Die Ausgaben bestimmen das Leben!

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04. November 2025

Die Ausgaben bestimmen das Leben!

Es erstaunt vielleicht, aber so ist es. Viele denken, dass das Einkommen der Anker für die Höhe der Ausgaben der Lebenshaltung ist, aber es führt in die Irre.

Ganz von vorne. Die klassische Beratung der Finanzindustrie schlägt vor, dass jeden Monat 10 % des Einkommens gespart werden sollen. Der Gedanke dahinter ist, mit dem gesparten Geld und den Erträgen daraus den fehlenden Betrag zwischen Rente und Lebensstandard zu decken.

Die große Frage ist, ob das gesparte Vermögen für die komplette Zeit des Ruhestands wie gewünscht die Rente aufbessern kann. Aber das hängt natürlich in hohem Maße von der Lebenserwartung ab, ob man also beispielsweise im Alter von 75 oder 95 Jahren stirbt.

Die Ausgaben für das ganze Leben sind entscheidend

Durch die Politik wird der Eindruck erweckt, das sei beim Renteneintritt anders. Einfach weil ein konkretes Alter vorgegeben wird, von dem nur in bestimmten Fällen nach besonderen Regeln abgewichen werden kann. Aber das ist nicht richtig, weil es eine individuelle Entscheidung ist. Jeder kann den Zeitpunkt wählen, aber nur, sofern er es sich leisten kann. Das ist der Haken.

Aus den oben genannten Zahlen ergibt sich Folgendes: Wer plant 90 Jahre alt zu werden, gibt dafür bei 35.000 Euro pro Jahr in Summe vom 20. Geburtstag an gerechnet rund 2.400.000 Euro zum Leben samt Sparraten aus.

Wird bis zum 70. Lebensjahr gearbeitet, werden durchschnittlich bereits 1.760.000 Euro durch Einkommen und 320.000 Euro mit Renten verdient, so dass die Sparerträge fast 160.000 Euro betragen sollten. Ein Zins in Höhe von durchschnittlich 1,9 % reicht für die fehlenden 160.000 Euro aus. Alles, was zum Leben gebraucht wird, muss eben verdient werden, durch Arbeit oder Kapitalerträge.

Eine gute Finanz-App, die in der Sicht auf die vollständige Vermögensbilanz sowohl den Wert der Arbeitskraft und die Renten als auch die Kosten der Lebenshaltung enthält, zeigt damit die aktuelle Rentensituation an. Ist die Summe inklusive des Vermögens positiv, muss man sich in der Rente keine Sorgen machen. Ist sogar die Summe ohne den Wert der Arbeitskraft positiv, ist die finanzielle Freiheit erreicht. Daran wird deutlich, dass ein früherer Rentenbeginn kein Problem ist.

Die Inflation in der Rentenphase ist teuer

Die Inflation lässt die Kosten allerdings jedes Jahr ein wenig ansteigen. Man muss also etwas mehr bezahlen, um das gleiche zu bekommen. Reichen mit 20 Jahren 1.000 Euro monatlich für die Lebenshaltung, sind dafür mit 90 Jahren, also 70 Jahre später, bei einer Inflation von 1,5 % schon 2.835 Euro notwendig. Beträgt die Inflation sogar 4 %, dann braucht man 15.572 Euro im Monat, um die gleichen Waren zu kaufen.

Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, sich über die Auswirkungen der Inflation und der Steigerungen des Einkommens Gedanken zu machen. Die Steigerungen des Einkommens hängen sicherlich von der Arbeitsleistung und der Karriere ab. Zusätzlich muss jedoch die Inflation ausgeglichen werden. Denn ansonsten wird man ärmer, weil das Einkommen im Verhältnis zu den Kosten der Lebenshaltung sinkt.

Fehlendes Einkommen, weil die Rente eben nicht ausreichen wird, muss dann zusätzlich aus dem Vermögen gedeckt werden; allerdings eben mit einem deutlich größeren Beitrag. Das Vermögen steigt jedoch nicht mit der Inflation an, sondern nur durch die Erträge, die damit erzielt werden.

Diese neue Situation muss kein Problem darstellen, weil üblicherweise die Zinsen mit der Inflation steigen, beziehungsweise die Zinsen angehoben werden, um die Inflation auszugleichen. Man kann jedoch nur dann ganz entspannt sein, wenn die Rendite nach Steuern mindestens so hoch ist, wie die Inflation. Dann reichen die Erträge aus, um die Inflation auszugleichen.

Deswegen bestimmen die Ausgaben das Leben

Konkret verändert die Inflation die geschilderte Situation deutlich. Bei einer Inflation in Höhe von 1,5 % und gleicher Steigerung des Einkommens steigen die Einnahmen auf rund 3.508.000 Euro. Die Ausgaben jedoch sogar auf rund 4.052.000 Euro. Die Erträge müssen damit schon 276.000 Euro erreichen, wofür die erzielte Rendite von 1,9 % auf 4,4 % steigen muss.

Steigt die Inflation sogar auf durchschnittlich 4 %, dann erhöhen sich die Einnahmen auf rund 9.527.000 Euro. Die Ausgaben allerdings auf 12.541.000 Euro. Die notwendigen Erträge explodieren dadurch auf rund 2.419.000 Euro und sind nur noch mit einer Rendite von 5,9 % zu erreichen. Zu bedenken ist außerdem, dass die angegebene Rendite nach Steuern sein muss, was die Aufgabe noch zusätzlich erschwert.

Aus den Zahlen wird deutlich, dass die Inflation gerade während der Rentenzeit tückisch ist. Denn Teile der Lebenshaltungskosten müssen dann durch das Vermögen gedeckt werden. Außerdem sollte die Rendite auf das Vermögen immer ein gutes Stück über der Inflation liegen, um überhaupt eine Chance zu haben, im Alter nicht zu verarmen. Wer dann keine oder nur geringe Erträge auf sein Vermögen erzielt, wird es schnell aufbrauchen.

Wie planen Sie Ihr Leben?

Daher ist nicht das Einkommen die entscheidende Größe für die Ausgaben zur Lebenshaltung. Sondern die Ausgaben der Lebenshaltung über das gesamte Leben bestimmen, wie lange man arbeiten muss.

Andersherum kann man die Lebenshaltung wählen und den Rentenzeitpunkt, womit sich ergibt, wie viel Geld für das Leben insgesamt zur Verfügung steht. Von der Rendite hängt dann ab, wie viel Netto verdient und gespart werden muss, damit es wie geplant umzusetzen ist.



Gastautor Daniel Walther ist promovierter Wirtschaftswissenschaftler und arbeitet jetzt als CEO von Vermögensheld.
 Er ist seit über 20 Jahren in der Finanzbranche, Finanz-Analytiker, Coach und FAZ-Kolumnist.