Ob Sparer langfristig mehr konsumieren können, hängt wesentlich von der erzielten Sparrendite ab. Sparen bedeutet, auf aktuellen Konsum zu verzichten.
Ob in der Zukunft mehr finanzielle Möglichkeiten bestehen, hängt davon ab, was mit dem gesparten Geld passiert. Es handelt sich also um einen bewussten Verzicht im Vergleich zu Nicht-Sparern, die ihr gesamtes Einkommen unmittelbar ausgeben. Die Frage ist, ob sich dieser Verzicht für die Sparer auszahlt. Kurzfristige Sparziele, wie das Ansparen für Urlaube, zeigen in der Regel keinen großen Effekt, denn die Zeit reicht nicht aus, um durch Zinsen beziehungsweise Renditen große Erträge zu erzielen.
Anders verhält es sich bei langfristigen Zielen wie Altersvorsorge oder Vermögensaufbau. Hier wird der Unterschied erst nach vielen Jahren spürbar. Niedrige Renditen von zwei Prozent bieten kaum Vorteile, vor allem wenn die Inflation berücksichtigt wird. Höhere Renditen von mindestens fünf Prozent hingegen können erhebliche Unterschiede bewirken. Der Zinseszinseffekt entfaltet seine volle Wirkung umso mehr, je länger der Zeitraum ist.
Konsumverzicht im Detail
Ein Beispiel verdeutlicht dies: Ein 25-jähriger Sparer mit einem Nettoeinkommen von 1.500 Euro legt monatlich 100 Euro zurück, also etwa 6,7 % seines Einkommens. Das Geld wird mit einer Rendite von fünf Prozent nach Steuern angelegt, wobei der Sparbetrag jährlich um drei Prozent erhöht wird, um den Kaufkraftverlust auszugleichen. Alle Erträge werden reinvestiert.
Nach 30 Jahren ergibt sich ein Vermögen von etwa 116.700 Euro. Der Verzicht besteht jedoch darin, dass anfangs jährlich 1.200 Euro gespart werden und nach 30 Jahren inflationsbedingt 2.828 Euro. Insgesamt wurden über 30 Jahre etwa 57.000 Euro angespart. Die Erträge wären mit 59.700 Euro sogar leicht höher gewesen.
Bleibt das Vermögen unangetastet und wird fünf Jahre weiter mit fünf Prozent Rendite angelegt, erhöht es sich auf knapp 149.000 Euro. Nach weiteren fünf Jahren sind es bereits 190.100 Euro. In zehn Jahren fließen mit 73.400 Euro also mehr Erträge als in den 30 Jahren zuvor. Der Zinseszinseffekt macht hier einen großen Unterschied aus, obwohl keine weiteren Sparraten mehr fließen.
Anpassung der Sparraten
Der langfristige Konsumverzicht lässt sich nicht immer gleichbleibend umsetzen. Nach 30 Jahren müssten monatlich 236 Euro gespart werden, um den Plan fortzuführen. Selbst bei gestiegenem Einkommen bleibt der Verzicht spürbar, wird aber auch nicht größer, denn der Betrag entspricht bereinigt um die Inflation exakt den 100 Euro von zu Beginn des Sparvorgangs.
Eine Alternative besteht darin, die Sparraten flexibel anzupassen. Wird der monatliche Sparbetrag nach 15 Jahren auf 100 Euro reduziert, anstatt inflationsbereinigt auf 155,80 Euro erhöht, sinkt der insgesamt angesparte Betrag von 57.000 Euro auf etwa 42.500 Euro. Das Vermögen nach 30 Jahren liegt dann bei rund 96.300 Euro. Zehn Jahre später wären es etwa 157.000 Euro.
Der Unterschied von etwa 33.100 Euro erklärt sich dadurch, dass 14.500 Euro auf geringere Sparraten entfallen. Flexible Anpassungen sind also möglich, ohne den Erfolg vollständig zu gefährden. Besonders bei verringertem Einkommen oder erhöhten Bedarf an Ausgaben kann eine Reduktion sinnvoll sein. Es bleibt Spielraum, auf veränderte Lebensumstände einzugehen und den Sparplan individuell anzupassen. Je früher begonnen wurde, umso mehr Freiheiten und Möglichkeiten hat man.
Alternativen zum Konsumverzicht
Statt Verzicht auf Konsum lässt sich auch zusätzliches Einkommen erzielen. Zum Beispiel kann ein Nebenjob, der zehn Jahre lang 500 Euro monatlich einbringt, zu einer attraktiven Vermögensentwicklung führen. Wird dieses Geld mit einer Rendite von fünf Prozent investiert, sind nach 20 Jahren monatliche Entnahmen von 250 Euro möglich, ohne das Kapital anzugreifen.
Nach weiteren zehn Jahren kann die monatliche Rente auf 500 Euro erhöht werden. Trotz dieser Entnahmen bleibt nach 40 Jahren ein Vermögen von etwa 219.500 Euro erhalten. Diese Methode zeigt, dass Verzicht nicht immer notwendig ist, um Vermögen aufzubauen. Durch alternative Strategien wie zusätzliches Einkommen lässt sich ebenfalls ein beträchtliches Vermögen aufbauen, was langfristig einen höheren Konsum ermöglicht.
Die Frage, ob Sparen zu mehr möglichem Konsum führt, hängt nur von der erzielten Rendite ab. Regelmäßiges Sparen, flexible Sparraten und zusätzliche Einkünfte sind lediglich unterschiedliche Wege. Insbesondere frühzeitiges Sparen bietet die Chance, vom Zinseszinseffekt zu profitieren.
Sparen lohnt, wenn die Rendite stimmt
Ein gesundes Gleichgewicht zwischen Sparen und Konsum ermöglicht langfristigen finanziellen Erfolg, weil die höchste Wahrscheinlichkeit besteht, den beschrittenen Weg weiterzugehen. Flexibilität bei Anpassungen an besondere Lebensveränderungen sind der Schlüssel dafür, bei Notwendigkeit eine kleine Veränderung vorzunehmen, anstatt komplett aufzuhören zu sparen. Zusammen mit einer ständigen Renditeoptimierung bietet sich so das größte Potenzial, den persönlichen Wohlstand nachhaltig zu steigern.
Es führt kein Weg am Sparen vorbei, wenn der Lebensstandard im Alter beibehalten werden soll. Aber nur die erzielte Rendite entscheidet darüber, ob man dabei auf Konsum verzichten muss oder sogar zusätzlicher Konsum möglich ist. Ein zusätzliches Einkommen für ein paar Jahre kann den Konsumverzicht in der Sparphase ausgleichen, wenn es rechtzeitig und ausreichend lange erzielt wird.
Gastautor Daniel Walther ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und arbeitet jetzt als CEO von Vermögensheld. Er ist seit über 20 Jahren in der Finanzbranche, Finanz-Analytiker, Coach und FAZ-Kolumnist.