Börsenjahr 2025 – mehr Chancen als Risiken

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07. Januar 2025

Börsenjahr 2025 – mehr Chancen als Risiken

In schwierigen Situationen wünschen sich viele Menschen einen roten Faden – ein Motto, an dem sie sich orientieren können. Das gilt auch für sehr viele Anleger.

Zum Beispiel das Motto „Lege nie alle Eier in einen Korb“, was so viel heißt wie „Streue Dein Kapital und setze nie alles auf eine Aktie“. „Sell in May and go away“ ist auch so ein Spruch oder „Greife nie in ein fallendes Messer“, also setze nicht auf eine Aktie, die fällt, denn sie wird unter Umständen noch weiter fallen. Doch unter welchem Motto könnte das neue Börsenjahr 2025 stehen?

Ein mögliches wäre: „Diversifikation bringt den Erfolg“. Nun, es ist nur ein Vorschlag, am Ende weiß natürlich niemand, wie sich das neue Jahr entwickeln wird. Das weiß man naturgemäß immer erst im Nachhinein. 2024 stand unter dem Titel „Trotz vieler negativer Einflüsse, sei es Politik, Geopolitik oder die Wirtschaft in Deutschland – die Börse ging nach oben“, weil die Kurse trotz durchwachsener Wirtschaftsdaten und großer politischer Unsicherheiten gestiegen sind. Aber einfach war es im Portfoliomanagement nicht, es gab viele Tage, an denen die Kapitalmärkte wirklich starkem Druck ausgesetzt waren. Doch zurück zu 2025. Also: „Eine gute Diversifikation bringt den Erfolg“.

Börsenausblick: Zinssenkungszyklus hält an

Dass die Börse zwar schwanken wird, sich aber wieder einpendelt, dafür spricht vor allem der anhaltende Zinssenkungszyklus diesseits und jenseits des Atlantiks. Fakt ist: Fallende Zinsen sind erst einmal gut für Aktien. Zinsen sind der natürliche Konkurrent zu Aktien.  Sie werden im neuen Jahr wohl tendenziell weiter fallen. Kurzfristig könnten jedoch die von Donald Trump angekündigten Handelszölle inflationär wirken, da sie die Preise künstlich verteuern. Mittelfristig ändert das aber wenig an der Entwicklung fallender Zinsen. Zumal Trump ja auch noch die Ausweitung der Öl– und Gasförderung im Blick hat. Das muss man nicht gutheißen, wirkt aber unter dem Strich der Inflation entgegen. Grundsätzlich spricht das Umfeld also für Aktien. Zwar gibt es noch weitere Faktoren, die die Aktienkurse beeinflussen, doch das Zinsniveau ist eine zentrale Größe. Wenn die stimmt, ist die Großwetterlage sozusagen schon mal grob auf heiter bis sonnig festgelegt.

Stärkung der traditionellen Industrie auf der Agenda

Kommen wir zur Diversifikation. Was ändert sich und warum? Auslöser könnte die trumpsche Wirtschaftspolitik sein. Auch wenn noch nicht im Detail feststeht, was Trump alles so verabschiedet, das Motto seiner Politik steht aber fest: „Make America great again“. Das umfasst unter anderem eine Reindustrialisierung der US-Wirtschaft. „Mehr Rust Belt, weniger Silicon Valley“ ist auch so ein Motto, das Trump zwar nicht ausgesprochen hat, das man ihm aber gut unterstellen könnte. Rust Belt, das ist der fiktive Industriegürtel, der sich von Chicago über Detroit und Pittsburgh bis nach New York erstreckt. Hier sind viele traditionelle Industrieunternehmen angesiedelt, die Autos, Maschinen und chemische Produkte herstellen. Dieser Gürtel ist in den zurückliegenden Jahrzehnten ausgeblutet.

Die Umstellung der US-Wirtschaft auf Dienstleistungen und die Verlagerung der Wertschöpfung auf Hightech, die häufig an der Westküste angesiedelt ist – Microsoft etwa hat seinen Hauptsitz in Redmond bei Seattle – hat den Rust Belt zwar nicht in die Bedeutungslosigkeit geführt, aber arg zugesetzt. Die Arbeitslosigkeit ist in den betroffenen Städten häufig sehr hoch. Trost- und Hoffnungslosigkeit herrschen vor. Nicht von ungefähr konnte Trump gerade in dieser Region viele Wähler für sich gewinnen. Damit wären die Veränderungen im Großen skizziert, die uns auch an der Börse in den kommenden Monaten erwarten könnten. Klassische Industrieunternehmen, die in den 70- und 80er-Jahren unser Bild der US-Wirtschaft geprägt haben, könnten am Aktienmarkt wieder ein Comeback feiern.

Comeback der Nebenwerte?

Ein Comeback könnten aber auch die vielen Nebenwerte am US-Aktienmarkt feiern. Unternehmen, die stark inlandsorientiert arbeiten, kleinere bis mittelgroße Industriefirmen, Konsumwerte und so weiter. Sie profitieren von der trumpschen Abschottungspolitik, da Handelszölle sie vor ausländischer Konkurrenz schützen. Die Veränderung an der US-Börse dürfte sich auch in Europa bemerkbar machen. Auch hier könnten klassische Industriewerte, Konsum- und Nebenwerte verstärkt nachgefragt werden. „Eine gute Diversifikation bringt Erfolg“ – auch 2025 könnte wieder ein gutes Börsenjahr werden.


Gastautor Dr. Markus C. Zschaber ist Gründer der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft in Köln.