2025 – Kapitalmärkte zwischen Geopolitik und Geldpolitik

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29. Dezember 2025

2025 – Kapitalmärkte zwischen Geopolitik und Geldpolitik

Trotz der anhaltenden geopolitischen Belastungen durch den Ukraine- und Gaza-Krieg, dem Handelskonflikt zwischen den USA und China, gekoppelt mit einer eher dysfunktionalen US-Außen- und Handelspolitik, haben sich gut diversifizierte Depots, im Durchschnitt, das dritte Jahr in Folge, positiv entwickelt.

Allerdings konnten Anleger, die „US-Big-Tech“ oder Gold- oder Silberinvestments übergewichtet hatten und absichtlich oder zufällig auf Diversifikation verzichteten, deutlich höhere Renditen generieren.

Störend wirkten sich die Effekte des „Liberation Day“ und die deutliche Abschwächung des US-Dollars für alle europäischen Investoren aus. Die Leitwährung verlor in diesem Jahr ca. 10% gegenüber dem Euro. Die amerikanische Außen- und Innenpolitik gekoppelt mit einem permanenten Druck auf die US-Notenbank Fed führten zu einer großen Verunsicherung, insbesondere bei ausländischen Unternehmen und Investoren.
Die (späte) Rating Herabstufung für US-Staatspapiere, durch das Analysehaus Moody’s ist, insbesondere für internationale Anleihe-Investoren, eine Warnung. Jetzt bewerten alle drei großen Ratinghäuser die USA nicht mehr mit einem Toprating, was zu einem Renditeanstieg von US-Staatsanleihen führt.
Bei einem Haushaltsdefizit von ca. 7% sind höhere Renditen problematisch, weil der Schuldendienst ansteigt. Auch, weil in diesem Jahr Staatsanleihen in einem Volumen von ca. 9 Billionen US-Dollar refinanziert werden müssen.

Vertrauen in Leitwährung sinkt

Einige Parameter signalisieren, wie es um das Vertrauen in eine Volkswirtschaft steht. Meist geht es um die Entwicklung zu anderen relevanten Währungen, die Rendite langfristiger Staatsanleihen und Preisveränderungen sogenannter Reservewährungen bzw. „sicherer Häfen“, wie beispielsweise Edelmetallen.

In Bezug auf die USA kann man beispielsweise folgende Segmente betrachten:

  1. Währungsentwicklung (US$ zu Euro -12%)
  2. Goldpreis als „sicherer Hafen“ (+60% in US-Dollar)
  3. Rendite zehnjähriger bzw. 30-jähriger US-Staatsanleihen (4,15%/4,80%, etwas niedriger als am Jahresanfang)

Dollarschwäche könnte anhalten

Im Moment ist auch nicht zu erkennen, dass sich das Vertrauen in die USA bessert. Im Gegenteil, die Auftritte des amerikanischen Präsidenten, Ende September bei der UN und bei Vertretern der US-Streitkräfte boten von peinlich, über verstörend bis extrem autokratisch eher negative Signale.
Die Kombination von Skrupellosigkeit und Unzuverlässigkeit wirkt auch fast ausschließlich gegenüber von Geschäftspartnern und Verbündeten. Insbesondere die erratische Außen- und Wirtschaftspolitik macht eine seriöse Planung für langjährige Vertragspartner praktisch unmöglich.

Die USA stehen – global gesehen – volkswirtschaftlich immer noch gut da. Sie haben Innovation, verlässliche Energiepreise im Inland und technisches Know-how. Doch durch die aktuelle „Wirtschaftspolitik“ sind Investoren zurückhaltender, auch gibt es Zweifel an der Rechtsstaatlichkeit der USA.
Außerdem ist ein schwächerer Dollar ausdrücklich von der US-Regierung gewünscht. Hier folgt man dem einfachen Narrativ, dass die US-Industrie im mittleren Westen, wo es traditionell viele republikanische Wähler gibt, durch einen festen Dollar zerstört wurde. Einfache Logik: Schwacher Dollar = Industrie kehrt zurück.
Dem Durchschnittsamerikaner ist ein schwacher Dollar auch nicht so wichtig, da man eher im eigenen Land verreist oder in angrenzende Länder, in denen der Dollar akzeptiert wird. Zudem werden relevante Güter und Rohstoffe immer noch in Dollar bezahlt.
Der Wechsel an der Fed-Spitze wird wahrscheinlich dazu führen, dass ein regierungstreuer Chairman übernimmt und die Geldmarktsätze überproportional absenkt.
Es ist daher möglich, dass der US-Dollar sich weiter abschwächt.

Depotanpassungen erforderlich?

Europäische Anleger sollten daher prüfen, wie hoch die „Dollar-Quote“ im Portfolio ist.
Insbesondere „Index-Fans“ die in den MSCI World, den Nasdaq oder den S&P 500 investieren, sollten berücksichtigen, dass das Dollar-Exposure hier bei 70, 90 bzw. 100 Prozent liegt.

Für deutsche bzw. europäische Investoren kann ein Blick auf den öffentlich-rechtlichen, deutschen KENFO-Fonds und den norwegischen Staatsfonds hilfreich sein, die mit „Dollar-Quoten“ von ca. 35% bzw. 50%, über alle Anlageklassen, unterwegs sind. Eine weitere Dollarabschwächung wirkt sich dann nicht ganz so stark aus, wie bei internationalen Standardindices.

Der Blick kann sich zukünftig etwas mehr auf Europa, Asien und Schwellenländer richten zumal letztgenannte von einem schwächeren Dollar profitieren.

Strukturelle Trends – allen voran im Bereich Technologie, kritische Rohstoffe, Infrastruktur, Gesundheit und der wachsende Konsum in Asien – können Chancen für langfristige Anleger bieten.

Anleihen nicht vergessen

Ein stabiler Rentenanteil gehört ebenfalls in ein Portfolio.
Im europäischen Bereich finden sich immer noch interessante Renditen in den Laufzeitbereichen von 2-5 Jahren auch wenn die Zinssenkungsphantasie etwas abgeklungen ist (fallende Zinsen = steigende Kurse). Hier sind, je nach Bonität und Laufzeit, Renditen von 4% bis 5,50% p.a. möglich. Insbesondere aktiv gemangte Laufzeitfonds können hier relativ stabile Renditen beisteuern.

Immobilienmarkt weiter schwierig

Dagegen bleiben Immobilieninvestitionen für die Durchschnittsbevölkerung nicht einfach. Benötigte man für eine durchschnittliche Immobilienfinanzierung in Jahr 2015 in etwa 15 Jahre sind es heute 28. Die lange Phase der niedrigen Zinsen und die geringe Bautätigkeit sind hierfür verantwortlich. Niedrige Zinsen führen fast immer zu einer „Vermögensinflation“ (Aktien- und Immobilienpreise steigen). Daher ist auch in den Ballungsgebieten nicht mit niedrigeren Mieten zu rechnen.

Anleger, die bereits über Immobilieneigentum verfügen, sollten nicht noch zusätzlich in „Immobilienwertpapiere“ (Immobilienfonds, REITS und Immobilienaktien) investieren, da eine Immobilie bereits einen hohen Anteil am Gesamtportfolio einnimmt.

Früh mit Sparplänen anfangen

Junge Menschen haben die Zeit auf ihrer Seite und sollten, unabhängig von staatlicher Förderung, rechtzeitig mit der Altersvorsorge beginnen.

Ist man berufstätig oder beginnt gerade eine Ausbildung sollte man die Möglichkeiten des 5. Vermögensbildungsgesetzes nutzen und einen Vertrag über vermögenswirksame Leistungen abschließen (unabhängig davon, wie hoch die Zuzahlungen Ihres Arbeitgebers sind). Ich ziehe hier grundsätzlich das Fondssparen vor.

Lesen hilft

Ich weiß, dass die Neigung „ganze Bücher“ zu lesen deutlich abgenommen hat. Für Einsteiger und interessierte Investoren ist das Buch des Fondsmanagers Dr. Robert Velten „Kapital-Stärke“ aus dem Wiley-Verlag trotzdem sehr empfehlenswert. Hier wird mit verständlicher Sprache und Beispielen aus der Praxis veranschaulicht, was man besser nicht macht, wie wichtig echte Diversifikation ist und wie sich psychologische Effekte auf unser Anlageverhalten auswirken.

Die überarbeitete Auflage von „Poor Charlies Almanach“ – Die Kunst der klugen Gedanken, vom NEXT LEVEL Verlag verbindet rationale Investitionsgedanken mit dem Gebiet der Psychologie und ermahnt zu permanenter Weiterbildung. Wertvolle Anekdoten, Leitsätze und Vorträge von Charlie Munger inklusive.

Diese beiden Bücher bringen einen interessierten Anleger unendlich weiter als der Großteil der „Finfluencer“ zusammen.

Ich bedanke mich für Ihr Interesse und wünsche Ihnen für das neue Jahr alles Gute und Optimismus.


Andreas Görler, sen. Wealth Manager, zert. Fachmann für nachhaltige Investments, Pruschke & Kalm GmbH – Wellinvest