Lebensversicherung im Abseits

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18. August 2025

Lebensversicherung im Abseits

Altersvorsorge in Versicherungsmänteln kann im Einzelfall sinnvoll sein, aber die klassische Kapitallebensversicherung ist zur Bildung von Reserven für den Ruhestand in der Regel nicht mehr zeitgemäß, erklärt Timo Veeneman, Finanzanlagen- und Versicherungsfachmann beim Osnabrücker Vermögensverwalter Spiekermann & CO AG.

Ist die Lebensversicherung noch ein Muss für eine durchschnittliche Altersvorsorge?

Also ich habe in den letzten 15 Jahren niemandem eine klassische Kapitallebensversicherung empfohlen. In der Regel sind diese Policen unter dem Strich einfach zu teuer. Es gibt für sehr sicherheitsorientierte Kunden effizientere Alternativen. Zum Beispiel fondsgebundene Rentenversicherungen, die je nach Ausgestaltung auch Steuervorteile und Garantien bieten können. Wer ganz auf teure Versicherungsmäntel verzichten kann, findet am Kapitalmarkt zudem eine Reihe von effizienteren Möglichkeiten, um in einem Depot langfristig ein Polster für den Ruhestand aufzubauen.

Ist die Lebensversicherung also Unsinn?

Als Unsinn würde ich die Lebensversicherung nicht bezeichnen und es gibt sicher noch Fälle, in denen sie weiter eine Daseinsberechtigung hat, etwa bei gewissen Erbschaftsmodellen. Aber es ist kein Geheimnis, dass die Lebensversicherung bei so manchem Vermittler nur deswegen noch weiter auf der Empfehlungsliste steht, weil hier besonders hohe Provisionen winken. Wenn Sie zu einem unabhängigen Honorarberater gehen, der in erster Linie den finanziellen Erfolg des Kunden im Blick hat, wird die Lebensversicherung wohl kaum als erstes empfohlen und spielt eigentlich keine Rolle mehr als Anlageform.

Alte Verträge sind noch attraktiv

Sollen laufende Verträge weitergezahlt oder gekündigt werden?

Darauf gibt es keine pauschale Antwort, das hängt von Steuerfragen, staatlichen Förderungen und vor allem den individuellen Konditionen ab. In der Regel sind alte Verträge, bei denen die Kosten bereits in den ersten Jahren angefallen sind, noch eine hohe Garantieverzinsung gilt und die zum Teil sogar steuerfrei ausgezahlt werden, durchaus noch attraktiv. Hier kann es absolut Sinn machen, den Vertrag zu erhalten und nur die Beitragszahlung einzustellen oder sogar weiter einzuzahlen. Bei neueren Verträgen kann es dagegen sinnvoll sein zu kündigen und das ausbezahlte Geld langfristig besser anzulegen.

Wenn die Wahlmöglichkeit besteht: Lebensversicherung am Ende lieber auszahlen lassen oder lebenslange Zahlung bevorzugen?

Auch hier kommt es auf den Einzelfall an. Beide Optionen haben ihre Daseinsberechtigung. Das hängt zum Beispiel davon ab, wie die finanzielle Gesamtsituation in der Familie ist und welche Konditionen angeboten werden. Oft wird unterschätzt, welche Leistungen bei einer lebenslangen Auszahlung bei einem unerwartet frühen Todesfall den Hinterbliebenen zugutekommen. Es kann sonst passieren, dass man sich Mitte 60 für eine Rentenzahlung entscheidet, überraschend frühzeitig verstirbt und dann der Löwenanteil des angesparten Kapitals an die Versicherung fällt, falls nur eine kurze Rentengarantiezeit vereinbart wurde.

Rendite muss mindestens Inflation ausgleichen

Angenommen der oder die Versicherte entscheidet sich für eine Auszahlung. Wohin dann mit dem ganzen Geld?

Grundsätzlich kostet es Kaufkraft, wenn so eine Summe über längere Zeiträume nicht investiert wird. Also sollte die Auszahlung nicht komplett unverzinst unter dem sprichwörtlichen Kopfkissen gelagert werden. Das Ziel sollte sein, mit der Rendite langfristig wenigstens die Inflation auszugleichen. Das ist derzeit mit Tagesgeldkonten und Co. kaum machbar. Deswegen sollte zumindest ein gewisser Teil investiert werden. Für die meisten wird es sinnvoll sein, verschiedene liquide Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Edelmetalle zu mischen und so Risiken, Flexibilität und Ertragschancen entsprechend den persönlichen Sicherheitsbedürfnissen auszubalancieren.