Wie finden Anleger einen guten Berater?
Im letzten Jahr fanden Reduktionen im gesamten Investmentmarkt statt. Insbesondere im Oktober 2023 flossen 43 Milliarden Euro ab. Mal wieder gab es im schwächsten Monat eines Jahres hohe Abverkäufe, ausgerechnet in Aktien- und Mischfonds.
Obwohl die Anzahl der Aktienanleger in Deutschland steigt, wenden sich immer wieder Anleger ausgerechnet in Schwächephasen von den Kapitalmärkten ab. Daher ist in der Anfangsphase der Investitionstätigkeit eine Unterstützung beim Vermögensaufbau, zum Beispiel durch einen erfahrenen Berater, hilfreich.
Allerdings ist es in Deutschland nicht so einfach, einen passenden Finanzdienstleister zu finden, der bei der Erfüllung der persönlichen Ziele und Wünsche behilflich ist. So gibt es allein 1.400 Banken, in großer Zahl Volksbanken und Sparkassen. 180.000 Unternehmen haben sich auf die Beratung und den Vertrieb von Versicherungen spezialisiert (zugelassen nach Paragraf 34d Gewerbeordnung), davon sind 40.000 unabhängig unterwegs, die anderen ca. 140.000 Anbieter arbeiten mit einer Versicherung zusammen. Sie werden jeweils aus Provisionen der Versicherungsprodukte bezahlt.
Verwirrende Vielfalt in der Vermittlerwelt
Etwa 38.000 Anbieter arbeiten als Finanzanlagenvermittler (§ 34f Gewerbeordnung) und bieten die Vermittlung von Investmentfonds an und erhalten dafür eine Provision aus den vermittelten Finanzprodukten. 400 Honoraranlageberater (§ 34h GewO) bieten die Anlageberatung gegen Honorarzahlung nach Stundensatz oder im Rahmen eines Komplettpaketes an. Einige Honorarberater sind als Kreditinstitut aufgestellt (Erlaubnis nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Beaufsichtigung von Wertpapierinstituten – WpIG) und müssen daher höhere Auflagen hinsichtlich der Zulassung und der regelmäßigen Überwachung erfüllen. Davon gibt es in Deutschland ca. 25.
Ca. 56.000 Immobiliardarlehensvermittler nach Paragraf 34i Gewerbeordnung bieten eine Schnittstelle zu einer Vielzahl von Banken und helfen, ein passendes Kreditangebot zu finden. Schließlich gibt es noch etwa 400 unabhängige Vermögensverwalter, die ebenfalls als Kreditinstitut aufgestellt sind und mittels einer Dispositionsvollmacht das anvertraute Vermögen steuern, überwachen und die Ergebnisse regelmäßig reporten (§ 2 Abs. 2 Nr. 9 WpIG). Unabhängige Vermögensverwalter werden direkt vom Kunden mittels einer Honorarvereinbarung bezahlt und vereinnahmen keine Provisionen aus den verwendeten Finanzprodukten.
Selektion nach Schwerpunkt und Örtlichkeiten
Um einen Finanzpartner zu finden, gibt es einige Portale wie WhoFinance, in denen allerdings nicht alle Unternehmen aufgeführt sind. Man kann auch einen Blick auf die Bafin-Seite werfen und gezielt nach unabhängigen Vermögensverwaltern und Honorarberatern suchen, die als Kreditinstitut aufgestellt sind, da die Bankaufsicht hierfür zuständig ist. Alle anderen erwähnten Unternehmen findet man natürlich auch durch Suche im Internet und kombiniert das noch mit dem Wohnort. Insbesondere in Großstädten werden so etliche aufgelistet.
Erster Blick auf die langweiligste Seite der Firma
Klickt man auf die Seite eines Unternehmens, sollte man zunächst auf das Impressum schauen. Hier müssen die beschriebenen rechtlichen Erlaubnisse aufgeführt sein und man erkennt, welche Geschäftsfelder angeboten werden (Finanzanlagenvermittlung, Versicherung, Vermögensverwaltung, Honorarberatung, Immobiliardarlehensvermittlung). Erst wenn die angebotenen Geschäftsfelder zu den persönlichen Zielen und Wünschen passen, lohnt ein längerer Blick auf die Seite.
Es gibt auch Firmen, die lediglich kurze Erläuterungen zu Finanzthemen anbieten und dann über eine App oder eine Verlinkung direkt zu angeschlossenen Banken weiterleiten. Hierfür benötigt man keine finanzrechtlichen Erlaubnisse, also findet man auch nichts im Impressum. Von solchen Anbietern ist Einsteigern ebenso abzuraten wie von Videos der „Erklärer“ ohne jegliche Reputation im Finanzbereich. Auf Youtube gibt es allerdings auch genügend Videos von bekannten, seriösen Adressen, die auch für ihre Informationen haften. Investmentgesellschaften wie Flossbach von Storch, ACATIS, DJE oder Clartan sind dort genauso zu finden wie verschiedene Verbraucherschutzorganisationen
Eigenengagement ist immer notwendig
Allen Anlegern ist zu empfehlen, sich beim Beginn des Vermögensaufbaus zumindest ein wenig mit der ausreichend vorhandenen Literatur zu beschäftigen und sich über Aktien, Anleihen, aktive und passive Fonds und Zertifikate zu informieren. Zu jedem Thema gibt es einfach gehaltene Einstiegsliteratur. Sie ist nicht teuer und ein paar Stunden sind gut investiert, schließlich geht es um die finanzielle Zukunft. Wer es etwas günstiger haben will, findet auch immer etwas auf der Seite der Stiftung Warentest. Im „Shop“ finden sich aktuelle Informationsschriften zur Geldanlage und einzelnen Segmenten.
Selektiv vorgehen, Warnungen beachten
Leider gibt es im Finanzbereich auch unseriöse Anbieter. Daher sollte wenigstens ein Blick auf die Internetseite der BaFin geworfen werden. Unter der Rubrik „Verbraucher“ gibt es auch das Feld „Warnungen & Aktuelles“. Auch die Stiftung Warentest stellt eine „Warnliste Geldanlage“ zur Verfügung. Auf www.verbraucherzentrale.de finden sich ebenfalls Hinweise, um frühzeitig Warnsignale zu erkennen. Trauen Sie sich auch, nach Qualifikationen und Zertifizierungen zu fragen. Prüfungszertifikate von anerkannten Institutionen wie der IHK oder beispielsweise der Frankfurt School of Finance sind nachprüfbar.
Kostenlose Videos genügen nicht
Eine qualitative Beratung hat natürlich ihren Preis. Auch für entsprechende Literatur oder eine persönliche Fortbildung in Form eines Seminars muss man Geld ausgeben. Es sollte außerdem selbstverständlich sein, dass man mehr als ein Gespräch mit einem oder mehreren möglichen Beratern führt, bis man sich entscheidet. Der Gesprächspartner sollte allerdings auch Gelegenheit bekommen, sich auf das Gespräch vorzubereiten. Daher sollte er vorab ein paar grundlegende Informationen zur Person, zum Vermögensstatus sowie zu den relevanten Zielen und Wünschen erhalten.
Wer glaubt, dass man zum Einstieg ausschließlich mit kostenlosen Videos mit Standardinformationen, in Eigenregie, mit App-basierten Handelstools ohne disziplinierten Ansatz oder mit „Day-Trading“ einen stabilen Vermögenszuwachs erreichen kann, dem ist nur viel Glück zu wünschen.
Gastautor Andreas Görler ist Senior-Wealth-Manager und zertifizierter Fachmann für nachhaltige Investments, bei der -Wellinvest- Pruschke & Kalm GmbH in Berlin,
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