Covid-19: Übersterblichkeit regional verschieden

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17. Juni 2025

Covid-19: Übersterblichkeit regional verschieden

Die COVID-19-Pandemie hat in Europa gesundheitspolitische Schwächen beziehungsweise Lücken in der allgemeinen Gesundheitsversorgung offengelegt. Das zeigt sich auch in den teils erheblichen regionalen Unterschieden bei der Übersterblichkeit. 

Eine Analyse des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) gemeinsam mit dem französischen Nationalinstitut für Bevölkerungsforschung und dem Max-Planck-Institut für demografische Forschung zeigt auf Basis von Daten aus 569 Regionen in 25 Ländern, wie ungleich die Übersterblichkeit in den Jahren 2020 und 2021 tatsächlich ausfiel. Als Maßstab wurde die Veränderung der Lebenserwartung herangezogen. Diese ist laut den Forschern ein robuster, altersstandardisierter Indikator für pandemiebedingte Sterblichkeit.

Manche Regionen wie Island, Norwegen oder Teile Deutschlands verzeichneten nahezu keine Rückgänge in der Lebenserwartung. Andere wiederum verloren innerhalb eines einzigen Jahres bis zu vier Lebensjahre. Dazu zählen etwa Norditalien, Polen, Ungarn und Tschechien. Die Spannweite der Übersterblichkeit lag europaweit bei rund sechs Jahren. Diese Zahlen verdeutlichen die enorme Bandbreite der gesundheitlichen Auswirkungen von COVID-19. Interessanterweise variieren die Ergebnisse nicht nur zwischen den Ländern, sondern auch innerhalb einzelner Staaten.

Übersterblichkeit verlagerte sich geografisch im Zeitverlauf

Zwischen den beiden untersuchten Jahren 2020 und 2021 zeigte sich eine deutliche geografische Verschiebung der Übersterblichkeit. 2020 waren stark urbanisierte Regionen in West- und Südeuropa besonders betroffen. Darunter fielen Norditalien, Zentralspanien und Teile Frankreichs. Im Jahr 2021 hingegen verlagerte sich die pandemiebedingte Übersterblichkeit zunehmend in osteuropäische Länder wie Polen, Tschechien, Ungarn oder die Slowakei. Auffällig war dabei insbesondere der massive Rückgang der Lebenserwartung in Tschechien im Jahr 2021. Hier betrug der Verlust bis zu vier Jahre im Landesdurchschnitt.

Deutschland kam im internationalen Vergleich relativ glimpflich davon: Im Jahr 2020 sank die durchschnittliche Lebenserwartung lediglich um etwa 0,2 Jahre. Im Jahr 2021 kamen nochmals rund 0,3 Jahre dazu. Doch auch hierzulande zeigt sich ein deutliches regionales Gefälle. Besonders Regionen in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt waren überdurchschnittlich stark betroffen. Dort fiel die Lebenserwartung stärker als im westlichen Bundesgebiet, wo viele Regionen von gravierenden Rückgängen verschont blieben.

Faktoren für regionale Unterschiede

Die Ursachen für die ungleiche Übersterblichkeit sind vielfältig. Unterschiede in der Impfquote, die Altersstruktur der Bevölkerung, Vorerkrankungen, die Qualität des Gesundheitssystems sowie das politische Krisenmanagement trugen erheblich zur regionalen Ausprägung bei. Auch sozioökonomische Bedingungen spielten eine Rolle. Dazu gehören etwa der Anteil prekärer Beschäftigung oder Wohnverhältnisse. Letztlich macht die Analyse eines deutlich: Die Pandemie wirkte nicht als großer „Gleichmacher“, sondern als Verstärker bereits bestehender Ungleichheiten in sozialen wie gesundheitsbezogenen Systemen. Zu dieser Studie gibt es eine interessante Online-Applikation mit weiteren Details und Auswahlmöglichkeiten für die Dateneingrenzung.