Geburtenrate und Kinderwunsch: Fertility Gap wächst

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18. September 2025

Geburtenrate und Kinderwunsch: Fertility Gap wächst

Zwischen Geburtenrate und Kinderwunsch wird in Deutschland die Differenz größer, wie aktuelle Zahlen zeigen.

Der sogenannte Fertility Gap entsteht, weil einerseits der Kinderwunsch stabil bleibt, aber die Geburtenrate pro Frau sinkt. Das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) hat in einer Pressemitteilung auf einen deutlichen Rückgang der Geburtenrate hingewiesen, während die gewünschte Kinderzahl konstant bleibt.

Zwischen 2021 und 2024 fiel die zusammengefasste Geburtenziffer je Frau. Beide Geschlechter wünschen sich allerdings im Schnitt mehr Kinder. Zugleich planen insbesondere 30- bis 39-Jährige seltener, in absehbarer Zeit ein Kind zu bekommen. Die Befunde deuten somit derzeit eher auf Aufschub als auf sinkende Familienorientierung hin.

Kurzfristige Geburtenplanung ist rückläufig

Die BiB-Auswertung zeigt: Die Geburtenrate sank von 2021 bis 2024 von 1,58 auf 1,35 Kinder je Frau. Die gewünschte Kinderzahl blieb dagegen stabil (Frauen 1,76; Männer 1,74). Dadurch vergrößerte sich die Fertility Gap. Unter den Frauen liegt sie aktuell bei 0,41. Für 2024 bestätigt Destatis die zusammengefasste Geburtenziffer von 1,35. Die kurzfristige Geburtenplanung ist rückläufig: Der Anteil der 30- bis 39-Jährigen, die innerhalb der nächsten drei Jahre ein (weiteres) Kind planen, sank von 2021 bis 2024 bei den Frauen von 28 auf 24 Prozent und bei den Männern von 28 auf 25 Prozent. Grundlage ist das familiendemografische Panel FReDA mit halbjährlichen Befragungen repräsentativ ausgewählter Personen von 18 bis 52 Jahren in Deutschland. So lassen sich Entwicklungen bei Kinderwunsch und Geburtenplanung zeitnah beobachten.

Gefühlte Unsicherheit

Als Treiber des Aufschubs verweisen die BiB-Forscher auf eine subjektiv erhöhte Unsicherheit, die auch in unserem Land zu beobachten ist. Infolge multipler Krisen und vielschichtiger Herausforderungen (zum Beispiel Pandemie, Ukraine-Krieg, Klimawandel, Inflation, Wirtschaftskrise) bestehen nach wie vor unklare wirtschaftliche wie persönliche Rahmenbedingungen. Darauf reagieren auch die Deutschen mit Blick auf ihren Kinderwunsch ganz individuell. Verlässliche Kindertagesbetreuung, bezahlbarer Wohnraum und politische Handlungsfähigkeit werden in diesem Kontext häufiger als zentrale Hebel benannt.

Zusammenfassend lässt sich sagen: die Geburten sinken zwar, aber der Kinderwunsch hierzulande bleibt stabil. Dennoch wächst die Lücke zwischen Wunsch und Realität. Die Ergebnisse der Demografen sprechen also für einen – zumindest zeitweisen – Aufschub von Geburten. Damit bleibt der Fertility Gap gleichermaßen ein sozialer Befund wie eine gesellschaftliche Herausforderung.