verwandte, mit denen er nur sporadisch Kontakt hat. Gerade für die Tochter ist das schwer zu verstehen: Der Mensch, der für sie Vater war, hat ihr nichts hinterlassen, weil sie im juristischen Sinne nicht als Familie zählt.

Wer nichts regelt, überlässt das Erbe dem Zufall

Die Patchworkfamilie gehört zum Alltag, im Erbrecht wird es aber kompliziert. Die gesetzliche Erbfolge kennt keine Stiefkinder und unterscheidet nicht zwischen gelebter Nähe und bloßer Verwandtschaft. Wer nicht vorsorgt, riskiert, dass das Vermögen bei Erben landet, für die es nie vorgesehen war:  bei entfernten Verwandten, bei Kindern des neuen Partners oder bei niemandem, den man selbst gewählt hätte. Besonders die Kinder des zuerst Verstorbenen sind oft benachteiligt oder ganz ausgeschlossen. Gerade in Patchwork-Familien ist ein Testament unverzichtbar. Auch mit einer Nachfolgepolice lassen sich konkrete Wünsche einfach umsetzen, ohne großes Regelwerk.


Gastautor Stefan Brähler (CFEP®) ist Geschäftsführer der Confidema GmbH und seit 20 Jahren auf Nachfolgeplanung, Vermögensstrukturierung und Investmentpolicen für vermögende Privatkunden spezialisiert.