KI in der Sozialversicherung

„Geheimtipps von Influencern? Gibt es nicht“

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26. September 2025

„Geheimtipps von Influencern? Gibt es nicht“

Im World Wide Web finden sich viele Angebote zu Finanzthemen. Auch künstliche Intelligenz kann gute Ideen für die Anlageplanung liefern. Nutzer sollten aber spätestens bei Traumrenditeversprechen skeptisch werden, erklärt Gottfried Urban, Geschäftsführer bei Urban & Kollegen Vermögensmanagement aus dem bayerischen Altötting.

Auf Instagram, TikTok und Co. darf jeder Finanztipps geben und sie sogar als Geheimtipps deklarieren. Was halten Sie als Investmentprofi davon?

Grundsätzlich ist es eine tolle Sache, dass sich gerade auch junge Leute auf Social-Media-Plattformen über Finanzthemen austauschen. Gleichzeitig ist es aber manchen Influencern wohl nicht ganz bewusst, welche Verantwortung sie tragen. Da ähneln manche Tipps eher einem Lottoschein als einer soliden Geldanlage – und vielen Nutzern fehlt leider das Basiswissen, um sinnvolle Ratschläge von heißer Luft zu unterscheiden.

Wie können Anleger gute und schlechte Angebote unterscheiden?

Sie sollten sich bewusst machen, dass es an der Börse keinen „Free Lunch“ gibt. Höhere Renditen gehen zwangsläufig mit höherem Risiko einher. Statt auf einen Glückstreffer zu hoffen, ist es vernünftiger, Investments langfristig zu streuen. Die Börsenweisheit lautet: Wer streut, rutscht nicht aus. Wer also nicht nur auf eine Einzelchance, sondern auf viele Möglichkeiten mit soliden Fundamentaldaten setzt, verliert bei einzelnen Enttäuschungen nicht gleich sein ganzes Kapital. Das ist erfahrungsgemäß deutlich erfolgreicher, als alles auf vermeintliche Geheimtipps zu setzen – insbesondere, wenn diese von Influencern kommen.

Wie skeptisch sollten Nutzer werden, wenn jemand 10, 20 oder mehr Prozent Rendite verspricht?

An sich muss eine zweistellige Rendite nicht unseriös sein – es gab in den letzten Jahrzehnten immer wieder Aktien, die das auch langfristig eingebracht haben. Aber wer eine langfristige Anlagemöglichkeit, etwa für die Altersvorsorge, sucht, sollte nicht den Trends von gestern hinterherlaufen, die marktschreierisch auf den Plattformen angepriesen werden. Nur weil künstliche Intelligenz gerade „in“ ist, heißt das nicht, dass jedes Unternehmen in dem Bereich auch erfolgreich sein wird. Auch die neu entdeckte Goldminenaktie wird das Investment nicht mit Sicherheit vervielfachen. Zur Wahrheit des Investierens gehört, dass es nicht nur Erfolgsgeschichten, sondern auch unzählige Pleiten gibt.

Wer etwas anbietet, will auch etwas haben

Was haben Finfluencer davon, Finanztipps zu geben?

Wie überall gilt: Wer etwas anbietet, will meist auch etwas dafür haben. Deshalb ist es klug, sich zu fragen: Was hat die Person davon? Das kann offensichtlich sein – etwa, wenn der Depotanbieter A empfohlen wird und gleich ein provisionsbringender Link folgt. Aber es kann auch subtiler sein, zum Beispiel wenn durch das Hypen von Nischenwerten Aktienkurse manipuliert werden sollen.

Heißt das, alle Finanzinformationen auf Social Media sind unseriös?

Nein. Es gibt viele sinnvolle digitale Angebote im Finanzbereich. Eine ganze Reihe von kompetenten und erfahrenen Kollegen und Journalisten bietet auf verschiedensten Kanälen fundierte Informationen, spannend und verständlich aufbereitet. Vielleicht wäre es sinnvoll, wenn Nutzer eher auf namhafte Finanzexperten setzen – statt auf besonders peppig produzierte Inhalte.

Bei den Grundlagen fängt es an

Wie wichtig ist allgemeines Finanzwissen?

Wer die Grundlagen versteht – etwa den Zusammenhang von Renditechance und Risiko oder die Bedeutung des Anlagehorizonts – wird nicht vom kaum verzinsten Sparbuch direkt ins Kryptowallet wechseln. Wer sich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt, kann langfristig erfolgreicher Vermögen aufbauen und Fehler vermeiden. Es wäre wünschenswert, wenn solche Themen bereits in der Schule vermittelt würden.

Warum nicht einfach künstliche Intelligenz als Anlageberatung nutzen?

Tatsächlich werden die Tipps von ChatGPT und Co. auch im Finanzbereich immer besser. Aber um wirklich individuelle und passende Lösungen zu finden, empfehle ich, diese Ratschläge eher als Anregung für ein Gespräch mit einem Experten zu nutzen – idealerweise mit jemandem, der unabhängig und auf fairer Honorarbasis berät. Das ist ein bisschen wie bei einem Arztbrief: Als Laie versteht man oft nur einen Bruchteil der Zusammenhänge und muss im Großen und Ganzen glauben, was dort steht. Ein ausgebildeter, erfahrener Mediziner liest so etwas ganz anders – und kann mit einer fundierten zweiten Meinung weiterhelfen.

Auch für eine wirklich gesunde Vermögensstrategie sollte die Empfehlung einer künstlichen Intelligenz durch den Rat eines Menschen ergänzt werden. Für ein solches Gespräch kann es durchaus sinnvoll sein, trendlastige Tipps eines Finfluencers als Idee mitzubringen. Doch die Einordnung durch jemanden, der sich idealerweise seit Jahrzehnten mit der Thematik beschäftigt, ist trotz aller technischen Möglichkeiten immer wertvoll – und kann langfristig entscheidend zum Erfolg beitragen.