Kleiner Anlegerkurs am Beispiel des S&P 500

Der S&P 500 hat aktuell seinen Trendkanal gebrochen und sich unterhalb seiner 50-Tage-Durchschnittslinie eingependelt.

Dies signalisiert, dass der seit Januar laufende Trend charttechnisch gebrochen wurde und in eine neue Phase bzw. in ein neues Marktregime gedreht ist. Das bedeutet nicht, dass der S&P 500 seinen Höchststand in diesem Jahr schon erreicht hat.

Verhalten der Anleger

Jeder große Trend am Aktienmarkt setzt sich aus kleineren Trends und korrektiven Phasen zusammen. Wenn eine Trendsequenz endet und korrigiert, bereitet sie den Weg für einen neuen Trend vor. Begleitet bzw. verursacht werden diese Zyklen von Anlegeremotionen.

Gefangen in Emotionen

Lassen Sie uns das psychologische Verhaltensmuster von Investoren beleuchten, wenn die Märkte fallen. In der Investorenpsychologie schwindet die Begeisterung von früher und die Nervosität nimmt zu. Während die Märkte weiter nach unten drehen, macht sich Angst, Furcht und Panik breit. Viele emotionale Verzerrungen wirken dann auf Anleger ein.

Das Ergebnis ist, dass der emotional-geleitete bzw. eher undiszipliniert-agierende Anleger bei einem „niedrigeren“ Börsenstand verkauft, bevor sich die Märkte erholen und den nächsten Aufwärtszyklus beginnen.

Anleger kaufen, wenn es wieder teuer ist

Das exakte Gegenteil passiert während des Aufschwungs. Der emotional beeinflusste Anleger wartet auf den Einstieg, bis sich die Märkte „vollständig erholt“ haben. Wenn die Märkte dann steigen, wird dieser Anleger zuversichtlich, euphorisch und investiert in der Regel zu Höchstkursen. Dies ist ein Beispiel für den Status-quo- und Overconfidence-Effekt, bei dem das Selbstvertrauen bzw. das Ego größer ist als die anschließende Rendite. Es ist auch ein Beispiel für die „Fear-Of-Missing-Out“-Verzerrung bei steigenden Marktzyklen (FOMO), weil einen die Angst beschleicht, etwas zu verpassen.

Wer Rendite will, muss Schwankungen mögen

Daher der Rat: Halten Sie Ihre Emotionen im Griff. Anleger, die ihren Emotionen gefolgt sind und sich der Menge anderer emotionaler Anleger anschließen (Herden-Effekt), bereuen es in der Regel. In den letzten 30 Jahren hat der S&P 500-Index durchschnittlich elf Prozent pro Jahr hinzugewonnen, trotz der großen drei Crashs (Dotcom-Blase im Jahr 2000, Finanzkrise von 2008 und die COVID-Hysterie in 2020).

Wenn man am Kapitalmarkt stetige Renditen erzielen will, muss man die Schwankungsbreite der ausgewählten Instrumente akzeptieren. Für diese Anleger können aktiv verwaltete Fonds eine überzeugende Alternative sein. Im Gegensatz zu Delta-1-Produkten, wie passiven Index-Trackern (ETF), werden Mischfonds aktiv verwaltet und können die Allokation mithilfe von Absicherungsinstrumenten oder anderen Anlageklassen anpassen. Diese Flexibilität ermöglicht es dem Fondsmanagement, von Markttrends zu profitieren und Marktineffizienzen auszunutzen, um potenzielle Renditen zu steigern und Risiken zu minimieren.

Strategien für Seitwärts- und Abwärtsphasen

Während langfristige ETF nur Diversifikationsvorteile in steigenden Märkten des von ihnen verfolgten Index bieten, sind ausgewogene Mischfonds strategisch zwischen Anlageklassen oder Instrumenten diversifiziert. In einer Seitwärts- und Korrekturphase können zu Goldengagements und Shortinstrumenten auch Covered-Call-ETF eine sinnvolle Ergänzung sein. Steigt der zugrundeliegende Index stark an, ist der Gewinn des Covered-Call-ETF kleiner als bei den Originalindizes. Marschiert der Index seitwärts, ist er größer, und bei einem fallenden Index bietet die vereinnahmte Prämie des Covered-Call-ETF Anlegern in der Regel einen guten Puffer gegen Verluste.

Folgendes sollten ETF-Anleger berücksichtigen:

In Zeiten der Unsicherheit ist emotionale Disziplin der Schlüssel zum Erfolg. Denken Sie daran: Diamanten entstehen nur unter Druck.


Gastautor Nikolas Kreuz ist Geschäftsführer der INVIOS GmbH in Hamburg. Mehr von diesem und weiteren Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de

„Wer überraschend geerbt hat, sollte aktiv werden“

Um negative finanzielle Folgen zu vermeiden, ist Zeit ein wichtiger Faktor, wenn der Erbfall eintritt, erklärt Carolin Vogel, Fachanwältin für Steuerrecht bei der Münchner Kanzlei CHP.

Wie erfährt ein Erbe außerhalb der Familie davon, dass er geerbt hat?

Wer nicht zum engeren Familienkreis zählt, erfährt von einer Erbschaft in der Regel durch ein Schreiben des Nachlassgerichts. Dazu muss allerdings das Gericht erst einmal Kenntnis davon erlangen, dass der Erblasser verstorben ist. Ist dann das Testament bei Gericht oder einem Notar hinterlegt oder jemand aus der Familie legt es vor, werden die darin genannten Erben informiert.

Warum ist es wichtig, den Zeitpunkt zu beachten und nicht zu lange abzuwarten?

Erben haben eine sechswöchige Ausschlagungsfrist, ob sie das Erbe antreten wollen oder nicht. Die Zeit läuft, sobald man Kenntnis von der Erbschaft erlangt hat. Diese Frist lässt sich nicht verlängern. Im Idealfall haben Erblasser und Erbe deswegen schon vorher alles gut durchgesprochen und der Erbfall trifft einen nicht unvorbereitet. Ist das alles eine große Überraschung, macht es Sinn, möglichst zügig den Rat von Fachleuten einzuholen.

Das Fußstapfen-Prinzip greift

In welchen Fällen ist es ratsam, ein Erbe auszuschlagen?

Erben treten praktisch in die Fußstapfen des Erblassers und das gilt für Vermögenswerte genauso wie für Verbindlichkeiten. Es ist dabei nicht möglich, sich nur die positiven Dinge herauszupicken, sondern es gilt das Alles-oder-nichts-Prinzip. Sind die Schulden insgesamt höher als der Wert des Nachlasses, macht es Sinn, die Nachfolge erst gar nicht anzutreten. Aber dies bedarf der näheren Prüfung.

Warum ist es gerade auch bei geerbten Immobilien sehr empfehlenswert, auf Termine zu achten?

Da gibt es mehrere Aspekte, warum der Zeitpunkt eine Rolle spielt, zum Beispiel Haltefristen bei der Gewinnbesteuerung. Handelt es sich um das Familienheim und der Ehepartner oder die Kinder des Erblassers bewohnen es noch zehn Jahre, fallen in der Regel keine Erbschaftsteuern für denjenigen an. Auch die Eigentümerberichtigung, also die Eintragung der Erben ins Grundbuch, ist nur in den ersten zwei Jahren kostenfrei, was eine erhebliche Kostenersparnis bedeuten kann.

Immobilien führen oft zu Streit

Wieso sind Erbengemeinschaften gerade bei Immobilien oft der Ausgangspunkt von Streit?

Wenn mehr als eine Person eine Immobilie erbt, führt das automatisch immer zu einer Erbengemeinschaft und Abstimmungsbedarf. Das ist kein Problem, wenn sich alle einig sind, aber das ist erfahrungsgemäß nicht immer der Fall. Je mehr Menschen in einer Erbengemeinschaft zusammengebunden sind, desto schwieriger kann es werden, sich hier auf ein gemeinsames Vorgehen zu einigen. Welche Sanierungsmaßnahmen werden zum Beispiel durchgeführt, wer darf einziehen, zu welchen Konditionen wird vermietet? Nicht selten führt das dann zu Streit und letztlich zu einem Verkauf der Immobilie, was nicht unbedingt die beste Lösung sein muss.

Macht es denn im Moment eher Sinn, eine Immobilie zu behalten, oder ist es besser zu verkaufen?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten und hängt im Einzelfall von vielen Faktoren wie der Lage, Mietnachfrage oder dem Sanierungsbedarf ab. Aber grundsätzlich sind Immobilien als langfristige Anlageklasse nach wie vor beliebt. Im Einzelfall müssen dabei aber mögliche Kosten und der zeitliche Aufwand etwa für den Erhalt oder die Vermietung mit einkalkuliert werden. Gerade unter dem Aspekt der in den letzten Jahren hohen Inflation dürfte das sprichwörtliche Betongold aber als stabile Anlageklasse seine Berechtigung in einem breit aufgestellten Vermögensmix behalten.

Erbschaft gemacht – was nun?

Erbschaft – das klingt nach künftiger Sorgenfreiheit und Luxusleben. Aber die Realität sieht oft erst einmal anders aus. Gerade wer überraschend erbt, sollte die Durchsicht von Dokumenten und Kontoauszügen nicht auf die lange Bank schieben. 

Aus heiterem Himmel reich durch eine Erbschaft geworden? Das ist definitiv nicht der Normalfall. Die meisten Erbschaften liegen eher im niedrigeren fünfstelligen Bereich. Bei manchen Erben kommt kaum etwas an. Mitunter sind auch Schulden dabei.

Erben dürfen sich aber unabhängig von der Höhe des Nachlasses auf jeden Fall um einen großen Berg Papierkram kümmern. „Grundsätzlich gilt die sogenannte Fußstapfentheorie. Erben treten für alles die Nachfolge des Verstorbenen an. Das gilt für Vermögenswerte genauso wie für Verbindlichkeiten und die meisten anderen Verpflichtungen“, erklärt Carolin Vogel, Fachanwältin für Steuerrecht bei der Münchner Kanzlei CHP. Das heißt zum Beispiel auch, dass von den Erben noch die letzte Steuererklärung eingereicht werden muss. Daraus entstehende Steuerschulden sind zu begleichen. Gerade wer überraschend Erbe wird, sollte sich nicht nur deswegen schnell überlegen, ob er das wirklich sein will.

Niemand muss erben – wenn er sich beeilt

Sobald jemand von einer Erbschaft erfährt, hat derjenige nach deutschem Recht sechs Wochen lang Zeit, komplett darauf zu verzichten. Tut er in der Zeit gar nichts, gilt das Erbe automatisch als angenommen. Eine Ausschlagung können Erben entweder persönlich beim zuständigen Amtsgericht erklären oder mit einem vom Notar beglaubigten Dokument erwirken. Wichtig zu wissen: Es gibt keine Rosinenpickerei. Es gilt alles oder nichts. Das heißt, es ist nicht möglich, zum Beispiel ein Aktiendepot zu nehmen, aber auf das sanierungsbedürftige und schuldenbeladene Haus zu verzichten. Deswegen ist es wichtig, sich möglichst bald durch sämtliche Dokumente des Erblassers zu kämpfen und auch mit Banken und Versicherungen den aktuellen Stand zu klären. Die Frist zur Ausschlagung lässt sich grundsätzlich nicht verlängern.

Frühzeitige Information über die Erbmasse

„Im Einzelfall ist es oft gar nicht so leicht, Auskunft zu bekommen, denn viele Banken geben zum Beispiel ohne einen vom Nachlassgericht erteilten Erbschein keine Informationen heraus“, weiß CHP-Expertin Carolin Vogel. Wird der jedoch beantragt, kann das als Annahme des Erbes gewertet werden. Wenn es sowas denn gibt, kann alternativ ein notarielles Testament vorgelegt werden, dass einen als Erben ausweist. Bei privat verfassten handschriftlichen Testamenten kann das auch funktionieren, wenn nachgewiesen werden kann, dass dazu bei Gericht bereits ein Verfahren eröffnet wurde. „Noch besser wäre es aber, wenn der Erblasser seine künftigen Erben bereits zu Lebzeiten über die Erbmasse informiert“, rät die Fachanwältin. Auch wenn es nicht der Regelfall ist, so mancher kann sich doch im Erbfall über einen erheblichen Vermögenszuwachs freuen, aber auch hier gilt es, nicht zu lange abzuwarten.

Erstens: Vermögensübersicht aufstellen

„Vermögen braucht Bewirtschaftung, so wie der Bauer seinen Acker bewirtschaftet, um Erträge zu erzielen“, sagt Andreas Glogger, Geschäftsführer und Inhaber bei der GLOGGER & PARTNER Vermögensverwaltung GmbH mit Standorten in Krumbach und Stuttgart. Wer Werte erhalten will, sollte nach Abzug von Kapitalertragssteuer und Inflation eine reale Rendite erwirtschaften. Dazu braucht es eine gute Strategie, um Chancen zu nutzen und Risiken zu minimieren. Um die individuell passend nach einer Erbschaft entwickeln zu können, muss jedoch erstmal wirklich alles auf den Tisch. Teil dieser Vermögensübersicht sind bisher erworbene Rentenansprüche, Versicherungen und Zahlungsverpflichtungen. Aber auch Planungen vom Kinderwunsch bis zur eigenen Erbschaftsoptimierung gehen darin ein.

Zweitens: Renditeerwartungen definieren

Danach lässt sich entscheiden, „was soll mit welchem Vermögensgegenstand erzielt werden und welche Renditeerwartung hat jede einzelne Anlage“, erklärt Vermögensverwalter Andreas Glogger. Dazu gehört dann auch die Frage, was zum Beispiel mit einer geerbten Immobilie nach einer Kosten-Nutzen-Analyse passieren soll. Besser behalten, verkaufen oder eventuell gleich per Nießbrauch an die eigenen Nachfolger weitergeben und sich so aber eventuelle Erträge vorbehalten? Solche Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten. Daher kann es sich unter dem Strich lohnen, hier eher heute als morgen fachlich fundierten Rat einzuholen. Grundsätzlich gilt in Erbfragen das Prinzip: Je früher man sich Gedanken macht, desto besser – egal ob Erblasser oder Erbe.

Die Schattenseite der Dividenden

Von März bis Mai ist wieder Dividendensaison in Deutschland. Die Aktiengesellschaften sollen 2024 knapp 55 Milliarden Euro ausschütten. Das ist ein neuer Rekord.

Viele Aktienanleger glauben, dass dies eine besonders rentable Zeit sei. Dabei handelt es sich bei Dividenden, anders als beim Zins, um ein Spiel nach dem Muster „Rechte Tasche, linke Tasche“, das den Investoren keinen zusätzlichen Ertrag bringt. Langfristig orientierten Anlegern und wachstumsstarken Unternehmen schaden sie sogar nachweislich.

Den (Irr-)Glauben an die besonders rentable Dividendenzeit nähren viele. Zum einen die ewige Hoffnung der Anleger auf attraktive Investitionen. Zum anderen jene, die an der Story von den angeblich so attraktiven Dividenden gut verdienen – Fondsanbieter, Banken, Unternehmen und Finanzmagazine. Fragt sich aber, warum ausgerechnet einer der erfolgreichsten Investoren bei diesem angeblichen Sterntaler-Thema abwinkt: Warren Buffett hält nichts von Ausschüttungen.

Aktienanleger zahlen aus der eigenen Tasche

Tatsache 1: Die Anleger bezahlen sich mit Dividenden selbst. Eine unwiderlegbare Tatsache geht in diesem Lobgesang unter. Dividenden sind kein Ertrag wie ein Zins, den die andere Vertragspartei an die Anleger ausschüttet und den diese zusätzlich zum investierten Kapital erhalten. Vielmehr bezahlen sich die Aktienanleger mit den Dividenden selbst. „Am Tag der Ausschüttung, auch Ex-Dividende genannt, sinkt der Aktienkurs eines Unternehmens um eben diesen Betrag“, sagt Michael Thaler von TOP Vermögen mit Sitz u. a. in Starnberg und München.

Daher verfügt ein Anleger nach Ausschüttung der Dividende über genauso viel Kapital wie zuvor. Ein Beispiel verdeutlicht das: Ein Anleger hält 1.000 Aktien zu je 50 Euro. Am Tag der Ausschüttung, die sechs Prozent oder drei Euro pro Aktie beträgt, werden ihm 3.000 Euro aufs Verrechnungskonto überwiesen. Im Gegenzug verringert sich der Wert der Aktien im Depot auf 47.000 Euro. „Die Summe von 50.000 Euro verändert sich bei sonst gleichen Bedingungen nicht“, sagt Vermögensprofi Thaler. Mit dem Unterschied, dass jetzt nur noch 47.000 Euro produktiv arbeiten.

Langfristige Anleger verzichten lieber

Wahrheit 2: Ausschüttungen schaden langfristig orientierten Anlegern. Dem steht nur scheinbar entgegen, dass Dividenden unterm Strich einen großen Teil des langfristigen Anlageerfolgs ausmachen. Das lässt sich anhand des DAX-Performance-Index (DAX-P) und des DAX-Kurs-Index (DAX-K) illustrieren. „Der DAX-P stand Anfang April bei rund 18.000 Punkten, der DAX-K bei 7.000 Zählern. Die Differenz erklärt sich mit den Dividenden“, sagt Stephan Albrech von der Albrech & Cie. Vermögensverwaltung in Köln. Das stimmt zu 100 Prozent. Wären aber die DAX-Dividenden nicht zur Berechnung des DAX-P reinvestiert worden, stünde auch dieser Index heute bei nur 7.000 Zählern. „Der Unterschied von gut 150 Prozent zum DAX-K entsteht, weil die Dividenden in den Performance-Index einberechnet, also reinvestiert wurden“, so Albrech.

Dieser Mechanismus greift auch bei einzelnen Anlegern. Ein hypothetisches Beispiel verdeutlicht die Folgen fürs Vermögen. Anleger A hat 50.000 Euro in eine Aktie investiert, die über 30 Jahre Jahr um sechs Prozent im Kurs zulegt und jedes Jahr den Zuwachs von sechs Prozent ausschüttet. Nach 30 Jahren hat der Anleger somit 90.000 Euro an Dividenden erhalten. Zudem verfügt er über seine Anfangsinvestition von 50.000 Euro – insgesamt 140.000 Euro. Anleger B hat ebenfalls 50.000 Euro in die Aktie investiert. Die sechs Prozent werden dieses Mal aber nicht ausgeschüttet, sondern arbeiten produktiv in der Firma weiter. Ergebnis: „Nach 30 Jahren verfügt Anleger B über gut 287.000 Euro und somit über mehr als das Doppelte von Anleger A, auch wenn der Aktienkurs in diesem Fall ebenfalls nicht gestiegen ist“, so Vermögensprofi Albrech. Fazit: Wer sein Geld langfristig möglichst rentabel anlegen möchte, verzichtet auf Unternehmen oder Fonds/ETF mit Dividenden.

Rentabel investieren statt ausschütten

Wahrheit 3: Erfolgreiche Unternehmen machen mehr aus ihrem Geld als Dividenden. Auch aus Sicht wachstumsorientierter Unternehmen sind Dividenden schädlich, denn sie mindern das Kapital, das rentabel investiert werden kann. Das ist wohl der Grund, warum Starinvestor Warren Buffett Ausschüttungen nicht mag. „Zum einen hat seine sehr erfolgreiche Holding Berkshire Hathaway seit 2008 keine Dividenden entrichtet. Zum anderen investiert er sein Kapital und das seiner Anleger höchst ungern in Unternehmen, die Dividenden ausschütten“, sagt Vermögensverwalter Michael Thaler. Der Gedanke dahinter: Unternehmen mit attraktiver Kapitalrendite verzichten auf Ausschüttungen, weil dieses Geld (deutlich) rentabler arbeiten kann, als auf Anlegerkonten herumzuliegen.

Auch hierzu ein Beispiel: Ein Unternehmen erzielt mit seinem Geschäftsmodell eine jährliche Rendite von 20 Prozent. Dann bedeutet eine Dividende von sechs Prozent, dass im folgenden Jahr nicht mehr 100, sondern nur noch 94 Prozent des Kapitals mit 20 Prozent rentieren. Nach dem Abzug der Dividenden werden bei sonst gleichen Bedingungen somit nur noch 112,8 statt 120 Einheiten (94 mal 1,2) erwirtschaftet. „Die Zahlung einer Dividende ist aus Sicht von Unternehmen rein wirtschaftlich nur dann sinnvoll, wenn sie ansonsten keine attraktiveren Renditen erzielen können“, sagt Vermögensverwalter Albrech. Solche Unternehmen aber sollten kluge Anleger besser meiden.

Personaler setzen auf Benefits und KI

Die Rekrutierung und Bindung von Mitarbeitern sowie der Umgang mit veränderten Bedürfnissen von Führungskräften und Arbeitnehmern sind aktuell die drei größten Herausforderungen für Personalverantwortliche.

Das gaben die Teilnehmer an der HR-Branchenkonferenz für Banken und Versicherungen von WTW an. Neben Benefits und betrieblicher Altersvorsorge standen auch Fair Pay und der Einsatz Künstlicher Intelligenz im HR-Bereich im Fokus. Knapp jeder zweite Personaler kann sich zum Beispiel vorstellen, KI in den Recruiting-Prozess zu integrieren (44 Prozent).

Auf der 17. HR-Branchenkonferenz des Consultingunternehmens trafen sich rund 170 Personaler:innen, um über Trends und Lösungen rund um HR zu diskutieren. „Unternehmen bewegen sich in einem Arbeitnehmermarkt. Die Erwartungen und Bedürfnisse von Talenten, Mitarbeitern und Führungskräften haben sich verändert“, sagt Nicole Fischer, Senior Director Work & Rewards bei WTW. Im Kampf um neue Talente und Mitarbeiterbindung werde deutlich, dass die Vergütung nach wie vor ein entscheidender Faktor ist. Er reiche aber allein nicht mehr aus. „Unternehmen brauchen eine ausgewogene Total-Rewards-Strategie, die neben der Vergütung eine bunte Palette an Benefits und Nebenleistungen bietet. Das schafft Anreize und erzeugt eine positive Employee Experience“, erklärt Fischer.

Vergütungsgerechtigkeit mehr denn je gefordert

Zu einem differenzierten Total-Reward-Ansatz gehören neben der Vergütung unter anderem Weiterbildungs- und Entwicklungsmöglichkeiten, eine umfassende betriebliche Altersvorsorge und innovative Arbeitsmodelle. Gleichzeitig rückt auch ein nachhaltiges und ausgewogenes Vergütungspaket weiter in den Fokus, nicht zuletzt aufgrund der Regelungen des Entgelttransparenzgesetzes. „Die Anforderungen rund um das Thema Vergütungsgerechtigkeit werden weiter steigen. Mitarbeiter, Bewerber und die Gesellschaft erwarten mehr Transparenz. Ein wichtiger Schritt, um das Vertrauen der Mitarbeiter zu stärken und die Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterbindung zu erhöhen“, betont Nicoletta Blaschke, Head of Health & Benefits bei WTW.

Doch Vertrauen aufzubauen und eine enge Bindung zu den Mitarbeitern herzustellen, fällt HR-Verantwortlichen nicht immer leicht. Mangelndes Verständnis vom Business (24 Prozent), komplexe Prozesse und Programme (23 Prozent), administrative Belastungen durch Regulatorik (22 Prozent) sowie fehlende Ressourcen (21 Prozent) werden als Hauptgründe genannt. Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit für Unternehmen, ihre HR-Prozesse effizienter zu gestalten und innovative Lösungen zu finden.

Künstliche Intelligenz im Recruiting

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Integration von Künstlicher Intelligenz (KI) in HR-Prozessen an Bedeutung. Knapp jeder zweite Personalverantwortliche (44 Prozent) kann sich vorstellen, KI im Recruiting einzusetzen – von der Erstellung der Ausschreibung bis hin zur Identifizierung geeigneter Kandidat:innen. Darüber hinaus ist der Einsatz insbesondere im Compensation Management denkbar (33 Prozent). Als Grundlage für Fair Pay ist beispielsweise eine strukturierte Stellenbewertung unverzichtbar. Hier liefert eine automatisierte Stellenbewertung auf Basis von KI effiziente und objektive Ergebnisse und ergänzt traditionelle Ansätze.

„KI bietet neue Möglichkeiten, den Bewerbungsprozess effizienter zu gestalten und Talente gezielter zu identifizieren“, erklärt Fischer. „Wo traditionelle HR-Prozesse Zeit und Ressourcen kosten, kann KI der Schlüssel zu Qualität und Effizienz sein.“ Gleichzeitig zeigt die Umfrage deutlich, dass HR weiterhin auf persönliche Fachkompetenz angewiesen ist. Vor allem bei individuellen Themen wie der Identifizierung von Top-Skills und Top-Talenten können sich Personaler:innen den Einsatz von KI kaum vorstellen.

Arbeitsmigration in Europa: Deutschland profitiert

Die Arbeitsmigration innerhalb der Europäischen Union und der EFTA-Staaten bleibt ein bedeutender wirtschaftlicher wie sozialer Faktor. Dabei steht Deutschland auf verschiedene Weise im Fokus.

Nach dem jüngsten Jahresbericht 2023 der Europäischen Kommission sind rund 9,9 Millionen EU-Bürger im erwerbsfähigen Alter als Arbeitsmigranten in anderen EU- und EFTA-Ländern (Island, Norwegen, Schweiz und Lichtenstein) tätig. Diese Mobilität ist auch Ausdruck einer anhaltenden Nutzung der Möglichkeiten und Regelungen auf dem Kontinent für die Arbeitskräftewanderung. Deutschland profitiert dabei doppelt – durch zusätzliche Arbeits- und Fachkräfte sowie Einnahmen in der Rentenversicherung.

Von den insgesamt 9,9 Millionen Arbeitsmigranten in der EU sind über die Hälfte (58 Prozent) jung und männlich. Die meisten Menschen kommen im Zuge der Arbeitsmigration aus Rumänien, Polen und Italien. Diese Arbeitsmigranten tragen nicht nur zur Vielfalt und zum Wirtschaftswachstum bei, sondern auch zur Stabilisierung nationaler Rentenversicherungssysteme. Laut Europavertretung der Deutschen Sozialversicherung (DSV) in Brüssel geht jeder dritte Arbeitsmigrant nach Deutschland. Damit stellt Deutschland das Hauptziel für Arbeitsmigranten dar. 

Mehr Grenzgänger und Entsendungen

Der Bericht verzeichnet auch einen Anstieg der Grenzgänger und Entsendungen. Im Jahr 2022 wurden etwa 1,8 Millionen Grenzgänger registriert, was einem Anstieg von acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht. Zudem stieg die Zahl der Entsendungen, erkennbar an den 4,6 Millionen ausgestellten A1-Dokumenten, um 27 Prozent. Mit einer A1-Bescheinigung können erwerbstätige Personen nachweisen, ob für sie das Recht des Entsendestaates oder die Vorschriften eines ausländischen Staates maßgebend sind. Gemäß DSV-Angaben verzeichnet Deutschland dabei den größten Anteil dieser Zunahme.

Das Bildungsniveau der Arbeitsmigranten hat sich ebenfalls erhöht. 32 Prozent der Migranten besitzen ein hohes Bildungsniveau, gegenüber 29 Prozent fünf Jahre zuvor. Gleichzeitig ist der Anteil der EU-Bürger mit befristeten Arbeitsverträgen von 20 Prozent im Jahr 2017 auf 15 Prozent im Jahr 2022 gefallen. Diese Trends deuten auf eine zunehmende Stabilisierung und Qualifikation der Arbeitsmigranten in der EU hin.

Rentenkasse profitiert

Die anhaltende Zuwanderung von Arbeitskräften unterstützt auch die Finanzierung der deutschen Rentenkasse erheblich. Der Export von Renten, also Zahlungen von Renten über Landesgrenzen hinweg, hat ebenfalls zugenommen. Zwischen 2018 und 2021 stieg die Zahl der exportierten Renten von 4,6 auf 5,4 Millionen. Das Gesamtvolumen betrug über 22 Milliarden Euro. Deutschland und Frankreich spielen dabei eine Schlüsselrolle sowohl als Exporteure als auch als Importeure von Rentenleistungen, bilanziert die DSV.

EU fördert fairen Arbeitsmarkt

Arbeitsmigration ist ein integraler Bestandteil der europäischen Wirtschaftslandschaft, der erhebliche Auswirkungen auf die Rentensysteme und sozialen Sicherungsnetze hat. Die kontinuierliche Zuwanderung von Arbeitskräften unterstützt nicht nur die Rentenkassen in Ländern wie Deutschland, sondern fördert auch eine dynamische und flexible Arbeitsumgebung in ganz Europa. Die Europäische Union ist bemüht, dass durch länderübergreifende Regelungen keine Nachteile für Migranten entstehen, um EU-weit einen fairen Arbeitsmarkt zu gewährleisten. 

In der Broschüre „Leben und arbeiten in Europa“ informiert die Deutsche Rentenversicherung über das europäische Gemeinschaftsrecht und wie es sich auf das deutsche Recht sowie Leistungs- wie Versorgungsansprüche auswirkt. Auch das Statistische Bundesamt nimmt das Thema „Migration und Integration“ – in gewisser Weise damit auch die Arbeitsmigration – hier genauer unter die Lupe.

Zusatzeinkommen ohne Dividenden aus Fonds

Seit einiger Zeit erfreuen sich Fonds und ETF, die auf Dividendenstrategien setzen, großer Beliebtheit bei Anlegern. Mit diesem Trend und mit Anlagealternativen setzt sich Michael Thaler von der TOP Vermögen im Interview auseinander.

In der vergangenen Nullzins-Phase lautete das Marketing-Argument, dass Dividenden der neue Zins seien. Nun aber gibt es auf kurz laufende und sichere Anleihen wieder attraktive Zinsen. Ist der starke Fokus auf Dividenden da noch zeitgemäß?

Wir müssen unterscheiden, welche Bedürfnisse ein Anleger hat. Wer primär Vermögen aufbauen oder vermehren will, sollte von Aktien oder Fonds/ETF, die attraktive Dividenden ausschütten, Abstand nehmen. Dazu ist es besser, auf wachstumsstarke Segmente zu setzen und das Vermögen über Jahre hinweg arbeiten zu lassen. Nur so kann man optimal vom Zinseszins-Effekt profitieren.

Aber was ist mit Anlegern in der zweiten Lebenshälfte bzw. im Ruhestand, die mit Ausschüttungen ihr verfügbares Einkommen erhöhen wollen?

Hierzu kann man dividendenstarke Aktien nutzen, ist aber nicht mehr dazu gezwungen. Angesichts der wieder attraktiven Zinsen für Staats- und Unternehmensanleihen lässt sich das Einkommen in erster Linie wieder mit den Zinsen der Rentenpapiere steigern, während hohe Aktienrenditen vor allem den Kapitalstock wachsen lassen. Konkret hängt das aber von den Verhältnissen und Zielen eines Anlegers ab.

Kombination aus Anleihen und ETF bringt mehr

Könnten Sie mit einem hypothetischen Beispiel illustrieren, wie man sich das vorstellen kann?

Nehmen wir einen Ruheständler mit 300.000 Euro Vermögen, der sein Einkommen um 12.000 Euro im Jahr steigern will. Bislang nutzt er dazu einen Dividenden-ETF, der gut vier Prozent im Jahr ausschüttet. Allerdings hinkt der ETF dem breiten Markt seit zehn Jahren aufgrund seiner Aktienauswahl mit einer jährlichen Rendite von sechs Prozent um drei Prozentpunkte hinterher. Über zehn Jahre wäre das Vermögen mit einem ETF auf den MSCI World um 135 Prozent gewachsen statt nur um 80 wie mit dem Dividendenprodukt.

Was wäre für den Beispiel-Anleger nun sinnvoll, wenn diese Rendite-Differenz erhalten bliebe?

Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Status bringen derzeit um die vier Prozent Rendite. Würde der Anleger ein Drittel seines Geldes in solche Anleihen und zwei Drittel in einen MSCI World-ETF stecken, würde das Vermögen unter den eben genannten Bedingungen jährlich um 22.000 Euro im Jahr wachsen – 4.000 Euro kämen aus den Anleihen und 18.000 aus dem Aktien-ETF. Der Anleger könnte sich nun entweder eine höhere Auszahlung gönnen, sein Kapital stärker wachsen lassen oder beides kombinieren.

Gibt es vermögenswirksame Leistungen rückwirkend?

Vermögenswirksame Leistungen, allgemein bekannt als VL, sind ein wertvolles Instrument für Arbeitnehmer, um finanzielle Vorteile beim Sparen zu erzielen und vorzusorgen.

Diese Leistungen können als zusätzlicher Bonus betrachtet werden, der das Einkommen aufstockt und beim Vermögensaufbau hilft. Sie bieten eine Möglichkeit, mit geringem Aufwand regelmäßig zu sparen und dabei von staatlichen Förderungen zu profitieren. Doch was passiert, wenn man den Beginn dieser Leistungen verpasst oder es durch verschiedene Umstände zu einer Unterbrechung gekommen ist? Ist es möglich, vermögenswirksame Leistungen rückwirkend zu erhalten?

Die Möglichkeit einer rückwirkenden Inanspruchnahme von vermögenswirksamen Leistungen ergibt sich aus den spezifischen Bestimmungen des Arbeits- oder Tarifvertrags. Üblicherweise tritt diese Option ab dem 1. Januar des Jahres in Kraft, in dem der Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde. Es besteht ein rückwirkender Anspruch nur für das laufende Kalenderjahr. Einzahlungen können dabei für volle Monate vorgenommen werden, jedoch nicht für einzelne Tage.

Arbeitnehmer haben die Option, vermögenswirksame Leistungen rückwirkend ab dem Zeitpunkt zu erhalten, an dem der Arbeitgeber erstmals Beiträge eingezahlt hat. Nehmen wir als Beispiel Herrn Müller: Er erhält vermögenswirksame Leistungen in Höhe von 50 Euro pro Monat und investiert diese in Aktienfonds. Er hat seinen Vertrag zum 01. 07. 2023 abgeschlossen, möchte jedoch den finanziellen Vorteil für das gesamte Jahr nutzen. Daher bittet er seinen Arbeitgeber um eine rückwirkende Einzahlung für die vorangegangenen sechs Monate. Er füllt die Anlagebestätigung, die er vom Finanzinstitut erhält, mit dem zusätzlichen Betrag aus und reicht diese beim Arbeitgeber ein. Daraufhin überweist der Arbeitgeber 300,00 Euro (6 x 50,00 Euro) auf Herrn Müllers Investmentkonto. So kann Herr Müller den vollen Vorteil der vermögenswirksamen Leistungen für das gesamte Jahr nutzen.

Wer finanziert die nachträglichen Einzahlungen?

In der Regel übernimmt, wie im Fallbeispiel, der Arbeitgeber die nachträglichen VL-Einzahlungen als Teil der Sozialleistungen. Diese Praxis ist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Sie kann durch spezifische Regelungen im jeweils geltenden Tarifvertrag festgelegt sein. Wenn der Arbeitgeber nicht bereit ist, die nachträglichen Beiträge zu übernehmen, können die VL-Beiträge direkt vom Nettogehalt abgezogen und auf den Sparvertrag überwiesen werden.

Für Beamte und Angestellte im öffentlichen Dienst gelten besondere Regelungen für die vermögenswirksamen Leistungen. Oft beschränkt sich der Anspruch auf die VL auf die beiden vorangegangenen Monate desselben Kalenderjahres. Zudem ist der Dienstherr in der Regel gesetzlich verpflichtet, die nachträglichen Einzahlungen zu leisten.

Die Möglichkeit einer nachträglichen Einzahlung hängt von der gewählten Anlageform und den spezifischen Vertragsbedingungen ab. Bei Bank- und Fondssparplänen ist in der Regel eine unkomplizierte Umsetzung möglich. Bei einem Bausparvertrag können jedoch komplexere Verfahren erforderlich sein. Oft ist die Zustimmung der Bausparkasse notwendig, um eine nachträgliche Einzahlung zu ermöglichen. Da Bausparen derzeit sehr beliebt ist, sollten sich Interessenten mit den Besonderheiten dieses Anlageprodukts vertraut machen.

Staatliche Förderung sichern

Es gibt verschiedene Gründe, warum Arbeitnehmer vermögenswirksame Leistungen rückwirkend beantragen sollten. Oftmals erkennen sie ihren Anspruch auf diese Leistungen nicht sofort oder es kam aufgrund eines Arbeitgeberwechsels zu einer Unterbrechung der Sparbeträge. Eine nachträgliche Beantragung der vermögenswirksamen Leistungen bietet jedoch mehr als nur die Wiederaufnahme der Sparbeträge. Durch die rückwirkende Beantragung kann man nicht nur finanzielle Vorteile erzielen, sondern auch die staatliche Förderung für das gesamte Jahr nutzen. Darüber hinaus ermöglicht die nachträgliche Beantragung, mögliche finanzielle Lücken zu schließen und den verpassten Sparbeitrag nachzuholen. Dies kann dabei helfen, die langfristigen finanziellen Ziele schneller zu erreichen.

Staatliche Förderung für vermögenswirksame Leistungen

Die staatliche Förderung der vermögenswirksamen Leistungen erfolgt durch die Arbeitnehmersparzulage. Diese Förderung kann sowohl für aktuelle als auch rückwirkende Einzahlungen beantragt werden und zwar für die letzten vier Jahre. Die Antragsfrist endet immer zum 31. Dezember des vierten Jahres. Das bedeutet, dass man zum Beispiel für das Jahr 2024 bis zum 31. Dezenber 2028 Zeit hat, die Arbeitnehmersparzulage zu beantragen. Um von der Arbeitnehmersparzulage zu profitieren, muss sichergestellt werden, dass die Sparraten im genannten Zeitraum regelmäßig und pünktlich eingezahlt wurden. Zudem dürfen die Einkommensgrenzen für die Förderung nicht überschritten worden sein (40.000/80.000 Alleinstehende/Paare).

Alles in allem bietet die nachträgliche Einzahlung von vermögenswirksamen Leistungen Arbeitnehmern die Möglichkeit, finanzielle Vorteile zu nutzen, die sie möglicherweise verpasst haben. Durch die Beachtung der Vertragsbedingungen und gegebenenfalls einer Zustimmung des Arbeitgebers oder der Bausparkasse kann man die Sparbemühungen optimieren und von staatlichen Förderungen profitieren.

Ist ein Supervermächtnis eine super Lösung?

Das Testament ist ein unverzichtbares Instrument einer professionellen Nachlassplanung. Dafür gibt es unterschiedliche Konzepte, deren Wirkung die Erblasser kennen sollten.

„Wer eines Tages Ihr Vermögen erbt, bestimmen Sie allein. Das gilt allerdings nur, wenn Sie Ihr Erbe zu Lebzeiten regeln – mit einem rechtlich einwandfreien Testament oder Erbvertrag“, appelliert Maximilian Kleyboldt, CFP® und Vorstand des Financial Planning Standards Board Deutschland e.V. (FPSB Deutschland).

Das Berliner Testament ist hierzulande die beliebteste Form des gemeinschaftlichen Testaments. Das Prinzip dabei: Die Ehegatten oder eingetragenen Ehepartner bestimmen sich gegenseitig als Alleinerben. Sobald auch der zweite Ehegatte stirbt, fällt der gesamte Nachlass auf die Schlusserben, in der Regel die Kinder. Durch diese Form der Gestaltung scheint die wirtschaftliche Absicherung und Unabhängigkeit des überlebenden Ehepartners gewährleistet. 

Doch das kann sich möglicherweise als Trugschluss erweisen. Das Berliner Testament enterbt nämlich die Kinder im ersten Erbfall. Sie können daher Pflichtteilsansprüche gegen den überlebenden Ehepartner geltend machen. Abgesehen von der möglicherweise unerwünschten finanziellen Belastung des überlebenden Ehepartners kann ein solcher Streit um den Pflichtteil natürlich innerhalb der Familie zu großen atmosphärischen Störungen führen.

Steuerfreibeträge verpuffen

„Darüber hinaus kann das Berliner Testament zu erheblichen Steuernachteilen führen, vor allem bei hohen Vermögenswerten. Dies trifft dann insbesondere die Schlusserben“, gibt Kleyboldt, zugleich Direktor Wealth Planning bei der Bethmann Bank, zu bedenken. Die Erbschaftsteuerfreibeträge der Kinder und der eventuell bereits vorhandenen Enkelkinder verpuffen im ersten Erbfall ungenutzt. 

Eine mögliche Alternative kann das sogenannte Supervermächtnis sein. Der Begriff bedeutet, dass der überlebende Ehepartner in der Frage wann, in welcher Höhe und an wen das Vermächtnis zur Auszahlung kommt, einen extrem weiten Entscheidungsspielraum hat. Mit solchen Freiheiten ausgestattet kann der überlebende Ehepartner nach dem Eintritt des Erbfalls die Vermächtniserfüllung nach Belieben steuern und auf diesem Weg sowohl eigene Interessen berücksichtigen, aber auch Pflichtteilsansprüchen der Kinder aus dem Weg gehen.

Kombination mit Berliner Testament

Außerdem ermöglicht das Supervermächtnis eine effiziente Nutzung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge. Es verhindert, dass zweimal Steuer für das Vermögen anfällt. Einmal beim Tod des ersten Ehepartners und der Übertragung des Vermögens auf den anderen und dann erneut bei der Vererbung an die Kinder. „Ein wichtiger Zweck des Supervermächtnisses ist die teilweise oder komplette Ausnutzung des Steuerfreibetrags, was so auch ausdrücklich im Testament steht. Es ist ein legitimer Zweck, sodass hier kein Gestaltungsmissbrauch vorliegt“, so Experte Kleyboldt. Enthält ein Berliner Testament ergänzend ein Supervermächtnis, kann man beim 1. Erbgang zeitlich versetzt steuerliche Vorteile nutzen und bestimmt in der Zukunft die Ausführung.

Vermögensverteilung auf die Zeit nach dem Erbfall verlagert

Die Nutzung des Supervermächtnisses kann in verschiedenen Szenarien sinnvoll sein. Werden zum Beispiel die Kinder enterbt und es drohen Pflichtteilsstreitigkeiten oder ein sonstiger Erbstreit, kann ein variables Vermächtnis eine Entschädigung ermöglichen und dabei helfen, die Situation nach einem Erbfall zu entspannen. Auch bei einer noch unklaren Unternehmensnachfolge kann die Auswahl des oder der Nachfolger sowie der Ausgleich für die anderen Erben durch ein Supervermächtnis organisiert werden.

„Außerdem kann hiermit die Vermögensverteilung und Steueroptimierung auf die Zeit nach dem Erbfall verlagert werden, um Freibeträge oder günstigere Tarifstufen der Kinder oder weiterer Beteiligter zu nutzen“, erläutert Kleyboldt. Ein weiteres denkbares Szenario: Bei insolventen, drogenabhängigen, erwerbsunfähigen, erkrankten und anders mit Sonderthemen belasteten Kindern kann es vorteilhaft sein, deren Erbe von den späteren Umständen abhängig zu machen, auch um bei Fehlentwicklungen reagieren zu können oder das Kind durch Festlegung eines Zweckes zu einem bestimmten Verhalten zu motivieren.

Flexibler als einfaches Vermächtnis

Nicht zuletzt kann ein Supervermächtnis für Unentschlossene den Erwartungsdruck nehmen, weil Dritte später die Entscheidung über die Vermögensnachfolge treffen. So können unter Vornahme einer Zweckbestimmung mehrere potenzielle Vermächtnisempfänger festgelegt und den Erben oder dem Testamentsvollstrecker die Letztauswahl überlassen werden. „Das Supervermächtnis ist im Vergleich zu Vermächtnissen in einem normalen Testament deutlich flexibler“, fasst Kleyboldt zusammen. Die Ehepartner können damit einen Teil ihrer Nachfolgeplanung auf einen Zeitpunkt verschieben, zu dem feststeht, welche der gemeinsamen Vermögenswerte der überlebende Ehegatte benötigt und wie sich die persönlichen Verhältnisse und die Vermögenssituation der Kinder entwickelt haben.

Zu weite Auslegung birgt Gefahren

Aus verschiedenen Gründen wird indes vom Einsatz allzu weit reichender Drittbestimmungsrechte abgeraten und eine zielgenaue Ausformulierung empfohlen. Für die steuerliche Anerkennung eines Termins und somit der Fälligkeit wird für erforderlich gehalten, dass der überlebende Ehegatte das Vermächtnis noch zu seinen Lebzeiten erfüllt. Er darf nicht zuvor versterben. Wenn der Zweck die Ausnutzung der Erbschaftsteuerfreibeträge der Begünstigten nach dem Erstversterbenden beschreibt, ist das passend. Bei zu weiter Auslegung des Supervermächtnisses besteht die Gefahr, dass eine nahestehende Person gegebenenfalls leer ausgeht, wenn der Dritte dies später so entscheidet. Insgesamt erlaubt das Supervermächtnis aber, dass ein Dritter nach dem Erbfall entscheidet, „wer“, „wann“ „was“ erhalten soll. Es führt also zu einer sehr flexiblen Gestaltung.


Ums Testament ging es auch in der Folge 17 des DIA-Podcast. Titel: „Wo ein Wille, da ist auch ein Erbe“.

Fonds – aktive Manager fallen 2023 zurück

Die Statistiken sprechen eine klare Sprache: Langfristig bleiben aktive Fonds in den meisten Fällen deutlich hinter ihren Vergleichsindizes zurück. Aber auch über kürzere Zeiträume gilt dies häufig. Im vergangenen Jahr gelang es nur knapp einem Viertel der untersuchten aktiv gemanagten Fonds, ihre Peergroup-Benchmarks zu übertreffen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine umfassende Analyse der Ratingagentur Scope, die knapp 2.000 Fonds aus acht wichtigen Aktien-Vergleichsgruppen, darunter Regionen wie Nordamerika, Europa, Emerging Markets und Deutschland, verglichen hat.

Grundsätzlich sind Fonds aufgrund der Streuung des Anlagekapitals auf viele Einzeltitel eine gute Wahl für den langfristigen Vermögensaufbau. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, auch mit kleineren Beträgen regelmäßig zu investieren. Eine grundlegende Entscheidung dabei ist die Wahl für oder gegen einen aktiven Manager. Aktive Manager streben zwar eine Outperformance gegenüber ihrem Vergleichsindex an, scheitern aber häufig an diesem Ziel, wie die aktuellen Zahlen von Scope erneut belegen.

Region Asien-Pazifik schnitt am besten ab

Danach haben Fondsmanager, die ihre Kundengelder in der Region Asien-Pazifik ohne Japan investieren, in 2023 die beste Leistung erbracht. Dennoch konnte nicht mal jeder zweite Fondsmanager den Vergleichsindex übertreffen. In den anderen Kategorien lag die Outperformancequote zum Teil deutlich unter 30 Prozent. Zudem war die Outperformance-Erfolgsquote insgesamt niedriger als in 2022.

Den Fondsmanagern, die Outperformance in Asien erzielen konnten, kam die spezifische Zusammensetzung der Benchmark zu Hilfe. China weist darin einen Anteil von über 30 Prozent auf. Aufgrund des Wertverlusts des chinesischen Aktienmarktes im Jahr 2023 konnten zahlreiche Fonds, die eine Untergewichtung von China vorgenommen hatten, sich hervortun und positive Ergebnisse erzielen.

Deutliche Rückschläge in Deutschland

Fondsmanager, die in deutsche Aktien investieren und sich in der Vergangenheit traditionell durch eine Überrendite auszeichneten, mussten dagegen besonders deutliche Rückschläge hinnehmen. Während die Erfolgsquote im Jahr 2022 noch bei 40 Prozent lag, sank die Outperformance-Ratio gegenüber dem MSCI Germany im zurückliegenden Jahr auf nur noch 7,8 Prozent. Insbesondere der Dax erwies sich als starker Konkurrent: der deutsche Leitindex verzeichnete trotz diverser Krisen im Jahr 2023 ein deutliches Plus von 20 Prozent.

Im Vergleich dazu schaffte der Mid-Cap-Index MDAX im vergangenen Jahr nur ein Plus von acht Prozent. Die von vielen Fondsmanagern bei deutschen Aktien übliche Beimischung von Nebenwerten führte daher zu Performance-Nachteilen, obwohl die Risikoprämien für Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe in der Regel höher sind. Die wenigen aktiven Fonds, die den DAX übertrafen, waren nur minimal im Smallcap-Bereich investiert.

Laufende Kosten schmälern die Rendite

Unsere Einschätzung: Die Entscheidung, ob man aktive Fonds oder Indexprodukte (ETF) ins Portfolio nimmt, hängt von der persönlichen Anlagephilosophie ab. Der Versuch, einen MSCI Welt oder NASDAQ zu schlagen, ist jedoch müßig. Da ist man mit einem ETF definitiv besser bedient. Vor Kosten werden viele aktive Manager ihrem Anspruch sogar durchaus gerecht, eine höhere Rendite als der Gesamtmarkt zu erzielen. Doch die laufenden Kosten, die bei Aktienfonds jährlich bis zu zwei Prozent des eingesetzten Kapitals ausmachen, schmälern die Rendite.

Das summiert sich wiederum langfristig, ähnlich dem Zinseszinseffekt. Deswegen nimmt die Anzahl der Fonds mit Outperformance auch umso mehr ab, je länger der betrachtete Zeitraum ist. Die Wahlfreiheit, von der Indexzusammensetzung abweichen zu können, ist Segen und Fluch zugleich, wenn der Index als Benchmark geschlagen werden soll. Bei vielen aktiv gemanagten Investmentfonds steht leider der betriebene Researchaufwand in keinem Verhältnis zum erwirtschafteten Erfolg.


Marc-Oliver Lux

Gastautor Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München

Welche Berufe verschwinden durch KI und Automaten?

Der technologische Wandel durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) hat tiefgreifende Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt – vor allem für hochqualifizierte Berufsgruppen.

Eine Analyse aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, wie sich technologischer Wandel in Zeiten von KI und Digitalisierung auf Beschäftigte, Berufe und auf den Arbeitsmarkt auswirkt. Zudem verdeutlicht die Kurzstudie, wie hoch das Substituierbarkeitspotenzial von Berufen ist. Damit ist gemeint, in welchem Ausmaß berufliche Tätigkeiten durch Computer, computergesteuerte Maschinen oder generative Künstliche Intelligenz (KI) erledigt werden können. 

Dabei haben die Arbeitsmarkt-Experten herausgefunden, dass insbesondere in den IT- und naturwissenschaftlichen Dienstleistungsberufen das Substituierbarkeitspotenzial hoch ist. Das gilt noch etwas stärker für Fertigungsberufe. Dennoch ist der Anteil ersetzbarer Tätigkeiten bei den Helfer- und Fachkraftberufen nach wie vor am höchsten. Hingegen verzeichnen Expertenberufe den stärksten Anstieg an Substituierbarkeit in den letzten Jahren. Je höher die erreichte Qualifizierungsstufe, desto stärker ist das Substituierbarkeitspotenzial in der Vergangenheit gewachsen.

Rolle generativer KI: bedeutend, aber noch unklar

Seit 2019 haben insbesondere generative KI-Technologien neue Möglichkeiten eröffnet. Generative KI kann – kurz gesagt – Neues erschaffen. Das heißt, KI kann beispielsweise neue Ideen und Inhalte produzieren oder neuartige Prozesse auslösen beziehungsweise steuern. Diese Entwicklungen reichen von der Automatisierung des Programmierens bis hin zur Erstellung von Texten, Geschichten oder sogar Bildern, Videos und Musik. Allerdings ist derzeit nicht abzusehen, welche künftigen oder schnellen Entwicklungssprünge mit KI tatsächlich machbar sind. Aktuell gibt es laut Studie noch keine Berufe, die vollständig durch KI ersetzt werden könnten. Dennoch sprechen Experten bereits von einem Paradigmenwechsel in der sozio-ökonomischen Welt.

Neue Berufe entstehen

Laut der IAB-Analyse ist der Anteil der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Berufen mit hohem Substituierbarkeitspotenzial von 34 Prozent im Jahr 2019 auf 38 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Gleichzeitig haben die Autoren mehr als 280 neue Berufe identifiziert, die auf die Implementierung und Nutzung von KI in verschiedenen Bereichen abzielen. Doch dafür ist in der Regel ausgeprägtes Fachwissen vonnöten. Deshalb wird die Expertise ausgewiesener KI-Experten weltweit extrem nachgefragt und auf höchstem Niveau auch entsprechend lukrativ vergütet.

Während einige Berufe an Bedeutung verlieren oder sogar verschwinden, entstehen neue Tätigkeitsfelder und Anforderungen. Technologischer Wandel führt dazu, dass herkömmliche Aufgaben nicht mehr zu den Kernaktivitäten eines Berufes zählen. Gleichzeitig kommen mit der Digitalisierung verknüpfte Tätigkeiten hinzu. Die Schaffung neuer Berufe und die Veränderung bestehender Tätigkeitsprofile erfordern jedoch eine kontinuierliche Anpassung der Qualifikationen der Arbeitskräfte. Außerdem vollzieht sich technologischer Wandel regional sehr unterschiedlich. Das IAB hat entsprechende Daten für die einzelnen Bundesländer ermittelt und grafisch hier aufbereitet.

Ein Blick in die Zukunft

Die Studie des IAB verdeutlicht einerseits, dass Substituierbarkeitspotenziale unterschiedlich hoch sind. Andererseits werden sie (noch) nicht vollständig ausgeschöpft. Zudem wird nach wie vor der Wert menschlicher Arbeit hochgeschätzt. Dennoch stellt sich die Frage, wie sich die zunehmende Automatisierung langfristig auf den Arbeitsmarkt auswirken wird und inwieweit neue Technologien dazu beitragen, Fachkräfteengpässe zu mildern.

Aktienanleger und Sparer in schwerem Gelände

Die eigenständige Altersvorsorge ist in Deutschland steuerlich stark belastet. Bürokratische Hürden machen die Geldanlage wenig vergnüglich. Die Aktienkultur erfährt keinerlei Förderung.

Dieses Resümee zieht das Flossbach von Storch Research Institute in einem Dossier zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für private Sparer und Aktienanleger. An die hiesige Politik richtet Autor Christof Schürmann im Ergebnis drei Forderungen. Erstens sollten Sparerfreibeträge inflationsbereinigt wieder auf frühere Niveaus zurückgeführt werden. Zweitens plädiert er für die Wiedereinführung der Spekulationsfrist. Drittens müsse der Gesetzgeber die Benachteiligung von Privatanlegern gegenüber Großaktionären und Unternehmensvorständen bei Squeeze-outs und auf Hauptversammlungen beenden.

Seine Vorschläge leitet er aus einer Chronologie der „Sabotage“ des privaten Sparens ab. Stichwort „Spekulationsfrist“. Viele können sich vielleicht nur noch dunkel daran erinnern. Bis Ende 2008 blieben Zuwächse aus Anlagen in Aktien, Anleihen oder Fonds, die Anleger erst nach einer Haltedauer von zwölf Monaten realisierten, steuerfrei. Bis 1999 galt sogar nur eine Spekulationsfrist von sechs Monaten. Steuerfrei waren auch unterjährige Gewinne von weniger als 512 Euro pro Kalenderjahr. Das sollte die kurzfristige Spekulation mit Wertpapieren ein wenig eindämmen und vor allem längere Haltezeiten fördern. Wer noch auf Beständen sitzt, die vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden, dem nutzt die alte Frist bis heute.

Höhere Steuern und geringere Freibeträge

An die Stelle der Spekulationssteuer trat die Abgeltungssteuer. Sie beträgt seither 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent, insgesamt also 26,375 Prozent. „Die Steuer ist einkommensunabhängig und löste bei Dividendenausschüttungen das sogenannte Halbeinkünfteverfahren ab, das geringeren gegenüber höheren Einkommen bei der Besteuerung Vorteile eingeräumt hatte. Bei Zinseinnahmen galt bis Ende 2008 eine Zinsabschlagssteuer von 30 Prozent, für Tafelgeschäfte 35 Prozent“, erläutert Christof Schürmann im Dossier die Veränderungen. Wie stark sich diese auswirken, zeigt er anschaulich anhand einiger Beispielrechnungen.

Zweites Beispiel aus seiner Chronologie: die Erosion des Sparerfreibetrags. „Kursgewinne sind das eine, Ausschüttungen das andere“, schreibt Schürmann. „Damit ließ es sich vor 30 Jahren gut leben, standen doch jedermann 6.000 D-Mark (3.119 Euro) pro Jahr zur Verfügung, bis zu denen keine Steuern anfielen. Innerhalb dieses Freibetrags konnten sich Zinseszinsen voll entfalten. Der Bund passte den Freibetrag, innerhalb dessen sich auch Kursgewinne steuerfrei realisieren lassen, über die vergangenen Jahrzehnte in loser Folge an. Aktuell liegt er bei nicht mal mehr einem Drittel seines ehemaligen Hochs und das sogar noch nominal, also ohne Berücksichtigung des Kaufkraftverlustes des Geldes.“

Aktienanleger haben durch Vorabpauschale weniger Liquidität

Drittes und auch jüngstes Beispiel ist die Einführung der Vorabpauschale bei Fondsanlagen, die seit 2018 gilt. Diese ist abhängig von einem einmal jährlich von der Deutschen Bundesbank festgelegten Zins. Während der Niedrigzinsphase kam die Pauschale erst einmal nicht zum Tragen. Für 2023 lag der Zins dann bei 2,55 Prozent. Die Vorabpauschale führt die Depotbank des Anlegers automatisch ab. Es handelt sich um eine vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen. Die Vorabpauschale wird berechnet, wenn ein Fonds einen positiven Wertzuwachs im abgelaufenen Kalenderjahr erzielt hat und keine oder nur geringe Ausschüttungen vornimmt, beschreibt der Autor das durchaus komplizierte Verfahren. Verstanden wird es bei weitem nicht von allen Anlegern.

Zwar wird bei einem Verkauf der Anteile die Vorabpauschale vom Veräußerungsgewinn abgezogen. Es kommt also nicht zu einer doppelten Besteuerung. Allerdings entzieht sie den Anlegern zwischenzeitlich Liquidität. Das schmälert natürlich zugleich den Zinseszinseffekt. Doch nicht nur bei der unmittelbaren Besteuerung macht Christof Schürmann Benachteiligungen und Stolpersteine für private Aktienanleger aus. So sind Ausschüttungen von Unternehmen doppelt besteuert, auf Unternehmens- und Anlegerseite. Die Beratung zu Aktien wurde durch gesetzliche Vorschriften erschwert. Dokumentationspflichten führen zu überbordender Bürokratie.

Altersvorsorge ist steuerlich stark belastet

Bei Börsenrückzügen hat der Gesetzgeber zudem die Aktionärsrechte massiv beschnitten. Seit 2002 dürfen Unternehmen mit nur noch wenigen frei an der Börse handelbaren Papieren (unter fünf Prozent) Minderheitsaktionäre gegen eine Barabfindung ausschließen (sogenanntes Squeeze-out). Das ist für die Aktienkultur in der privaten Anlegerschaft nicht besonders förderlich.

„Die eigenständige Altersvorsorge ist in Deutschland steuerlich stark belastet. Bürokratische Hürden machen die Geldanlage wenig vergnüglich, von der Förderung der Aktienkultur ist keine Spur“, fasst der Autor in seinem Fazit zusammen. Da es keine Hoffnung gebe, dass die EU-Bürokratie eingedämmt werden könnte, sollte sich die Politik auf die drei anfangs genannten Felder konzentrieren: Verbesserungen beim Sparerfreibetrag, bei der Spekulationsfrist und bei den Aktionärsrechten.