Private Vermögensanlage: Die Psychologie des Schnäppchens

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05. Dezember 2025

Private Vermögensanlage: Die Psychologie des Schnäppchens

Wer beim Einkaufen ein echtes Schnäppchen macht, hat doppelten Grund zur Freude. Auch an der Börse hoffen kaufwillige Anleger stets auf gute Aktien im Sonderangebot. Doch kann man auch zu Höchstpreisen noch einsteigen? Was sagt die Statistik?

Dieses Jahr kletterten die Aktienmärkte wieder auf neue Allzeithochs. Trotz Wirtschaftssorgen in Deutschland und Europa, trotz Trump und trotz der Kriege in Ukraine und Nahost, ging es mit den Kursen nach oben. Für viele Anleger passt jedoch das Nachrichtenumfeld nicht zu den Rekordkursen und hält sie davon ab, in Aktien zu investieren – obwohl sie Geld parat hätten.

Einerseits verständlich – wer will schon „teuer“ einkaufen, wenn die Möglichkeit besteht, gewünschte Werte vielleicht auch mal wieder billiger zu bekommen!? Doch wenn das nicht passiert, entgehen einem Gewinne. Und die Historie zeigt, dass ein Kauf selbst auf Höchstkurs häufig dennoch eine gute Entscheidung ist.

Das Risiko des falschen Einstiegszeitpunkts

Natürlich kann man an der Börse auch Pech haben, wenn man ganz oben einsteigt. Nach März 2000 beispielsweise, als die Technologieblase geplatzt war, dauerte es beim US-Index S&P 500 satte sieben Jahre, bis das vorherige Kurshoch wieder erreicht wurde. Doch bei soliden Unternehmen lohnt es sich, auch dann zu kaufen, wenn die Kurse schon kräftig gestiegen sind.

Waren in der Vergangenheit beispielsweise die Aktien im S&P 500 in kurzer Zeit um 25 Prozent gestiegen (wie in diesem Jahr seit April), dann ging es anschließend trotzdem noch weiter rauf: Nach drei Monaten lag das zusätzliche Plus bei fünf bis zwölf Prozent, nach zwölf Monaten zwischen zwölf und und 39 Prozent.

Eine andere Studie zeigt zudem die Entwicklung, wie es generell nach dem Erreichen von Höchstkursen weiterging: Beim Kauf exakt auf Höchstkurs hatte man fünf Jahre danach im Jahresschnitt 10,3 Prozent gemacht. Nur wer zu einem beliebigen Zeitpunkt Aktien kaufte, hätte mit plus 11,3 Prozent etwas besser abgeschnitten. Wer hingegen gar nicht kauft, lässt sein Geld untätig liegen.

Keine Garantien – aber klare Muster

Offensichtlich ist „ganz oben“ kein Kriterium für einen automatischen Kursrücksetzer – eher im Gegenteil. Wenn überhaupt gibt es vielleicht ein Atemholen. Außerdem verzeichnet der S&P 500 im Schnitt jeden dritten Monat ein neues Hoch – da wäre man oft nicht investiert, wenn man immer gleich an verkaufen denkt.

Natürlich kann dieses Mal alles anders sein und der berühmte statistische Ausreißer passieren. Vergangene Gewinne können nie eine Garantie für die Zukunft sein. Aber auf lange Sicht werden einem oft Anstiege durch die Lappen gehen, wenn man sich nicht traut, auch mal zu Höchstkursen zu kaufen oder gar aussteigt. Denn meist gibt es gute Gründe, warum Aktien oben stehen: Es sind vor allem die starken, gesuchten Werte mit positivem Momentum. In der Charttechnik spricht man von Trendfolgesignal: Die Wahrscheinlichkeit ist höher, dass ein Trend anhält, als dass er bricht. Ein neuer Höchstkurs ist daher üblicherweise trendbestätigend und nicht zwangsläufig ein Warnsignal.

Unsere Empfehlung: An der Börse wird nicht geklingelt – weder zum Einstieg noch zum Ausstieg. Deshalb ist es für die meisten Privatanleger ziemlich müßig, zu meinen, den optimalen Einstiegszeitpunkt finden zu können.


Gastautor Dr. Marc-Oliver Lux von Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München