Absprung aus dem Bürgergeld ist machbar
Ihre Position zum Bürgergeld hat der CDU bei der Europawahl mit zum Erfolg verholfen. Folgerichtig spielt sie die Karte auch nach der Wahl weiter. Aber es braucht mehr als nur das Lohnabstandsgebot, um Bürgergeldempfänger zurück in Arbeit zu holen.
88 Prozent der Unionwähler gaben an, dass sie es gut finden, dass sich CDU/CSU für Verschärfungen beim Bürgergeld einsetzen. Die jüngsten kräftigen Erhöhungen des Bürgergeldes, dessen Abstand zu den Einkommen von Geringverdienern und die unzufriedenmachende Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess sind heftig diskutierte Themen. Dabei zeigte eine in dieser Woche veröffentlichte Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dass die Rückkehr ins Arbeitsleben durchaus vorangetrieben werden kann mit geeigneten Mitteln.
So schaffte gut die Hälfte der durch das Instrument „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ Geförderten nach Förderende den Absprung in eine ungeförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Die meisten finden einen Job bei demselben Arbeitgeber, der sie bereits während der Förderung beschäftigte. 14 Monate nach Förderende sind 53 Prozent der ehemals Geförderten in regulärer, ungeförderter Beschäftigung. Zudem weisen die Geförderten um etwa 33 Prozentpunkte höhere Quoten in Beschäftigung auf als vergleichbare Langzeitarbeitslose, die im selben Zeitraum keine Förderung erhielten. Von der Förderung profitieren besonders Langzeitarbeitslose ohne Berufsabschluss sowie Personen mit besonders schlechter Beschäftigungshistorie. Das sind zwei Gruppen, die am Arbeitsmarkt ausgeprägte Schwierigkeiten haben.
Mehrheit übt anspruchsvolle Tätigkeiten aus
Auch hinsichtlich der Beschäftigungsqualität schneidet das Instrument insgesamt gut ab, was sich zum Beispiel am Tätigkeitsniveau der regulären Beschäftigung zeigt. Unter den ehemals Geförderten in einer nun ungeförderten Beschäftigung arbeiten 14 Monate nach Förderende rund 39 Prozent in einem Job mit Helfer- oder Anlerntätigkeiten. Diese erfordern in der Regel keine oder nur geringe Fachkenntnisse und können daher oft ohne formale Qualifikation ausgeübt werden. Mit 52 Prozent übt die Mehrheit jedoch fachlich ausgerichtete Tätigkeiten aus, die fundierte Fachkenntnisse und Fertigkeiten erfordern und daher oft eine berufliche Ausbildung voraussetzen. Ein deutlich geringerer Anteil von etwa neun Prozent hat sogar eine ungeförderte Beschäftigung mit komplexen Spezialisten-Tätigkeiten beziehungsweise hoch komplexen Tätigkeiten. Für diese Jobs sind in der Regel eine Techniker- oder eine Meisterausbildung oder ein Hochschulstudium erforderlich.
Vollzeitbeschäftigung über Mindestlohn
Im Durchschnitt verdienen ehemals Geförderte in einer regulären Beschäftigung 14 Monate nach Förderende knapp 1.600 Euro brutto pro Monat. Dieser Wert braucht allerdings eine Relativierung: Fast die Hälfte von ihnen arbeitet in Teilzeit. Das liegt deutlich über dem Anteil der Teilzeitbeschäftigten in der erwerbstätigen Bevölkerung insgesamt. Betrachtet man nur Vollzeitbeschäftigte, beträgt das mittlere Brutto-Monatsentgelt gut 1.900 Euro. Das liegt etwas über der Entlohnung nach dem zum Beobachtungszeitpunkt geltenden gesetzlichen Mindestlohn bei Vollzeitbeschäftigung.
Es wird daher nicht genügen, beim Bürgergeld allein die Höhe zu thematisieren. Stattdessen muss das Doppel aus Fördern und Fordern wieder gelten. Dazu gehören Instrumente, die gerade bei verfestigter Arbeitslosigkeit und gewohnter Alimentierung ansetzen.
Bei dem Instrument „Eingliederung von Langzeitarbeitslosen“ handelt es sich um einen Lohnkostenzuschuss im Rechtskreis des Sozialgesetzbuchs II. Er kommt für Langzeitarbeitslose in Frage, die eine Arbeitslosigkeitsdauer von mindestens zwei Jahren aufweisen. Im ersten Jahr der Förderung erhalten Arbeitgeber, die förderberechtigte Langzeitarbeitslose einstellen, 75 Prozent der zu berücksichtigenden Lohnkosten vom Jobcenter. Im zweiten und letzten Jahr der Förderung beträgt der Anteil 50 Prozent.
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