Urlaubsgeld – sonnige Aussichten nur für die Hälfte
Urlaubsgeld wünschen sich viele Beschäftigte. Doch aktuell profitiert nur knapp die Hälfte der Arbeitnehmer von dieser zusätzlichen Gratifikation.
Urlaubsgeld wird üblicherweise mit dem Juni- oder Juli-Gehalt ausgezahlt. Es hilft vielen Menschen, ihre sommerliche Auszeit zu finanzieren. Fast jeder zweite Tarifbeschäftigte in Deutschland kann sich über dieses Polster auf dem Konto freuen. 2024 liegt der Anteil der Beschäftigten, die Urlaubsgeld erhalten, stabil bei 46 Prozent.
Aktuelle Zahlen zeigen jedoch signifikante Unterschiede nach Tarifbindung, Regionen und Branchen. Dafür hat das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung die Angaben für ein Jahr von fast 68.000 Beschäftigten ausgewertet und veröffentlicht.
Tarifbindung ist entscheidend
Ein bestehender Tarifvertrag erhöht die Chance auf Urlaubsgeld. In tarifgebundenen Betrieben der Privatwirtschaft erhalten 74 Prozent der Beschäftigten diese Sonderzahlung. Das ist verglichen mit nur 36 Prozent in Betrieben ohne Tarifvertrag ein mehr als doppelt so hoher Anteil. Diese Diskrepanz unterstreicht die Vorteile von Tarifverträgen, insbesondere wenn sie neben höheren Grundgehältern auch zusätzliche Leistungen wie das Urlaubsgeld bieten. Allerdings geht die Tarifbindung seit den 1990er Jahren in Deutschland deutlich zurück. So gilt ein Tarifvertrag laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) nur noch für knapp die Hälfte aller Beschäftigten (49 Prozent). In der reinen Privatwirtschaft liegt die Quote bei 42 Prozent.
Regionale Unterschiede
Deutliche regionale Unterschiede zeigt ein Vergleich zwischen alten und neuen Bundesländern, den das Statistische Bundesamt angestellt und online veröffentlicht hat. Beschäftigte in den westlichen Bundesländern erhalten durchschnittlich 1.692 Euro Urlaubsgeld, während es in den östlichen Ländern nur 1.196 Euro sind. Diese enorme Differenz von rund 41,5 Prozent oder 496 Euro spiegelt die anhaltenden Lohnunterschiede zwischen Ost und West wider.
Das Urlaubsgeld variiert ebenso signifikant nach Branchen. Die Unterschiede reflektieren dabei unter anderem die wirtschaftliche Lage und die Tarifstrukturen der einzelnen Branchen. So wird bei Informationsdienstleistern das höchste Urlaubsgeld (3.769 Euro) gezahlt. Doch davon profitiert jedoch lediglich ein gutes Drittel, denn nur 35,4 Prozent zählen in diesem Segment zu den Tarifbeschäftigten. Sehr gering fallen die sommerlichen Zahlungen generell in der Landwirtschaft mit nur 361 Euro oder im Hotel- und Gaststättengewerbe aus. So erhalten Angestellte in sächsischen Hotels oder Gaststätten lediglich 195 Euro Urlaubsbonus beziehungsweise landwirtschaftlich Beschäftigte in Mecklenburg-Vorpommern gerade einmal 186 Euro.
Indikator für die Lohnangleichung
Trotz einer relativ stabilen Verbreitung des Urlaubsgeldes bleiben regionale und branchenspezifische Ungleichheiten eine Herausforderung. Dies gilt auch mit Blick auf eine anhaltende Diskussion um Tarifbindung und Lohnangleichung zwischen Ost und West. Urlaubsgeld ist zugleich ein Indikator für die Qualität der Arbeitsbedingungen und für das Thema Gerechtigkeit auf dem Arbeitsmarkt. Doch es ist auch mehr als nur eine angenehme Arbeitgeberleistung. Zusätzlich kann es die Belegschaft motivieren oder auch für Bewerber ein interessantes Zusatzargument darstellen.
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