Bringt Bildung mehr Einkommensgerechtigkeit?
Einkommensgerechtigkeit hängt mit Bildung zusammen. Da lohnt ein Blick vor allem auf Hochqualifizierte. Darauf deuten Ergebnisse einer aktuellen Studie hin.
„Non vitae, sed scholae discimus.” Auf Deutsch: „Nicht für das Leben, sondern für die Schule lernen wir.“ Die ursprüngliche Formulierung dieses Zitats geht auf den römischen Philosophen Seneca zurück. Meist wird das Zitat jedoch im falschen Kontext verwendet beziehungsweise zweckgebunden „umgedreht“. So heißt es dann: „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.“ Doch Seneca hatte in einem Brief an seinen Sohn bewusst das Schulwesen seiner Zeit kritisieren wollen. In einer guten Bildung sah der Philosoph einen Schlüssel für ein erfülltes und steuerbares Leben. Auch heutzutage üben Schule beziehungsweise Bildung einen immensen Einfluss auf das Leben aus. Das gilt insbesondere mit Blick auf das individuelle Einkommen, wie eine Studie zeigt.

Die Bedeutung des Faktors Bildung für die Einkommensgerechtigkeit hat in den zurückliegenden 25 Jahren zugenommen. Allerdings war der Einfluss zwischenzeitlich auch schon mal etwas höher. Mittlerweile basieren zwölf Prozent der Einkommensunterschiede hierzulande auf unterschiedlichem Bildungsniveau. 1995 waren es nur neun Prozent. Insbesondere für die Hochqualifizierten und damit in der Regel Besserverdienende ist die Einkommensgerechtigkeit gestiegen. Den Grund dafür sehen die Experten im zunehmenden Fachkräftemangel in ausgewählten Branchen. Dadurch dürften Lohnanreize noch relevanter für die Besetzung hochqualifizierter Stellen geworden sein.
Alter und Herkunft haben nur geringeren Einfluss
Eine weit weniger wichtige Rolle für spätere Einkommen scheinen hingegen Altersstruktur und Herkunft – sprich Migrationshintergrund – zu spielen. Für beide Faktoren beziffert die Studie den Einfluss auf Ungleichheit mit weniger als drei Prozent. Allerdings gab es insbesondere wegen der Zuwanderungswellen und der damit verbundenen Integration im Zeitverlauf Schwankungen. Das sind einige der zentralen Aussagen der vom Institut der deutschen Wirtschaft für den hauseigenen Verteilungsreport initiierten Studie. Bei der Bildung könnte die deutsche Politik also ansetzen, wenn sie für mehr Einkommensgerechtigkeit sorgen möchte. Das allerdings ist keine ganz neue Erkenntnis.
Zwei Kennziffern zum Vergleich
Die Wissenschaftler zogen zur Beurteilung der Einkommensgerechtigkeit zwei Verfahren beziehungsweise Messgrößen heran. Das ist zum einen der bekannte Gini-Koeffizient. Hat dieser den Wert „0“, sind alle Einkommen gleich. Je mehr er sich der „1“ nähert, desto höher die Einkommensunterschiede. Hinzu kommt bei dieser Studie der nach einem niederländischen Ökonom benannte Theil-Index. Dieser „schaut“ doppelt hin. Erstens wird die Ungleichheit innerhalb einer Gruppe erfasst. Zweitens ermittelt dieser Index auch, wie stark die Ungleichheit zwischen verschiedenen Gruppen ist. Insgesamt kann der Theil-Index auch Werte außerhalb von Null bis Eins abbilden. Auch hier gilt: je höher der Wert, desto größer die Einkommensungleichheit.
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