Erben streiten oft um den Wert einer Immobilie

Tohuwabohu in vielen Erbengemeinschaften um den Wert der Immobilie: Das Finanzamt setzt ihn gern hoch an, die Bank bewertet das Haus mit Null. Der Makler liegt noch über dem Wert des Finanzamts und der Sachverständige irgendwo dazwischen.

Wenn Erben sich Gedanken darüber machen, ob sie die Familienimmobilie veräußern sollen und wenn ja zu welchem Preis, ist Streit programmiert. Oft halten auch noch die Pflichtteilsberechtigten die Hand auf – mit jeweils eigenen Vorstellungen zum Immobilienwert.

Es gibt viele Gründe, weshalb sich Erben nicht auf einen gemeinsamen Weg bei der Auflösung der Erbengemeinschaft einigen können. Ganz oben auf der Streitskala befindet sich mit knapp 35 Prozent die gemeinsam geerbte Immobilie. Entweder bestehen zwischen den Miterben unterschiedliche Ansichten darüber, wie die Immobilie genutzt werden soll oder die Erben streiten über den Wert der Immobilie. Das ist das Ergebnis einer Studie unter 5.500 Kunden der Weilheimer Firma ErbTeilung in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Altersvorsorge.

Dazu kommt: Viele Erbengemeinschaften sehen sich Zahlungsansprüchen von übergangenen oder enterbten nahen Angehörigen ausgesetzt. Auch hier stellt sich jeweils die Frage, von welchem Immobilienwert auszugehen und auf welchen konkreten Zeitpunkt dabei abzustellen ist. Wurde die Immobilie bereits veräußert, bevor der Pflichtteilsberechtigte abgefunden wurde, ist oft unklar, ob das Wertgutachten des Sachverständigen bezogen auf den Zeitpunkt des Erbfalls oder der spätere Kaufpreis als Immobilienwert zugrunde zu legen ist.

Bundesgerichtshof spricht Machtwort

Dabei gilt auch im Erbrecht der Grundsatz, dass es für die Wertermittlung entscheidend auf den Stichtag ankommt – und zwar auf den Erbfall und nicht auf den Moment des Verkaufs. Doch wie ist zu entscheiden, wenn die Immobilie zu dem Zeitpunkt, in dem der Pflichtteilsberechtigte eine Wertermittlung zur späteren Berechnung seines Abfindungsanspruchs beantragt, bereits verkauft wurde? Macht nichts, entschied der Bundesgerichtshof, die Wertermittlung wird trotzdem durchgeführt (Az.: IV ZR 328/20).

Große Schwankungen bei Wertgutachten

In dem verhandelten Fall hatte der Erblasser ein Grundstück an mehrere Erben vererbt. Für das Grundstück gab es verschiedene Wertgutachten, die zwischen 58.000 Euro und 245.000 Euro schwankten. Die Erben veräußerten das Grundstück schließlich für 65.000 Euro. Die Tochter des Erblassers bekam als Pflichtteil rund 33.400 Euro. Dennoch wollte die Frau unabhängig von der Veräußerung den Verkehrswert des Grundstückes zum Zeitpunkt des Erbfalles ermitteln lassen. Die Erben lehnten das ab.

Verschwenderische Erben sollen ausgebremst werden

Dass das Grundstück bereits verkauft worden war, ändere an dem Anspruch nichts, befanden die Karlsruher Richter. Andernfalls könne ein Pflichtteilsberechtigter nicht nachweisen, dass der Veräußerungserlös nicht dem Verkehrswert entspricht. „Das Urteil ist aus Sicht der Praktiker zu begrüßen, denn es muss bei einem frühen Verkauf zum Beispiel gewährleistet sein, dass die Immobilie nicht weit unter Wert verramscht wurde“, sagt Betriebswirt Manfred Gabler. Würde man dem Pflichtteilsberechtigten keinen Wertermittlungsanspruch zugestehen, so der Geschäftsführer der Firma ErbTeilung weiter, hätte es die Erbengemeinschaft in der Hand, über einen geringen Verkaufserlös die Höhe von Pflichtteilsansprüchen zu regulieren. Der Pflichtteilsberechtigte tue deshalb gut daran, zunächst einmal über das Grundbuchamt Akteneinsicht zu nehmen und dort die Verkaufsurkunden durchzulesen.

Jahresgrenze beachten

Nach wie vor höchstrichterlich ungeklärt ist die Frage, ob es entscheidend auf den erzielten Kaufpreis oder das stichtagsbezogene Sachverständigengutachten ankommt. Hier könnte § 198 Absatz 3 des Bewertungsgesetzes weiterhelfen. Dort heißt es: „Als Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts kann ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Bewertungsstichtag zustande gekommener Kaufpreis über das zu bewertende Grundstück dienen, wenn die maßgeblichen Verhältnisse hierfür gegenüber den Verhältnissen am Bewertungsstichtag unverändert sind.“ Die Finanzbehörden stellen jedenfalls in der Praxis bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer regelmäßig nur dann auf einen erzielten Kaufpreiserlös ab, wenn dieser innerhalb eines Jahres nach dem Tod des Erblassers erzielt wurde.

„Werterhöhend kann es sich dann innerhalb der Jahresfrist auswirken, wenn die Immobilie nach dem Tod des Erblassers saniert, entrümpelt oder instandgesetzt wurde. Auch gestiegene Bodenrichtwerte können einen höheren Kaufpreis bewirken“, stellt Manfred Gabler von ErbTeilung klar. Diese dürften dann aber nach dem Bewertungsgesetz nicht bei der Wertermittlung zugrunde gelegt werden, weil sich die maßgeblichen Verhältnisse eben verändert haben. Deshalb dürfe die Stichtagsregelung nicht durch eine zeitliche Streckung der Verkaufsphase aufgeweicht werden. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs zu dieser Frage wäre wünschenswert.

Rollenwechsel steigert Kompromissbereitschaft

Die Fa. ErbTeilung hat gleich neun unterschiedliche Immobilienbewertungsquellen am Beispiel eines Einfamilienhauses in Bayern ausgemacht, die je nach Interessenlage zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Manfred Gabler warnt die Mitglieder der Erbengemeinschaften davor, sich angesichts der unterschiedlichen Beträge ins Boxhorn jagen zu lassen. „Immobilienbewertungen sind immer eine Momentaufnahme. Der Markt verändert sich fortlaufend und damit auch der Immobilienwert. Wenn die Erben das nicht akzeptieren, entsteht schnell Streit in den Erbengemeinschaften. Dann heißt es: Du hast doch gesagt, dass der Wert soundso hoch ist. Jetzt soll er gleich 200.000 Euro niedriger sein? Dann mach ich nicht mehr mit.“

Gabler empfiehlt jedem Erben, sich beim Immobilienwert nicht vorschnell festzulegen. Mit einem schweren Preisanker im Kopf machen sich viele Erben das Leben schwer. „Das gelingt dadurch, dass man sich in die Rolle der verschiedenen Immobilienbewerter vom Makler über den Sachverständigen bis hin zum Finanzamt hineinversetzt und dann aus der jeweiligen Perspektive fragt, was einem die eigene Immobilie jeweils wert ist. Das schafft gedankliche Flexibilität und hilft, in der Erbengemeinschaft und mit einem Käufer einen Kompromiss zu finden. Betonköpfe müssen dagegen nachsitzen und brauchen oft Jahre, bis die Erbengemeinschaft aufgelöst ist“, stellt Gabler in seiner Beratungspraxis immer wieder fest.


Neun Perspektiven auf den Immobilienwert

1. Das Nachlassgericht. Dieses lässt sich eine Vermögensaufstellung von den Erben geben, die u. a. auch die Immobilie beinhalten wird. Es ermittelt also nicht selbst den Wert, sondern übernimmt ihn laut den Angaben von einzelnen Erben. Zeitpunkt: Wenige Wochen nach dem Erbfall. Wertschätzung: 800.000 €

2. Das Finanzamt. Auf Basis eigener Bewertungsmethoden (z. B. meist Ertragswertverfahren, Einheitswert des Finanzamtes) ermittelt es den Wert und plausibilisiert damit die Angaben aus der Steuererklärung. Zeitpunkt: Nachdem die Erbschaftssteuererklärung gemacht wurde. Falls der Wert aus der Steuererklärung stark abweicht, setzt das Finanzamt seinen Wert fest. Ist der zu hoch, muss der Steuerpflichtige dagegen vor dem Finanzgericht klagen. Wertschätzung: 837.000 €.

3. Der Erbe. Der Erbe hat einen Wert im Kopf, der sich oft beim Surfen durch Vergleichswerte von ähnlichen Immobilien auf entsprechenden Portalen entwickelt hat. Zeitpunkt: Von Anfang an surft der Erbe durch entsprechende Internetangebote und nutzt auch deren Immobilienwertrechner. Wertschätzung: 950.000 €.

Wertschätzung hängt stark von der Position ab

4. Der Steuerberater. Er stellt den Wert der Immobilie steueroptimiert für den Erben dar und nutzt die für Erben vorteilhafteste Bewertungsmethode. Zeitpunkt: wenige Monate nach dem Erbfall bzw. nach Aufforderung des Finanzamtes. Wertschätzung: 780.000 Euro.

5. Die Hausbank. Sie bewertet die Immobilie eigentlich nur, wenn sie einen Auftrag zur Vermarktung durch ihre eigene Immobilien-/Maklerabteilung wittert. Eine Bewertung zum Zwecke der Beleihung zum Beispiel für ein Darlehen findet speziell bei Erbengemeinschaften überhaupt nicht statt. Die Bank wird eine Immobilie in einer Erbengemeinschaft nicht als Sicherheit akzeptieren und damit kein Darlehen für einen Erbanteil ausgeben. Wertschätzung: 0 €.

6. Der Makler. Er will in erster Linie den Auftrag an Land ziehen und suggeriert dem potenziellen Kunden Höchstpreise, die dann im Laufe der Vermarktung nach unten korrigiert werden müssen, weil sich keine Käufer für diesen Preis finden. Zeitpunkt: Start wenige Wochen nach dem Erbfall, Vermarktungshorizont mindestens exklusiv sechs Monate, danach Verlängerung nochmals um sechs Monate. Wertschätzung: 1.049.000 €, dann 999.000 €, dann 949.000 €.

Erben haben ganz unterschiedliche Motive

7. Der Miterbe. Er bewertet die Immobilie ausschließlich nach seiner eigenen individuellen Zielstellung. Will er die Immobilie selbst günstig erwerben, dann wird er sie „schlecht reden“. Beispiel: 500.000.- € . Will er die Immobile nicht selbst für sich, dann soll sie so viel wie möglich bringen. Dann klammert sich der Miterbe gern an die Mondpreise der Makler und rückt davon auch nicht ab, auch wenn der Preis völlig unrealistisch ist. Wertschätzung: 1.049.000 €.

8. Der Gutachter. Er geht nur nach klassischen Bewertungsmethoden (Ertragswert-, Sachwert-, Vergleichswertverfahren) vor. Der Gutachter berechnet jedoch auch nur den Wert als Momentaufnahme/Stichtagsbetrachtung. Morgen oder in zwei Monaten ist dieser Wert nicht mehr repräsentativ. Wertschätzung: 805.300 €.

9. Der Pflichtteilsberechtigte. Er hat einen Geldanspruch gegen die Erbengemeinschaft, der vom Wert der Immobilie abhängt. Weichen Wertgutachten stark voneinander ab, kommt es zum Streit um die Abfindungshöhe. Wertschätzung : Zwischen 400.000 € und 805.300 €.

Erwerbsminderungsrenten deutlich angestiegen

Bei den Erwerbsminderungsrenten (EM-Renten) ist im Jahr 2023 eine deutliche Zunahme zu sehen. Das hat verschiedene Ursachen und Auswirkungen.

Die Entwicklung bei den Erwerbsminderungsrenten spiegelt nicht nur veränderte Situationen der Versicherten wider, sondern auch Anpassungen im Rentensystem. Gleichzeitig befinden sich die Rentenhöhen seit Jahren in einem kontinuierlichen Aufwärtstrend. Doch welche Faktoren erklären die Zunahme der EM-Renten beziehungsweise den Anstieg der Rentenhöhen?

Laut Deutscher Rentenversicherung (DRV) stieg 2023 die durchschnittliche Höhe neu gewährter EM-Renten auf 1.001 Euro an. Das entspricht einem Plus von 51 Euro oder 5,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dieser Trend ist nicht neu. Bereits seit 2019 wachsen die Rentenleistungen deutlich. Im Vergleich zu den Rentenzugängen des Jahres 2013 stiegen die durchschnittlichen EM-Renten um knapp 390 Euro, was einer Steigerung von rund 63 Prozent entspricht. Diese Zahlen hat das DRV-Portal ihre-vorsorge.de veröffentlicht. Das Statistische Bundesamt ermittelte ebenso dafür Daten. Dabei standen auch ukrainische Flüchtlinge und deren Versorgungsanspruch im Fokus.

Psychische Erkrankungen sind am häufigsten

Die Erhöhung der EM-Renten geht vor allem auf gesetzliche Anpassungen zurück. Dazu zählt insbesondere die Ausweitung der sogenannten Zurechnungszeit seit 2014. Diese Maßnahme verlängert die Versicherungszeit chronisch kranker Menschen und Unfallopfer bis zur Regelaltersgrenze (aktuell 66 Jahre). Darüber hinaus wirken sich Einkommensminderungen, die in den letzten vier Jahren vor Beginn der Erwerbsminderung auftraten, nicht mehr negativ auf die Rentenhöhe aus. Die Höhe der individuell gezahlten Rente variiert jedoch stark, unter anderem je nach Art der Erkrankung. So erhielten Neurentner mit Krebs oder Bluterkrankungen durchschnittlich 1.092 Euro monatlich. Bezieher mit Suchterkrankungen bekamen im Schnitt 817 Euro. Die größte Gruppe unter den rund 164.000 neuen EM-Rentenbeziehern bildeten Personen mit psychischen Erkrankungen (etwa 65.000 Fälle), gefolgt von Krebserkrankungen (23.000), neurologischen Erkrankungen (21.000) und orthopädischen Leiden (17.400).

Zuwachs bei der Grundsicherung

Neben der Zunahme der Erwerbsminderungsrenten steigt auch die Zahl der Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung deutlich an. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) erhielten im Dezember 2023 über 1,2 Millionen Menschen Leistungen der Grundsicherung, was einem Zuwachs von 22.000 Personen oder 1,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Von diesen Empfängern bezogen rund 56,9 Prozent (knapp 690.000 Personen) Grundsicherung im Alter, nachdem sie die Altersgrenze nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erreicht hatten. Dieser Anteil wuchs im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,7 Prozent. Der Rest der Empfänger, etwa 43,1 Prozent (520.000 Personen), erhielt die Grundsicherung aufgrund einer dauerhaft vollen Erwerbsminderung. Ihre Zahl sank leicht um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Auch das Statistische Bundesamt ermittelte dazu Daten. Dabei standen insbesondere ukrainische Geflüchtete mit EM-Versorgungsanspruch im Fokus. Deren Rechtsstatus hatte sich nämlich geändert. Seit Juni 2022 haben diese Personen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XII, anstatt nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Dies führte zu einem deutlichen Anstieg der leistungsberechtigten Geflüchteten aus der Ukraine. Ihre Anzahl wuchs von 73.060 im Dezember 2022 auf 86.775 im Dezember 2023. Das macht ein Plus von 18,8 Prozent.

Die steigende Höhe der Erwerbsminderungsrenten steht für eine positive Entwicklung und für eine verbesserte Absicherung der Betroffenen. Das gilt umso mehr für die individuelle Einkommenssituation chronisch erkrankter Menschen. Allerdings bleibt die Zunahme bei Erwerbsminderungsrenten eine anhaltende Herausforderung für ein umlagefinanziertes Rentensystem.

Erben und Vererben bleiben ungeliebtes Thema

Das Thema „Erben“ steckt in Deutschland in einem Zwiespalt. Zum einen werden die vererbten Vermögen immer größer und ihre Zusammensetzung komplexer. Zum anderen nimmt die Bereitschaft, sich mit dem eigenen Nachlass zu befassen und ihn vorausschauend zu planen, ab.

Das zeigt eine ganz frische repräsentative Erhebung der Deutschen Bank zusammen mit dem Institut für Demoskopie Allensbach, deren Ergebnisse gerade veröffentlicht worden sind. Nach 2015 und 2018 hat das Kreditinstitut damit zum dritten Mal untersucht, wie die Bundesbürger zur eigenen Nachlassplanung stehen.

Erbe

Die Lust, sich über das eigene Ende Gedanken zu machen, ist über die Jahre laut diesen Studien weiter gesunken. Nahezu zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) beschäftigen sich ungern mit dem Erben und Vererben. Bei der letzten Erhebung im Jahr 2018 gaben nur 60 Prozent eine derartige Einstellung zu erkennen. Zwar wünschen sich 41 Prozent mehr Offenheit beim Nachlass. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus. Nur 32 Prozent der Erben sagten, dass im Vorfeld mit allen Beteiligten offen darüber gesprochen wurde. 2018 waren es noch 35 Prozent.

Nur ein Drittel hat ein Testament

Zwar hat sich inzwischen herumgesprochen, dass ohne Testament automatisch die gesetzliche Erbfolge greift, die nicht immer den Wünschen des Erblassers entspricht, dennoch dokumentieren noch zu wenige ihren letzten Willen. Lediglich 35 Prozent der potenziellen Erblasser in Deutschland haben laut der Deutschen-Bank-Studie ein Testament verfasst (2018: 39 Prozent). Bei den unter 50-Jährigen sind es sogar nur elf Prozent (2018: 15 Prozent). Das zeigt, dass junge Familien oft unvorbereitet sind. Aber gerade, wenn minderjährige Kinder in der Familie sind, gerät eine Erbschaft zu einer komplizierten Angelegenheit.

Bei den über 65-Jährigen haben immerhin 50 Prozent den Nachlass per Testament geregelt. Aber auch hier sank der Anteil gegenüber 2018, als es noch 58 Prozent waren. Das Durchschnittsalter beim Verfassen eines Testaments liegt heute in Deutschland bei 58 Jahren und damit zwei Jahre über dem Wert von 2018. Im Jahr 2012 waren die Bürger mit Testament durchschnittlich 55 Jahre alt. Das Testament schieben also viele Familien vor sich her. Am ehesten kommt es nach Schicksalsschlägen auf die Agenda. So halten 39 Prozent der Deutschen eine schwere Erkrankung von Angehörigen oder Freunden am ehesten für einen Anlass, über Testament und Erbschaft zu sprechen. Für 28 Prozent ist es ein Todesfall im nahen Umfeld. Familienfeiern gelten der überwiegenden Mehrheit als tabu für dieses Thema. Allenfalls 17 Prozent finden das Beisammensein in größerer Runde passend für potentielle Erblasser, ihre Vorstellungen der Familie zu erklären. Damit dürfte auch das bevorstehende Weihnachtsfest kaum für ein klärendes Gespräch in Frage kommen.

Wachsende Vermögenswerte wechseln den Besitzer

Die verbreitete Untätigkeit bei der Nachlassplanung steht im Widerspruch zu den wachsenden Vermögenswerten, die in den kommenden Jahren als Erbschaften den Besitzer wechseln. So haben im Jahr 2023 die Finanzämter in Deutschland Erbschaften und Schenkungen im Wert von 121,5 Milliarden Euro steuerlich veranlagt. Das ist laut Statistischem Bundesamt ein Rekord und fast 20 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Wert aller Vermögensübertragungen war sogar noch deutlich höher, da die Steuer-Statistik Erbschaften und Schenkungen nicht abbildet, die innerhalb der Freibeträge liegen. 34 Prozent der künftigen Erben rechnen heute in Deutschland mit einer Erbschaft von 250.000 Euro oder mehr, so die Studie der Deutschen Bank.

„Erben und Vererben bleibt für viele Menschen ein herausforderndes Thema“, stellt Raffael Gasser, Leiter Wealth Management & Private Banking Deutschland der Deutschen Bank, fest. Dabei zeige die Studie, dass vererbte Vermögen weiter an Bedeutung gewinnen – auch für die finanzielle Sicherheit und Altersvorsorge. „Wenn der Nachlass nicht geregelt ist, kann dies die Hinterbliebenen emotional und finanziell erheblich belasten. Unsere Erfahrung zeigt: Wer die Vermögensnachfolge frühzeitig mit Familie und Experten diskutiert und professionell gestaltet, vermeidet Missverständnisse und Konflikte – zum Wohl der Erblasser wie auch der Erben.“


Informationen über die Entwicklung der Erbschaften im Zeitraum von 2015 bis 2024 enthält auch die DIA-Studie Erben in Deutschland. Ratschläge zum richtigen Erben und Vererben finden Sie im jüngsten DIA-Ratgeber, der auch die acht häufigsten Fehler im Erbfall auflistet.

Sind Small Caps eine sinnvolle Ergänzung?

Die Weltwirtschaft hat in den letzten Jahren erhebliche Störungen erlebt. Die COVID-Pandemie, geopolitische Herausforderungen, Inflationsdruck und Verzögerungen in den globalen Lieferketten. Diese Faktoren führten zu einem hohen Maß an Unsicherheit. Daher investierten Anleger vermehrt in größere und etablierte Unternehmen.

Die Herabstufung von Small Caps ist unter anderem auf die folgenden Faktoren zurückzuführen. Kleinere Unternehmen reagieren meist empfindlicher auf Wirtschaftszyklen. Small-Cap-Unternehmen sind zudem anfälliger für steigende Zinssätze und wirtschaftliche Unsicherheit. Sie sind stärker auf Fremdfinanzierung angewiesen als die hochkapitalisierten Unternehmen und stärker in zyklischen Sektoren engagiert. Auch einzelne Branchen wurden von Unterbrechungen der Lieferketten und längeren Lagerabbauzeiten besonders getroffen.

Daher ist es durchaus verständlich, warum es zu einer Reduzierung der Investitionen in Small Caps oder auch zur vollständigen Vermeidung dieser Anlageklasse gekommen ist. Vor allem in Industrieländern werden Small Caps derzeit von Investoren oft vernachlässigt. Stattdessen investieren Anlegerinnen und Anleger oft in größere, etablierte Unternehmen, obwohl Aktien mit kleiner Marktkapitalisierung zu erheblichen Abschlägen gehandelt werden und Potenzial für hohe Renditen bieten. Somit sind sie durchaus für diejenigen attraktiv, die höhere Renditen anstreben und dabei auch bereit sind, höhere Risiken in Kauf zu nehmen.

Abschläge signalisieren eine Unterbewertung

Welche Faktoren lassen Small Caps in einem besseren Licht erscheinen?

Auch mit Blick auf die Gesamtrendite sind Small Caps interessant, denn in den letzten knapp 20 Jahren haben Aktien mit kleinerer Marktkapitalisierung neben Kursgewinnen auch zusätzlich attraktive Dividenden gezahlt. Small-Cap-Aktien sind also durchaus eine sinnvolle Portfolioergänzung. Die derzeitigen Abschläge zeigen, dass Small Caps im Vergleich zu größeren Unternehmen unterbewertet sind und mehr Wachstumspotenzial haben, wenn die Zinsen weiter sinken und die Konjunktur wieder anzieht.

Zugang über eine Indexstrategie

Indexfonds ermöglichen einen effektiven und kostengünstigen Zugang. Mit einer Indexstrategie können Anlegerinnen und Anleger zu niedrigen Kosten in ein breites Small-Cap-Universum investieren. Im MSCI World Small-Cap Index machen die zehn größten Unternehmen nur knapp zwei Prozent des Index aus, der insgesamt ca. 4.050 Aktien enthält.


Gastautor Johannes Kroos ist Vorstand der Kroos Vermögensverwaltung AG inMünster. Mehr von ihm und weiteren Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de.

MINT-Berufe zahlen sich für ausländische Fachkräfte aus

Die Zahl der ausländischen Arbeitnehmer in Deutschland hat in den letzten Jahren erheblich zugenommen. Viele von ihnen sind in den sogenannten MINT-Berufen anzutreffen.

Zu den MINT-Berufen gehören Tätigkeiten in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Diese sind für die deutsche Wirtschaft von zentraler Bedeutung, insbesondere angesichts des Fachkräftemangels und fehlender inländischer Bewerber in diesem Segment.

Arbeitswelt

Insofern spielen ausländische Fachkräfte eine immer wichtigere Rolle, um größer werdende Lücken in ausgewählten Schlüsselbereichen und Technologieberufen zu schließen. Ohne die vielen qualifizierten Arbeitskräfte, die in den letzten Jahren aus dem Ausland nach Deutschland kamen, wäre die Situation noch prekärer. Das zeigen zum Beispiel Daten, die das Institut der deutschen Wirtschaft (iwd) ermittelt und veröffentlicht hat. So stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Deutschen von Ende 2012 bis Ende 2021 um gut acht Prozent. Im gleichen Zeitraum hat sich allerdings die Zahl der ausländischen Beschäftigten um mehr als 110 Prozent erhöht.

Gezieltes Werben trug Früchte

Ein bedeutender Teil dieser ausländischen Arbeitskräfte ist hochqualifiziert und in akademischen MINT-Berufen tätig. Die Bundesregierung hat bereits seit 2012 gezielt um qualifizierte Zuwanderer in diesem Bereich geworben, um wachsenden Engpässen entgegenzuwirken. Die Bilanz dieser Bemühungen kann sich durchaus sehen lassen: Die Zahl der Beschäftigten in akademischen MINT-Berufen ist unter Deutschen um 34 Prozent gestiegen, während sie unter ausländischen Arbeitskräften um 155 Prozent zugenommen hat.

Die hohe Qualifikation vieler ausländischer Arbeitnehmer spiegelt sich auch in den Löhnen wider. So verdienten indische Vollzeitbeschäftigte Ende 2021 im Mittel fast 5.000 Euro brutto. Dies war der höchste Wert unter allen ausländischen Arbeitnehmern in Deutschland. Auch Beschäftigte aus Nordeuropa (4.716 Euro) und Österreich (4.709 Euro) liegen deutlich über dem deutschen Medianlohn von 3.516 Euro. Am unteren Ende des Lohnspektrums finden sich Arbeitskräfte aus Bulgarien und Rumänien mit einem mittleren Bruttomonatsentgelt von 2.164 Euro beziehungsweise 2.262 Euro. Diese Lohnunterschiede sind zum Teil auf die Qualifikation beziehungsweise auf die Art der Tätigkeit zurückzuführen, die diese Beschäftigten ausüben.

Überdurchschnittlich hohe Löhne für Zuwanderer

Ein besonders hoher Anteil junger ausländischer Arbeitnehmer ist in akademischen MINT-Berufen tätig. Von den vollzeitbeschäftigten 25- bis 44-jährigen Indern arbeiteten nach einer akademischen Ausbildung mehr als 34 Prozent in einem MINT-Beruf. Auch Beschäftigte aus China (25 Prozent), Brasilien (23 Prozent) und den USA (14 Prozent) weisen überdurchschnittlich hohe Anteile in diesen Berufen auf. Der Medianlohn dieser jungen, hochqualifizierten MINT-Fachkräfte liegt oft deutlich über dem mittleren Lohn aller in Deutschland Beschäftigten mit der jeweiligen Staatsangehörigkeit. Beispielsweise beträgt die Differenz bei US-Amerikanern annähernd 1.300 Euro brutto pro Monat. Bei Beschäftigten chinesischer Herkunft sind es jeweils knapp 700 Euro. Sonstige Arbeitnehmer mit indischen Wurzeln verdienen bei uns hingegen im Schnitt 500 Euro im Monat weniger als ihre Landsleute im MINT-Segment.

Insgesamt bieten MINT-Jobs in Deutschland hervorragende Verdienstmöglichkeiten für ausländische Arbeitnehmer. Absolut gesehen verdienen 25- bis 44-jährige Österreicher in akademischen MINT-Berufen mit fast 6.300 Euro pro Monat im Durchschnitt am meisten. Dicht dahinter liegen Franzosen, die in diesen Berufen auf einen Medianlohn von gut 6.150 Euro kommen. Noch höhere Medianlöhne werden in der Altersgruppe ab 45 Jahren erzielt. Allerdings konnte das iwd nach eigenen Angaben diese Daten aufgrund der Deckelung der Entgeltstatistik ab 6.700 Euro und somit fehlender Meldungen an die Sozialversicherung nicht mehr zuverlässig auswerten.  

Mieses Zeugnis für die Rentenpolitik der Ampel

Im Bundestagswahlkampf 2021 hatte OIaf Scholz die Rente als ein Kernthema gesetzt. Nach dem Scheitern seiner Koalitionsregierung ergab eine Befragung des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) ein mieses Zeugnis für dieses Politikfeld.

Im jüngsten DIA-Deutschland-Trend meinte mit 69 Prozent die absolute Mehrheit der Befragten, dass die Ampel-Regierung dem selbstgewählten Anspruch, die Rentenpolitik zu einem Schwerpunkt zu machen, nicht erfüllte. Lediglich 17 Prozent sind der Auffassung, dass die Rente im Regierungshandeln, so wie versprochen, einen gebührenden Platz eingenommen hat.

Die schlechte Benotung geht quer durch alle Altersgruppen, nimmt aber mit dem Alter noch deutlich zu. Unter den Befragten ab 50 gaben 76 beziehungsweise 79 Prozent an, dass die Rentenpolitik mehr oder weniger ein Ausfall war. Selbst unter den SPD-Wählern ist mit 53 Prozent eine solche Mehrheit zu finden. Die Anhänger anderer Parteien beurteilen die Leistungen der Ampel in der Rentenpolitik erwartungsgemäß noch schlechter.

Zu dieser Einschätzung trug sicher bei, dass durch das vorzeitige Ende der Koalitionsregierung mehrere große Gesetzesvorhaben nun liegenbleiben. Zum Beispiel die Reform der geförderten privaten Altersvorsorge. Dafür existiert bislang nur ein Referentenentwurf, aber noch nicht mal ein von der Bundesregierung abgesegneter Gesetzentwurf. Der Bundestag konnte sich also bislang nicht damit befassen. Der Referentenentwurf fand unter den Experten allerdings verbreitete Zustimmung. Eine Reform der privaten Altersvorsorge steht ohnehin seit Jahren auf der Agenda. Sie wurde von mehreren Bundesregierungen immer wieder auf die lange Bank geschoben. Dieses Vorhaben wird aller Wahrscheinlichkeit nach von der nächsten Bundesregierung, ganz gleich in welchen Farben, wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Aber bis dahin verstreicht weiter wertvolle Zeit. Das von vielen begrüßte Altersvorsorgedepot zum Beispiel und eine vereinfachte Förderung kommen also nicht Anfang 2026, sondern wohl erst ein Jahr später.

Angefangene Gesetzesvorhaben landen im Papierkorb

Bei anderen Vorhaben dagegen ist so mancher wohl nicht traurig, dass sie erst einmal im Papierkorb versenkt werden. Zum Beispiel das Rentenpaket II, mit dem der Demografiefaktor außer Kraft gesetzt werden sollte. Dafür gibt es schon einen Regierungsentwurf, zu dem auch eine Expertenanhörung im federführenden Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales stattfand. Aber schon vor ihrem Rauswurf aus der Regierung hatte die FDP weiteren Beratungsbedarf signalisiert, obwohl sich Finanzminister Christian Lindner mit Arbeitsminister Hubertus Heil auf den Entwurf verständigt hatte. Das Rentenpaket II wird mit großer Wahrscheinlichkeit nicht zu jenen Gesetzesvorhaben gehören, die mit der CDU noch vor der Auflösung des Bundestages beschlossen werden.

In der Befragung zum DIA-Deutschland-Trend sprach sich zwar mit 48 Prozent fast die Hälfte der Befragten dafür aus, dass die Union als größte Oppositionspartei den vorbereiteten rentenpolitischen Gesetzesvorhaben eine Mehrheit verschaffen solle, aber diesem Wunsch wird die CDU kaum folgen. Sie hat schon erklärt, dass sie nicht als Auswechselspieler zur Verfügung steht und nur bei wenigen, unaufschiebbaren Gesetzesentwürfen mitstimmen wolle.

Neue Regierung muss von vorn anfangen

Wegen des Prinzips der Diskontinuität werden alle angefangenen Gesetzesvorhaben mit dem Ende der Legislaturperiode zunächst obsolet. Eine neue Regierung muss also die Verfahren, sofern sie denn will, neu starten. Eine CDU-geführte Koalition wird aber kaum das Rentenpaket II in der bisherigen Verfassung auf die Agenda setzen. Es sei denn, es kommt zu einer großen Koalition und zu einem Kuhhandel, indem die SPD das Rentenpaket II zum Preis für eine Kröte macht, die sie auf einem anderen Feld schlucken muss. Ausschließen lässt sich das nicht. Bei der Grundrente ist die CDU in einer großen Koalition schon einmal schwach geworden und hat entgegen vieler Bedenken am Ende doch den sozialdemokratischen Wünschen nachgegeben.

Die Rentenpolitik wird ohnehin zu einem vorherrschenden Thema im anstehenden Wahlkampf werden. Darauf deutet schon die derzeitige Positionierung der SPD hin, das Stichwort Rente ist in den jüngsten Reden ihrer Spitzenpolitiker oft zu vernehmen. Die Hoffnungen der Wähler indes sind eher verhalten. Auf die Frage im DIA-Deutschland-Trend, ob vorgezogene Neuwahlen einen (eher) positiven oder negativen Einfluss auf die Entwicklung des deutschen Rentensystems haben, zeigten sich nur 26 Prozent optimistisch, dass es sich dadurch zum Besseren wendet. Eine relative Mehrheit von 39 Prozent glaubt, dass weder das eine noch das andere eintritt. 20 Prozent gehen sogar von einer Verschlechterung aus.


Die repräsentative Umfrage fand im Zeitraum vom 15. bis 18. 11. 2024 deutschlandweit als Online-Befragung statt. Daran nahmen 2.008 Personen ab 18 Jahren teil. Sie wurde im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersvorsorge vom Meinungsforschungsinstitut INSA Consulere durchgeführt.

Entlastung durch Pension Buy-out

Die betriebliche Altersversorgung (bAV) ist heute aus einer wettbewerbsfähigen Personalstrategie nicht mehr wegzudenken. Sie ist ein zentraler Faktor bei der Gewinnung und Bindung von Spitzenkräften.

Langfristige Pensionsverpflichtungen stellen für Unternehmen jedoch ein immer schwerer zu beherrschendes Risiko dar, das sie zu bilanzbefreienden  Lösungen wie dem Pension Buy-out treibt.

Umfragen und Studien zum Jahr 2023 zeigen dies sehr anschaulich. Siemens etwa zahlte 2023 mit 1,8 Milliarden Euro am meisten für seine Pensionäre. Auf den weiteren Plätzen folgen Volkswagen (1,6 Milliarden Euro), BASF, Bayer und Eon (1,1 Milliarden Euro). Zwar hat die Zinsentwicklung kurzfristig für Entlastung gesorgt, doch wenn die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen, werden die Rentenzahlungen deutlich steigen. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geht davon aus, dass bis zum Jahr 2033 rund zehn Millionen Erwerbstätige in Deutschland in den Ruhestand gehen werden, was den Bedarf an Liquidität weiter erhöhen wird.

Prominente Beispiele fürs Pension Buy-out

Wie Unternehmen darauf mit Übernahmen reagieren, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 2024: Zur Entlastung von Pensionsverpflichtungen und zur Minimierung des unternehmerischen Risikos hat IBM im September erneut einen Pension Buy-out durchgeführt. Buy-outs etablieren sich damit mehr und mehr als strategische Maßnahme in der Planung von Unternehmen.

Aus Sicht des Personalmanagements sind Pension Buy-outs eine Möglichkeit, die betriebliche Altersversorgung zukunftssicher zu gestalten und gleichzeitig die Personalverwaltung zu entlasten. Folgende zentrale Aspekte sind dabei für Personalverantwortliche zu beachten.

1. Verlässlichkeit der Versorgungsleistungen. Unabhängig davon, ob bAV-Leistungen ausgelagert werden oder nicht, bleibt die Erfüllung der monatlichen Rentenzahlungen und die Einhaltung der gesetzlichen Anpassungen nach § 16 BetrAVG unerlässlich. Dies schafft Vertrauen und fördert die Bindung der Rentnerinnen und Rentner an das Unternehmen.

2. Weniger Verwaltungsaufwand. Die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen auf eine externe Vorsorgeeinrichtung reduziert den administrativen Aufwand und kann zu Kosteneinsparungen führen. Dadurch kann das Unternehmen seine Ressourcen gezielter für die aktuellen Mitarbeiter und strategische Personalprojekte einsetzen.

3. Effizienz durch vereinfachte Prozesse. Ein Buy-out kann ohne zwingende Verhandlungen mit dem Betriebsrat durchgeführt stattfinden, was Anpassungsprozesse beschleunigt und die Handlungsfähigkeit des Unternehmens stärkt.

4. Planbare Kostenstrukturen. Die vollständige Auslagerung der Pensionsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft stabilisiert die langfristige Finanzplanung im Personalbereich. Zudem wird die Liquidität des Unternehmens geschont, da die Kosten der bAV von der Rentnergesellschaft getragen werden.

Sicherheit und Vertrauen als Grundpfeiler

Einer der Hauptfaktoren, der Unternehmen dazu veranlasst, Buy-outs durchzuführen, ist die Gewährleistung einer stabilen Altersversorgung für ihre Rentner. Dies ist nicht nur gesetzlich vorgeschrieben. Es gehört auch zum guten Image eines Unternehmens. Entscheidend für den Abbau von Ängsten und den Aufbau von Vertrauen ist eine transparente Kommunikation. Die Rentnerinnen und Rentner sollten in den Prozess mit einbezogen werden. Dabei geht es nicht nur um reibungslose Abläufe. Es muss auch das Gefühl entstehen, dass die Rentnergesellschaft die zugesagten Leistungen verlässlich und zu fairen Bedingungen sicherstellt.

Zur Stärkung der Akzeptanz und des Vertrauens in das Management der Rentnergesellschaft ist eine frühzeitige Einbindung der Betriebsräte und der Rentnerinnen und Rentner in den Übernahmeprozess sinnvoll. Dies fördert das Verständnis und minimiert Reputationsrisiken. Die Betriebsrentnerinnen und -rentner fühlen sich so nicht „verkauft“. Geplante Kommunikation und regelmäßige Information tragen wesentlich dazu bei, dass die Beteiligten die Veränderung positiv wahrnehmen.

Voraussetzungen müssen stimmen

Damit eine Rentnergesellschaft diesen Erwartungen gerecht wird, muss sie bestimmte Standards erfüllen.

Chance zur Risikominimierung

Die betriebliche Altersversorgung ist nach wie vor ein wichtiger Baustein moderner Personalarbeit und Arbeitgeberattraktivität. Die Auslagerung von Pensionsverpflichtungen ermöglicht einen endgültigen Risikotransfer von atypischen biometrischen und inflationsindexierten Verpflichtungen sowie der damit verbundenen Zinssensitivität. Gerade im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld, in dem durch die Verlangsamung des Wirtschaftswachstums auf beiden Seiten des Atlantiks die Erwartung sinkender Zinsen wieder in den Vordergrund gerückt ist, ist dies von großer Bedeutung.

Zudem liegen die Inflationsraten, insbesondere die Kerninflationsrate, im Durchschnitt weiterhin über den in den Pensionsberechnungen unterstellten langfristigen Rententrends. Diese betrugen im Jahr 2023 im Durchschnitt 2,19 Prozent, wie aus einer Studie von AON hervorgeht. Die höheren erwarteten und vorgenommenen Anpassungen führen in der Folge auch zu höheren Rückstellungen.

Bessere Planbarkeit der Bilanz

Die Übertragung der Pensionsverpflichtungen auf einen spezialisierten Risikoträger entlastet die Bilanz des Unternehmens von diesen Risiken. Dies führt zu einer besseren Planbarkeit der Bilanz des Unternehmens und kann auf lange Sicht zu einer Steigerung des Unternehmenswertes beitragen. Darüber hinaus wird die Bewertung des Unternehmens, zum Beispiel im Rahmen von M&A-Prozessen, einfacher und transparenter.

Die Übertragung der oft schon seit vielen Jahren geschlossenen Pensionspläne reduziert somit auch die administrative Komplexität. Der Blick geht nach vorn, auf das Kerngeschäft, auf die aktuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter und auf eine zukunftsgerichtete betriebliche Altersversorgung.

Durch eine sorgfältige Planung, in die alle Beteiligten einbezogen werden, kann das Unternehmen sicherstellen, dass die betriebliche Altersversorgung sowohl den aktuellen Anforderungen als auch den zukünftigen Risiken entspricht. Darüber hinaus erfolgt die Deckung der Pensionsansprüche durch ein voll ausfinanziertes Portfolio. Dieses ist über verschiedene Anlageklassen und Vermögensverwalter hinweg diversifiziert und wird von einem professionellen Management betreut. Die institutionalisierte Kapitalanlage, die effiziente Verwaltung und die strikte Governance unter Einbindung externer Treuhänder in Verbindung mit den Eigeninvestments der VEDRA Pensions als Risikoträger bilden die Grundlage für die Übertragung der betrieblichen Versorgungsansprüche über eine solide finanzierte Rentnergesellschaft.


Gastautor Tilo Kraus ist Geschäftsführer der VEDRA Pensions GmbH, Ko-Autor Siegbert Weissbrodt gehört dem Beirat der VEDRA Pensions GmbH an.

Die Rente ist ein Lebensprojekt

Die aktuelle GfK-Studie „Die gefährdete Generation“ im Auftrag der Generali Deutschland zeigt, dass vielen jungen Menschen das Thema Altersvorsorge grundsätzlich wichtig ist.

79 Prozent der 18- bis 32-Jährigen sind sich der Wichtigkeit einer Altersvorsorge bewusst – doch knapp die Hälfte der jungen Menschen sorgt (noch) nicht fürs Alter und für die Rente vor.

Jugendliche

Schuld daran mag mittlerweile auch das Überangebot an Informationen und Produkten  sein, die den Ratsuchenden schlicht überfordern. Dazu kommt das Gefühl, stets das falsche und vielleicht auch teuerste Angebot ausgewählt zu haben. Frei nach dem Motto: Das Geld ist nicht weg – es haben nur andere. Also macht man das, was man „am besten“ kann: nämlich nichts.

Irgendwann erreicht sie uns dann doch: die späte Reue…das mulmige Gefühl, etwas verpasst zu haben. Es ist dieses ohnmächtige „hätte ich mal…“. Diese Menschen sitzen seit Jahren in den Rentenberatungen und suchen den Schuldigen am eigenen Renten-Elend. Nun – sie sehen ihn meist jeden Morgen leicht zerknittert im Spiegel.

Mit VUCA 2.0 auf ein neues Niveau

Aber zurück ins Hier und Jetzt: Beim jüngsten Hamburger Börsentag war das Interesse an der Sorge für das Alter omnipräsent. Nahezu euphorisch wurden MSCI World, Stock-Pickung, Core-Satellite und Co. als Garanten für Renten von 3.000 Euro und mehr gehandelt. Mahnende Worte gab es allerdings auch: Bitte nicht blind investieren – es braucht eine gute Strategie für das Lebensprojekt Rente.

Im Bereich der Unternehmensberatung wurde vor einiger Zeit der Begriff VUCA 2.0 entwickelt: Die Buchstaben stehen für vision (Vision), understanding (Verstehen), clarity (Klarheit) und agility (Agilität). Ziel ist es hierbei in erster Linie, den betrieblichen Alltag effektiver zu gestalten. Schlagworte, die jedoch durchaus geeignet sind, das Projekt Rente auf ein neues Niveau zu heben ohne die bewährten Grundlagen vollends aufzukündigen. Die Rente lebt – so jüngst ein Zitat aus der Zeitschrift „zukunft jetzt“ – in der deutschen Rentenversicherung.

Gesundheit, Arbeit, Bildung sind die Eckpfeiler

Es ist eben nicht nur die Reduzierung auf Entgeltpunkte, Sondereinzahlungen, Entgeltumwandlungen oder Riesterförderung, die zu einer guten Rente führt, sondern die existentielle Einbindung weiterer (auch weicher) Faktoren in dieses Lebensprojekt beginnend im Kreißsaal.

Salutogenese, also die Erhaltung von Gesundheit, der Faktor Zeit als Basis für das 8. Weltwunder – den Zinseszins – sowie eine gute Bildung verbunden mit sinnstiftender Arbeit und wohltuende soziale Kontakte überfordern bei erster Betrachtung die reine Rentenmechanik bei der Umrechnung in Rentenwerte.

ABER: Sie bilden die Eckpfeiler für das Entstehen eben dieser Werte – Vermeidung von unfreiwilliger Frührente aus unterschiedlichen Gründen, Schaffung von nachhaltigen Vermögenswerten, Erhalt und Weiterentwicklung einer guten Arbeit, die das Privatleben respektiert, und präventives Vorgehen gegen Burn-Out, Depression und Angststörungen. Hoppla: das klingt doch verdächtig nach den neuen Wertemustern der Generation Z…

Harte und weiche Faktoren im Blick

Leben ist Veränderung: Können die Alten etwa von GenZ etwas lernen oder gar auf diese zugehen und neue Gemeinsamkeiten entwickeln? Genauso, wie Letztere die Schallplatte, die analoge Fotografie oder das Bausparen wieder entdecken. Mein Ratgeber „Mach die Rente zu deinem Projekt! – Erfolgreiche Altersvorsorge in jeder Lebenslage mit der AidA-Strategie“ verfolgt mittlerweile in der 4. Auflage die eben beschriebenen Gedankengänge unter der Einbeziehung der harten und weichen Faktoren für eine ganzheitliche Betrachtung unserer Lebensreise. Dabei ist die Rente nur ein Aspekt dieser Betrachtungen.

Während sich aktuell mal wieder dunkle Gewitterwolken über das politische Personal in Berlin und anderswo formieren, gilt es für jeden einzelnen unter uns immer wieder generationsübergreifend Herangehensweisen zu formulieren, die eine verlässliche Infrastruktur in der Gesellschaft schaffen, in der alle ihren Platz finden. Gerne auch mit 3.000 Euro zusätzlicher Monatsrente aus dem MSCI World, wobei die wahren Werte im Leben nicht an der Wallstreet notiert sind.


Gastautor Thomas Gasch ist Rentenberater und Autor. Sein Buch „Mach die Rente zu deinem Projekt! – Erfolgreiche Altersvorsorge in jeder Lebenslage mit der AidA-Strategie“ ist ein „Produkt“ aus der jahrelangen Beratungspraxis bei der Deutschen Rentenversicherung. Mehr als 50.000 Beratungsgespräche lieferten eine verlässliche Grundlage für seine andere Sicht auf die Rente. Gerade die Zwischentöne in den Beratungen brachten ihn zu der Erkenntnis, dass Altersvorsorge einer neuen umfassenden Betrachtung bedarf. 

Familienstiftung hat Vor- und Nachteile

Wer plant, das Familienvermögen für zukünftige Generationen zu sichern, stößt schnell auf das Konzept der Familienstiftung.

Ob Unternehmen, Immobilien oder Kapitalanlagen – eine Familienstiftung bietet eine effiziente Möglichkeit, Vermögen zu schützen, steuerlich zu optimieren und die Nachfolge zu regeln. Doch ist eine Stiftung nur etwas für Großunternehmen wie Krupp oder Henkel? Nicht unbedingt.

Auch für kleinere Vermögen kann eine Familienstiftung eine interessante Option sein. Eine Faustregel besagt, dass sich eine Stiftung ab einem Vermögen von etwa fünf bis zehn Millionen Euro lohnt. Das trifft insbesondere zu, wenn Unternehmen oder Immobilien langfristig erhalten werden sollen. Auch für weniger bekannte Familien bietet die Stiftung eine sinnvolle Lösung. Eine Familienstiftung kann das Familienvermögen unabhängig von den individuellen Interessen einzelner Erben sichern und sicherstellen, dass es langfristig erhalten bleibt. Dies trägt auch dazu bei, Spannungen innerhalb der Familie zu minimieren, indem klare Regeln für die Nutzung und Verteilung des Vermögens gelten.

Eine Familienstiftung ist eine rechtliche Struktur, die darauf abzielt, das Familienvermögen langfristig zu sichern und die finanzielle Unterstützung der Familienmitglieder sicherzustellen. Anders als gemeinnützige Stiftungen verfolgt die Familienstiftung private Zwecke. Das übertragene Vermögen gehört nicht mehr den Familienmitgliedern, sondern der Stiftung selbst. Diese besitzt ein festes Regelwerk, das in der Stiftungssatzung definiert ist und die Nutzung sowie die Ausschüttung des Vermögens regelt. Die Familienstiftung ist besonders sinnvoll für Familien, die Unternehmenswerte oder Immobilien über Generationen hinweg erhalten möchten, ohne diese durch Erbstreitigkeiten zu gefährden. Sie bietet eine robuste Lösung zur Nachfolgeplanung und langfristigen Vermögensverwaltung, indem sie den Erhalt der wirtschaftlichen Substanz und der Werte der Familie unterstützt.

Vorteile bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer

Eine Familienstiftung bietet zahlreiche Vorteile für Familien, die ihr Vermögen langfristig sichern möchten. Das in die Stiftung übertragene Vermögen wird vor Gläubigern und Erbstreitigkeiten geschützt, was eine langfristige Sicherheit vor externen Risiken gewährleistet. Zudem bringt die Gründung einer Familienstiftung erhebliche steuerliche Vorteile, insbesondere bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Das trägt dazu bei, die finanzielle Belastung der Familie zu reduzieren und das Vermögen bestmöglich zu erhalten.

Die Familienstiftung verhindert auch eine Zersplitterung des Vermögens. Schließlich legt die Satzung klare Regeln zur Nachfolge fest. Das wiederum fördert die Einheit des Familienvermögens. Darüber hinaus ermöglicht die Stiftung eine gezielte Vermögensverteilung, indem genau definiert wird, wann und wie Zahlungen an Familienmitglieder erfolgen sollen, wodurch eine größere Planungssicherheit und Klarheit für alle Beteiligten geschaffen wird. Neben der Verwaltung materieller Werte trägt die Stiftung zur Bewahrung von Familienwerten und philanthropischen Zielen bei, was es der Familie ermöglicht, Traditionen und Werte über Generationen hinweg weiterzugeben.

Schutz vor Scheidungen und Schulden

Das Vermögen bleibt dabei langfristig in der Stiftung gebunden und ist unabhängig von den persönlichen Lebenssituationen der Familienmitglieder, wie Scheidungen oder Schulden, was die langfristige Stabilität und Sicherheit des Vermögens erhöht. Da die Regeln für die Nutzung und Verteilung des Vermögens klar in der Satzung definiert sind, wird das Risiko von familiären Konflikten reduziert, und die transparente Verwaltung hilft, Erwartungen der Familienmitglieder besser zu steuern.

Trotz der vielen Vorteile gibt es auch einige Nachteile, die Beachtung finden sollten. Die Gründung und Verwaltung einer Familienstiftung sind mit erheblichen Kosten verbunden. Diese umfassen die rechtliche Beratung, notarielle Beglaubigungen und laufende Verwaltungskosten, die in die langfristige Planung miteinbezogen werden müssen. Auch die Verwaltung der Stiftung erfordert eine kontinuierliche Kontrolle und Dokumentation, was einen hohen administrativen Aufwand darstellt und Ressourcen bindet. Gegebenenfalls kommen externe Berater hinzu, was zusätzliche Kosten verursacht. Ein weiteres Problem besteht in der eingeschränkten Flexibilität. Einmal in die Stiftung übertragenes Vermögen kann nicht einfach wieder zurückgeholt werden. Das kann insbesondere bei unvorhergesehenen finanziellen Bedürfnissen problematisch sein. Zusätzlich unterliegt die Familienstiftung einer behördlichen Aufsicht, was bedeutet, dass regelmäßige Prüfungen und Berichte erforderlich sind.


Markus Richert

Gastautor Markus Richert ist CFP® und Seniorberater Vermögensverwaltung bei der Portfolio Concept Vermögensmanagement GmbH in Köln. Mehr von ihm und weiteren Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de.

Eignet sich das Rentensystem in Österreich als Vorbild?

Welche Faktoren ermöglichen in Österreich höhere Renten und was kann möglicherweise auch als Vorbild für Deutschland dienen?

Das Rentensystem in Österreich sorgt hierzulande immer wieder für Interesse und Diskussionen, zumal österreichische Ruheständler mit vergleichsweise hohen Renten rechnen können.

Der Wirtschaftsdienst, herausgegeben von ZBW – Leibniz-Informations­zentrum Wirtschaft mit Redaktionssitz in Hamburg, hat sich in einem detaillierten Beitrag mit der Frage beschäftigt, inwieweit das Rentensystem in Österreich auch für uns als Vorbild fungieren und welche Strukturen oder Faktoren dabei besonders interessant sein könnten.

Die durchschnittliche Bruttorente in Österreich lag 2022 bei 1.646 Euro. Damit ist sie rund 47 Prozent höher als in Deutschland (1.120 Euro). Ein wesentlicher Grund dafür ist der höhere Rentenbeitragssatz, der seit 1988 konstant bei 22,8 Prozent liegt. Zum Vergleich: in Deutschland sind es derzeit 18,6 Prozent. Dieser höhere Beitragssatz trägt ein Drittel zur länderübergreifenden Differenz im Rentenniveau bei. Auch die stärkere Unterstützung durch den Staatshaushalt spielt eine Rolle. Der Bund zahlt in Österreich einen höheren Zuschuss in das Rentensystem. Dadurch werden etwa 100 Euro der Differenz zur deutschen Durchschnittsrente abgedeckt. 

Breitere Pflicht und weniger Verbeamtung

Im Unterschied zu Deutschland ist die gesetzliche Rentenversicherung in Österreich für nahezu alle Erwerbstätigen verpflichtend. Neben Angestellten sind auch Selbstständige in das Rentensystem integriert. Sie zahlen je nach Branche Beitragssätze von 17 bis 20 Prozent, während der Bund den Differenzbetrag zum regulären Satz von 22,8 Prozent übernimmt. Zudem ist die Verbeamtungspraxis in Österreich rückläufig. Das bedeutet, dass immer mehr Beschäftigte im öffentlichen Dienst in die Rentenkasse einzahlen, statt pensionsrechtlich abgesichert zu werden. Diese breitere Abdeckung sorgt für höhere Einnahmen und erklärt rund 160 Euro der Rentendifferenz.

Günstigere demografische Struktur

Ein weiterer Vorteil Österreichs liegt in der demografischen Struktur. Im Jahr 2022 standen in Österreich rund 3,2 Personen im erwerbsfähigen Alter (20 bis 64 Jahre) einer Person im Rentenalter gegenüber, während dieses Verhältnis in Deutschland bei 2,7 lag. Diese jüngere Bevölkerungsstruktur ermöglicht Österreich zusätzliche Rentenzahlungen im Umfang von etwa 140 Euro pro Person. Das macht rund ein Viertel der Rentendifferenz aus. Diese demografische Entwicklung ist allerdings langfristig nicht garantiert, da auch Österreichs Bevölkerung stark altert.

lnflationsanpassung statt Lohnkopplung

Bei der Rentenanpassung geht Österreich einen anderen Weg als Deutschland. Während in Deutschland die Renten an die Lohnentwicklung gekoppelt sind, werden die Renten in Österreich an die Preisentwicklung angepasst. Gerade in Phasen hoher Inflation hat sich das für die österreichischen Pensionäre als vorteilhaft erwiesen. So lag die Rentenanpassung in Österreich 2023 bei 5,8 Prozent und 2024 bei 9,7 Prozent. In Deutschland betrugen die Vergleichswerte im gleichen Zeitraum 4,4 beziehungsweise 4,6 Prozent. Diese Preisindexierung birgt jedoch auch Risiken. Die Rentenausgaben steigen bei hohen Preisniveaus schneller als die Beitragseinnahmen. Ein Defizit, das Österreich allein aus dem Bundeshaushalt deckt. Die Einführung eines ähnlichen Modells in Deutschland würde eine hohe Risikotragung des Bundes verlangen.

Österreich hat eine Mindestversicherungszeit von 15 Jahren eingeführt, um einen Rentenanspruch zu erwerben, während in Deutschland bereits fünf Jahre ausreichen. Wer in Österreich diese Mindestversicherungszeit nicht erreicht, hat keinen Anspruch auf eine Rente und erhält auch keine Rückerstattung der Beiträge. Zudem ist die Mindestsicherung innerhalb des Rentensystems in Österreich stärker ausgeprägt. Rund acht Prozent der Rentenbezieher erhalten eine Aufstockung in Form einer einkommensgeprüften Ausgleichszulage. Deutschland bietet vergleichbare Unterstützungen hauptsächlich außerhalb des Rentensystems an, was nur vier Prozent der Rentner erreicht.

Anhebung des Rentenalters für Frauen

Frauen konnten in Österreich bis 2023 noch ab 60 Jahren in Rente gehen. Doch seit 2024 wird das Renteneintrittsalter für Frauen schrittweise an das der Männer (65 Jahre) angepasst. Die Rentenreformen in Österreich setzen zunehmend Akzente, um den Renteneintritt hinauszuzögern. So gibt es seit 2023 finanzielle Anreize für jene, die über das Regelalter hinaus weiterarbeiten (wollen). Österreich verfolgt seit 2005 auch eine graduelle Harmonisierung der Beamtenpensionen mit der gesetzlichen Rente. Beamte und der Bund zahlen in eine eigenständige Versorgungskasse ein, was die Belastung des Staatshaushalts verringert. Deutschland hingegen hat bisher keine Regelungen zur Integration von Beamten in das Rentensystem.

Denkanstöße für Deutschland?

Die Analyse zeigt, dass Österreich etwa die Hälfte seines Rentenvorsprungs über höhere Beitragssätze und Bundesmittel erreicht. Ein Viertel des Unterschieds lässt sich durch die demografische Struktur erklären, was in Deutschland kurzfristig nur bedingt übertragbar ist. Weitere Unterschiede, wie die Abdeckung der Selbstständigen und die schrittweise Integration der Beamten in das Rentensystem, könnten jedoch Reformimpulse für Deutschland liefern. Zumal das Rentensystem in Österreich einen flexibleren Zugang zur Rentenversicherung für Selbstständige bietet. Etwaige Beitragssatzunterschiede gleicht der Bund aus.

Dieses Modell könnte helfen, die Rentenversicherung in Deutschland zu stabilisieren und die Gerechtigkeitsdebatte zwischen angestellten und selbstständigen Beitragszahlern zu entschärfen. Zudem zeigt das Beispiel Österreich, dass eine weniger starke Verbeamtungspraxis den Finanzierungsdruck auf das Rentensystem insgesamt verringern könnte. Das österreichische Modell kann also trotz einiger Unterschiede, Anforderungen oder Voraussetzungen einige Anregungen für die Rentenpolitik in Deutschland liefern. Eine pauschale Blaupause ist es jedoch nicht.

Frauen und ihre Finanzen brauchen Planung

Viele Fauen erleben durch die Geburt eines Kindes tiefgreifende Veränderungen in ihrem Leben, nicht nur emotional und organisatorisch, sondern vor allem auch finanziell.

Diese Auffassung vertritt Annika Peters, Geschäftsführerin der FrauenFinanzBeratung Barbara Rojahn & Kolleginnen. In einem digitalen Workshop des Financial Planning Standards Board (FPSB) erläuterte sie Ursachen und Strategien für die besondere Lage von Frauen.

So sei zwar der Gender Pay Gap inzwischen ganz gut bekannt: Frauen verdienen bei gleicher Arbeitszeit im Durchschnitt weniger als Männer. Schlimmer als die generelle Einkommenslücke zwischen den Geschlechtern ist nach Einschätzung von Annika Peters der Motherhood Penalty. Also die Absenkung des Einkommens, die sich durch die Mutterschaft im Vergleich zur Zeit vorher ergibt. Bei den Männern ist da kaum eine Veränderung zu erkennen. Frauen dagegen erleben in vielen Ländern eine deutliche Dämpfung des Einkommens. Dieser Einbruch ist von Land zu Land verschieden stark. Relativ moderat fällt er zum Beispiel in Dänemark aus. Am stärksten ist er dagegen in Deutschland und in Österreich. Die Frauen kommen im gesellschaftlichen Durchschnitt auch nie wieder an das frühere Einkommensniveau heran.

Wenn die Teilzeitfalle droht

Ursachen dafür gibt es mehrere. Zuallererst die Unterbrechnung der Erwerbszeit durch die Geburt des Kindes. Sehr oft schließt sich dann eine Elternzeit an, die weitgehend von der Frau in Anspruch genommen wird. Bei Männern sind es häufig nur ein oder zwei Alibi-Monate Elternzeit. Anschließend kehren viele Mütter nur in Teilzeit ins Erwerbsleben zurück. Damit greift dann oft, wie Annika Peters es beschreibt, die weibliche Teilzeitfalle. Dahinter verbirgt sich das Phänomen, dass Mütter in Teilzeit bleiben, auch wenn die Kinder schon älter sind und die Teilzeit nicht mehr in dem Maße erforderlich wäre wie in den ersten Jahren.

Annika Peters belegt es mit Zahlen des Statistischen Bundesamtes. So sind Mütter, wenn das jüngste Kind drei bis fünf Jahre alt ist, zu 19 Prozent in einer Vollzeitbeschäftigung und zu 54 Prozent in einer Teilzeitanstellung. Hat das jüngste Kind ein Alter von 15 bis 17 Jahren, steigt zwar der Anteil der vollzeitbeschäftigten Mütter auf 31 Prozent an, aber 53 Prozent der Mütter sind weiterhin in Teilzeit. Die Teilzeitquote hat sich also so gut wie nicht verändert. Bei den Männern gibt es keine vergleichbare Entwicklung. Sie sind unabhängig vom Alter des jüngsten Kindes zu 81 bis 86 Prozent vollzeitbeschäftigt.

Erst weniger Einkommen, dann weniger Rente

Dabei können, so Peters, die Ursachen für die Teilzeitfalle nicht ausschließlich bei den Unternehmen gesucht werden, die möglicherweise eine Rückkehr in Vollzeit behindern. So würden höhere Kinderbetreuungskosten gegen den zusätzlichen Verdienst aufgewogen. Fressen diese zu einem Gutteil den Mehrverdienst auf, bleiben viele Frauen dann doch lieber in Teilzeit. Auch Gewohnheiten und geübte Routinen lassen viele Frauen weiterhin in Teilzeit verweilen.

Teilzeit aber kostet Rente, warnt sie und belegt es an einer Beispielrechnung. Angenommen das Einkommen bei Vollzeit beträgt 3.780 Euro. Das ergibt aktuell einen Entgeltpunkt für die Rente pro Jahr, macht 39,32 Euro Rente monatlich. Teilzeit hingegen führt in diesem Beispiel nur zu einem halben Entgeltpunkt und damit zu 19,66 Euro monatliche Rente. Bei einer Beschäftigung über zehn Jahre resultiert aus Vollzeit dann eine Rente von 393,20 monatlich. Bleibt die Mutter aber in Teilzeit über diesen Zeitraum, kommt sie nur auf eine Rente von 196,60. Je länger die Teilzeit ausfällt, desto geringer ist die Rente. Das verstärkt den ohnehin vorhandenen Gender Pension Gap.

Drei-Konten-Modell für Paare

Drei Lösungen hat Annika Peters für Mütter parat. Erstens: das Drei-Konten-Modell. Paare sollten je ein eigenes Konto und eines für die gemeinsamen Ausgaben führen. Dieses gemeinsame Konto wird aber nicht paritätisch, sondern nach der Einkommensstärke befüllt. Verdient der Mann doppelt so viel wie die Frau, zahlt er zwei Drittel ein, die Frau nur ein Drittel. Zweitens: Rentenansprüche ausgleichen. Wenn die Frau wegen Teilzeit weniger verdient, sollten vom Partner die wegfallenden SV-Beiträge entsprechend in eine private Vorsorge eingezahlt werden. Drittens: staatliche Förderung und Zuschüsse ausnutzen.

Passen BU-Absicherungen zur Betriebsrente?

Passt die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit in die betriebliche Altersversorgung? Bei dieser Frage gehen die Meinungen unter den bAV-Experten weit auseinander. Eine Abwägung des Für und Wider.

Laut Definition liegt eine betriebliche Altersversorgung (bAV) vor, wenn der Arbeitgeber für einen Arbeitnehmer ein biometrisches Risiko absichert. Erwerbs- beziehungsweise Berufsunfähigkeit fällt also ohne Frage nach dieser Bestimmung in den Rahmen der bAV. Aber unter den Experten sind auch Stimmen wahrzunehmen, dass BU-Absicherungen in der betrieblichen Altersversorgung nichts zu suchen hätten, sondern ausschließlich in die private Vorsorge gehören.

Eindeutig lässt sich dieser Expertendisput nicht auflösen. Es bleibt nur eine Abwägung der Vor- und Nachteile. Bei einer Absicherung mit einem bAV-Vertrag zahlen die Mitarbeiter ihre Beiträge aus dem Brutto, weil keine Steuern und Sozialversicherungsbeiträge anfallen. Dadurch kann mit dem gleichen Aufwand eine höhere BU-Rente vereinbart werden. Bei einem Vertrag über den Arbeitgeber darf die Rente maximal 75 Prozent des Jahresbruttogehalts ausmachen. In der privaten Absicherung sind gewöhnlich 60 Prozent zulässig.

Wenig oder gar keine Gesundheitsfragen

Hinzu kommt der Zuschuss von mindestens 15 Prozent, den der Arbeitgeber laut Gesetz in der Entgeltumwandlung leisten muss. Daher beteiligt sich der Arbeitgeber selbst bei einer rein arbeitnehmerfinanzierten BU an der Absicherung anteilig. Da in der betrieblichen Altersversorgung gewöhnlich Rahmenverträge gelten, greifen für die versicherten Mitarbeiter Sonderkonditionen. Zudem stellen die Risikoträger nur wenige oder gar keine Gesundheitsfragen. Damit erhalten auch gesundheitlich vorbelastete Arbeitnehmer die BU-Absicherung, von der sie unter Umständen bei einer privaten Anfrage ausgeschlossen wären. Das ist ein Vorteil, der auch aus der betrieblichen Krankenversicherung bereits bekannt ist.

Arbeitgeber wiederum verstärken die Bindung der Mitarbeiter mit dieser Vertragskomponente, weil ihr bAV-Angebot über die klassische Betriebsrente hinausreicht. Seit einigen Jahren herrscht ohnehin der Trend vor, einen ganzen Korb von Benefits im Wettbewerb um die knapper werdenden Arbeitskräfte einzusetzen.

Problem: Beitragsfreistellung in entgeltfreien Zeiten

Diesen Vorteilen stehen aber auch einige Nachteile gegenüber, die sich nicht leichtfertig vom Tisch wischen lassen. Da sind zum einen die entgeltfreien Zeiten im Arbeitsleben, wie zum Beispiel die Elternzeit. Während dieser Phase erfolgt eine Beitragsfreistellung. Diese hat zur Folge, dass auch für die Absicherung gegen Berufsunfähigkeit nicht gezahlt wird. Diese sollten die Mitarbeiter dann aus anderen Mitteln beisteuern.

Kommt es im Falle einer Berufsunfähigkeit zur Rentenzahlung, dann ist diese Leistung sowohl steuer- als auch sozialversicherungspflichtig. Schließlich stammt die Rente aus der betrieblichen Altersversorgung. Bei einer BU-Rente aus einem privaten Vertrag würde dagegen nur die niedrigere Ertragsanteilsbesteuerung greifen.

Was passiert bei einem Arbeitgeberwechsel?

Last but not least ist da noch der Wechsel in einen anderen Job. Übernimmt der neue Arbeitgeber die bestehende betriebliche Altersversorgung, läuft auch die BU-Absicherung ungestört weiter. Setzt er dagegen auf einen anderen Anbieter oder lässt eine BU-Absicherung gar nicht zu oder kommt es für den Arbeitnehmer zu Phasen von Arbeitslosigikeit, muss der Arbeitnehmer den bestehenden Vertrag privat fortführen. Anderenfalls verfällt die bereits aufgebaute Absicherung, der Arbeitnehmer muss einen neuen Vertrag abschließen mit einem höheren Eintrittsalter. Das wiederum führt bei gleicher Absicherung zu einem höheren Beitrag. Ein neuer Vertrag oder eine Wiederinkaftsetzung des alten kann aber auch an einem verschlechterten Gesundheitszustand scheitern. Ein höherer Beitrag ist also nicht das einzige Risiko. Die private Fortführung setzt zudem voraus, dass vom alten Vertrag die BU-Komponente abgetrennt wird. Dazu sind wahrscheinlich nicht alle Anbieter bereit, weil sie den Vertrag als Einheit kalkuliert haben.

Vor- und Nachteile im Blick behalten

Die Erfahrung zeigt zudem, dass nicht selten bAV -Verträge reduziert werden oder sich bei Arbeitgeberwechsel Diskussionen mit diesem oder mit der HR-Abteilung ergeben, die dazu führen, dass Verträge nicht selten beitragsfrei gestellt werden. Dies ist für die BU-Absicherung dann fatal.

Arbeitgeber wiederum könnte von einer BU-Absicherung die Furcht abhalten, dass bei einer negativen Prüfung und Ablehnung sich Unzufriedenheit über den Flurfunk verbreitet und damit das Image der betrieblichen Altersversorgung im Unternehmen insgesamt leidet.

Fazit: Bei der Beratung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern müssen all diese Vor- und Nachteile auf den Tisch, damit sich alle Beteiligte ein Bild machen und die Folgen abschätzen können. Eines steht ohnehin außer Frage: Bei Einschluss der Berufsunfähigkeit in ein bAV-Paket ergibt sich erhöhter Beratungsbedarf, sowohl beim Abschluss als auch bei einem späteren Wechsel des Arbeitgebers.


Die beiden Gastautorinnen Sandra Pieper (Berlin) und Sandra Müller (Krefeld) sind selbstständige Finanzberaterinnen für die Deutsche Bank. Sie äußern sich regelmäßig zu Entwicklungen in der betrieblichen Altersversorgung und im modernen Mitarbeitermanagement.