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    Demographie

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    Demographie | 15.4.2015 Drucken

    Warum arbeiten Menschen im Rentenalter?

    Die Gründe und Bedingungen für eine Erwerbstätigkeit über das Renteneintrittsalter hinaus untersuchten Dr. Christian Pfarr und Dr. Christian Maier von der Universität Bayreuth im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA).

    Das DIA erkundigte sich bei Dr. Christian Pfarr nach dem Stand ihrer Analysen und nach einer ersten Einschätzung zur Ausgangslage.

    Dr. Christian Pfarr - Warum arbeiten Menschen im Rentenalter?Eigentlich sollte wegen der unübersehbaren Alterung der Gesellschaft weitgehend Einmütigkeit darüber herrschen, dass unsere Wirtschaft immer stärker auch auf die Erfahrung und Arbeitskraft älterer Menschen setzen muss. Die öffentliche Wahrnehmung liefert allerdings ein anderes, ein widersprüchliches Bild.

    Das ist wahr, eine steigende Zahl Erwerbstätiger über 65 Jahren wird nicht selten als Indiz für zunehmende Altersarmut interpretiert und gleichgesetzt mit einem Versagen der sozialen Sicherungssysteme. Salopp formuliert: immer mehr Rentner müssten arbeiten, weil die Rente zum Leben nach den vielen Reformen nicht mehr reicht. Eine völlig andere Sichtweise vertritt hingegen zum Beispiel die Europäische Kommission, die eine längere Lebensarbeitszeit empfiehlt, um die sozialen Sicherungssysteme demografiefest zu machen. Es findet alles in allem also eine recht kontroverse öffentliche Diskussion statt, obwohl die tatsächlichen Hintergründe, weshalb Personen trotz Ruhestands einer Erwerbsarbeit nachgehen, bis heute weitgehend im Dunkeln liegen. Genau das sind Anlass und Motivation für die Studie. Diese soll die Gründe und Bedingungen für eine verlängerte Erwerbstätigkeit ermitteln und die öffentliche Diskussion auf eine verlässliche Faktengrundlage stellen.

    Gab es dazu bislang noch keine wissenschaftlichen Erhebungen?

    Genau das haben wir uns in der Vorbereitung näher angeschaut und dabei festgestellt, dass die Faktoren, die erwerbstätige Rentner von denjenigen Rentnern unterscheiden, die nicht erwerbstätig sind, auch in der vorliegenden empirischen Literatur kontrovers dargestellt werden. Es gibt zum Teil recht unterschiedliche Untersuchungsergebnisse und theoretische Ansätze. Allerdings erfolgt in keiner dieser Studien eine umfassende Bestimmung der Determinanten verlängerter Erwerbstätigkeit mit ausreichenden Stichprobengrößen und umfassender Variablenauswahl. Es zeichnet sich also eine Forschungslücke ab.

    „Bildung spielt positive Rolle für die Verlängerung der Erwerbstätigkeit.“ Dr. Christian Pfarr

    Aber selbst wenn eine Gesamtschau auf die Motive und Bedingungen für eine Weiterbeschäftigung im Ruhestand bislang fehlt, so sind doch sicherlich einzelne Zusammenhänge schon erforscht worden. Welche sind Ihnen bei der Sondierung der Studien aufgefallen?

    Bildung spielt zum Beispiel in einigen Studien eine positive Rolle für die Verlängerung der Erwerbstätigkeit. So unterscheiden sich nicht erwerbstätige und erwerbstätige Rentner oft hinsichtlich ihres Bildungsniveaus. Letztere weisen nicht selten einen höheren Bildungsgrad auf. Das ist besonders interessant, da in Deutschland die in Rente gehenden Generationen über ein immer höheres Bildungsniveau verfügen. Wiesen im Jahr 2004 nur 19,7 Prozent der 55- bis 74-Jährigen einen tertiären Bildungsabschluss auf, so stieg dieser Anteil auf 24,8 Prozent bis zum Jahr 2013. Allerdings lagen bei mehreren dieser Untersuchungen nur sehr selektive und nicht repräsentative Stichproben zugrunde, so dass die Aussagen nur bedingt verallgemeinerbar sind. Darüber hinaus haben wir in anderen Studien gegensätzliche Ergebnisse vorgefunden, wonach höher gebildete Menschen seltener das Bedürfnis geäußert haben, auch nach Erreichen des Renteneintrittsalters weiter zu arbeiten. Dieser Gegensatz illustriert augenfällig die eben erwähnte Forschungslücke.

    „Bei vielen erwerbstätigen Rentnern dominieren eher immaterielle Gründe.“ Dr. Christian Pfarr

    Sie haben in- und ausländische Studien ausgewertet. Sind Ihnen Besonderheiten bei den deutschen Untersuchungen aufgefallen?

    Aktuelle deutsche Studien weisen meist sehr kleine Stichprobengrößen auf. Einige Autoren stellten fest, dass Rentner mit einer geringen gesetzlichen Rente eher arbeiten als jene mit einer hohen Rentenzahlung, woraus ein Zusammenhang zwischen Bildung und Erwerbseinkommen sowie der daraus resultierenden Rentenhöhe abgeleitet wurde. Zu diesen Untersuchungen ist jedoch kritisch zu bemerken, dass durch die einseitige Betrachtung des Haushaltseinkommens weitere wichtige Faktoren wie zum Beispiel das Haushaltsvermögen als Einflussgrößen fehlen. Darüber hinaus zeigen andere Studien für Deutschland, dass bei den meisten Erwerbstätigen im Rentenalter eher immaterielle Gründe dominieren. Für Frauen trifft dies aber wiederum nicht zu. Sie geben an erster Stelle den monetären Hinzuverdienst als äußerst wichtigen Punkt an, „sinnvolles Tun“ hingegen erst an zweiter Stelle. Bei Männern ist es umgekehrt. Frauen gehen eher abhängigen Beschäftigungen nach, bei Männern dominiert die Selbständigkeit. All diese zum Teil widersprüchlichen Aspekte zeigen, dass eine Gesamtbetrachtung dringend geboten ist.

    „Das Sozio-oekonomische Panel eignet sich gut für unsere Auswertungen.“ Dr. Christian Pfarr

    Eine solche Gesamtbetrachtung ist das Ziel der zweiten Stufe Ihrer Untersuchungen. Wie wollen Sie dabei vorgehen?

    Für unsere Analyse nutzen wir die Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). Das SOEP besteht aus jährlichen Befragungen zufällig ausgewählter deutscher Haushalte seit dem Jahr 1984. Dabei werden über den Befragungszeitraum hinweg die gleichen oder sehr ähnliche Fragen zu den essentiellen Interessenfeldern der soziologischen, ökonomischen sowie politischen Forschung gestellt. Auf diese Weise erhält die Wissenschaft umfangreiche Daten zum Beispiel zu Bildung, Beschäftigung, Einkommen und Gesundheit. Das SOEP ist ein Längsschnittdatensatz, der sich zur Analyse der Determinanten verlängerter Lebensarbeitszeit besonders gut eignet, da auch die direkten Handlungen, die aus Entscheidungen für oder gegen Erwerbstätigkeit im Ruhestand resultieren, beobachtet werden können. Auch der durchschnittliche Zeitraum, in dem die Deutschen noch erwerbstätig bleiben, kann somit betrachtet werden. Ebenso die Einflussfaktoren, die zur Aufgabe der Erwerbstätigkeit führen.

    „Wir wollen zur Versachlichung der aktuellen Diskussion beitragen.“ Dr. Christian Pfarr

    Bisherige Studien haben Sie wegen der zu kleinen Stichproben kritisiert. Daher drängt sich die Frage auf: Wie groß ist der Datensatz, den Sie untersuchen?

    Nach der Festlegung auf die relevanten Variablen, die wir untersuchen wollen, und der Eingrenzung auf den Zeitraum von 1995 bis 2012, dem aktuellsten verfügbaren Berichtsjahr, ergibt sich eine Beobachtungszahl von insgesamt 457.794 Individuen. Diese Auswahl ist ausreichend groß und verhindert, dass der Startzeitpunkt der Studie mit einer Rentenreform zusammenfällt. In einem zweiten Schritt haben wir den Datensatz auf Befragte im Alter von 60 Jahren und darüber reduziert. Dadurch ist gewährleistet, dass trotz abschlagsfreiem Zugang zur Rente nahezu alle Ruheständler im Datensatz erfasst sind. Aus der sich daraus ergebenden Anzahl von 99.487 Personen haben wir dann all jene herausgefiltert, die sich bereits im Ruhestand befinden. Das sind 68.280 Personen. Diese Stichprobe werden wir auswerten.

    Wann liegen die Ergebnisse vor?

    Bis zum Ende des Jahres. Wir wollen damit zur Versachlichung der aktuellen politischen Diskussion beitragen, die derzeit zum Beispiel im Zusammenhang mit der geplanten Flexirente geführt wird. Eine Gruppe von Parlamentariern und Fachbeamten sondiert ja seit einigen Monaten die Möglichkeiten, wie ältere Menschen länger im Erwerbsleben gehalten werden können. Dazu wollen wir belastbare Fakten beisteuern.

    Die Fragen stellte Klaus Morgenstern.

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