Zu alt für die Geldanlage?

Artikel von
23. September 2025

Zu alt für die Geldanlage?

Wer denkt, investieren muss ich nicht mehr, irrt sich mit großer Wahrscheinlichkeit. Statistisch gesehen ist unsere Lebenserwartung oft höher als wir es erwarten. Über die geschenkten Jahre können steigende Preise aber ohne Vermögenstrategie die Kaufkraft von Reserven vernichten.

Mit 80 noch am Aktienmarkt investieren oder mit dem Eintritt ins Rentenalter eine neue Strategie für den Vermögensaufbau entwickeln, das bringt nichts? Ganz im Gegenteil! Mit zunehmendem Alter verändern sich die finanziellen Voraussetzungen und Ziele, da lohnt es sich sogar, ganz besonders das Thema anzugehen.

Das kann der Gedanke an die nächste Genration sein, denn es macht schon allein aus steuerlichen Gründen Sinn, sich am besten viele Jahre vor dem eigenen Ableben Gedanken darüber zu machen. Aber auch für die eigene Zukunft sollte niemand mit steigendem Alter aufhören, sein Vermögen fit zu machen und an die eigenen Bedürfnisse anzupassen. Einerseits kann es wichtig werden, dass eine ausreichende Geldreserve möglichst flexibel verfügbar ist. Wann, wenn nicht jetzt, sollten Sie sich Wünsche erfüllen oder sich die bestmögliche Unterstützung leisten können? Also einfach alles auf dem Girokonto lassen oder unters Kopfkissen legen? Mal ganz abgesehen vom Diebstahlrisiko sind das leider keine wirklich guten Ideen.

Sparreserve muss oft länger als gedacht reichen.

Wer Bargeld hortet oder unverzinst auf dem Girokonto liegen lässt, unterschätzt zwei ganz entscheidende Faktoren: Das Langlebigkeitsrisiko und den Kaufkraftverlust durch Inflation. Eine Umfrage des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) aus dem Frühling 2025 ergab, dass weit über ein Drittel die eigene Lebenserwartung zu gering einschätzt. Fast jeder kennt die typischen Statistiken, dass heute geborene Frauen rund 83 und Männer etwa 78 Jahre alt werden.

Aber sehr viel weniger wissen, dass mit jedem Geburtstag die durchschnittliche Lebenserwartung steigt. Nach den letzten Daten des statistischen Bundesamts kann ein Mann, der seinen 80. Geburtstag gefeiert hat, im Schnitt noch mit acht Jahren und eine Frau mit fast zehn Jahren rechnen. Natürlich gibt es darauf keine Garantie und es kann im Einzelfall immer ganz anders kommen. Aber die Wahrscheinlichkeit steigt von Geburtstag zu Geburtstag, dass das Ersparte doch noch einige Jahre mehr reichen sollte. Das ist eine sehr schöne Nachricht, sie bringt aber auch ein grundsätzliches Problem mit sich.

Geldentwertung nicht unterschätzen

So muss Erspartes nicht nur länger reichen, sondern es kommt noch ein zweiter Faktor immer stärker ins Spiel: die Inflation. Die knabbert bildlich gesprochen fortlaufend an der Kaufkraft und das sind keine Peanuts. In den statistisch 17,7 Jahren, die ein Rentner an seinem 65. Geburtstag noch zu erwarten hat, bedeutet das bei zwei Prozent Geldwertverlust, dass er sich für 100.000 Euro dann am Ende nur noch Waren und Dienstleistungen im heutigen Wert von rund 70.000 Euro kaufen kann. Also ein Minus von fast 30 Prozent und bei Frauen ist der Effekt entsprechend noch ein bisschen stärker, denn sie haben mit 65 eine durchschnittliche Lebenserwartung von fast 21 Jahren.

Zudem kann es auch ganz schnell zu Phasen kommen, in denen die Preise erheblich schneller steigen. Die Jahre 2022 und 2023 sind uns allen noch unangenehm in Erinnerung, in denen die jährliche Inflationsrate um 6,9 bzw. 5,9 Prozent zunahm. Wer hier keine Anlagestrategie hatte, die das ausgleichen konnte, hat unter dem Strich bei unverzinstem Geld in nur wenigen Jahren kräftig an Kaufkraft verloren, die in der Zukunft bei der Altersvorsorge fehlen wird. Dieser Effekt war auch mit noch so ausdauerndem Hopping von einem Tagesgeldangebot zum nächsten nicht auszugleichen.

Inflation mit Strategie kontern

Ein mit Weitblick aufgestelltes Vermögen, das verschiedene Anlagedimensionen nutzt, bietet hier bessere Perspektiven, um Langlebigkeit nicht als Risiko, sondern als Chance sehen zu können – natürlich angepasst an die individuellen Vorstellungen von Sicherheit und Verfügbarkeit. Wer seinen 60., 70. oder 80. Geburtstag feiert, sollte stets einen anwachsenden Teil seines Geldes schnell abrufbar investiert haben. Tagesgeld kann dafür eine sinnvolle Lösung sein. Aber gleichzeitig sollte niemand den Kopf in den Sand stecken und so tun, als gebe es für über eine Notreserve hinausgehendes Vermögen im Alter keine besseren Optionen.

Wer wirklich einen entspannten Lebensabend haben und sich keine großen Sorgen um mehr oder weniger explodierende Preise machen möchte, der sollte eine langfristige Strategie entwickeln. Es sollte das Ziel sein, mit dem Ersparten eine reale Rendite zu erreichen, also die Inflationsrate durch Erträge mindestens auszugleichen. Das heißt überhaupt nicht, dass Rentner am Aktienmarkt zocken oder ihr ganzes Sparguthaben in Kryptowährungen umtauschen sollen. Aber warum nicht einen Teil des Vermögens breit gemischt in etwas rentablere Anleihen mit mittleren Laufzeiten von soliden Unternehmen stecken und einen soliden Goldbestand einplanen? Alternative: ein paar seit vielen Jahren erfolgreiche Dividendentitel kombiniert mit einzelnen ausgewählten Wachstumswerten im Portfolio beimischen. So lassen sich auch in höherem Alter mit einem gut ausbalancierten Mix aus ordentlichen Renditechancen und überschaubaren Risiken reale Erträge erzielen. Das kann erheblich dazu beitragen, dass aufgebaute Reserven nicht durch Inflation verwässert werden und für ein hoffentlich langes Leben reichen.


Gastautor Claus Walter ist Vorsitzender der Geschäftsleitung der inhabergeführten Freiburger Vermögensmanagement GmbH.