Kunst begleitet die Menschheit seit Jahrtausenden. Die ältesten Höhlenmalereien sind über 53.000 Jahre alt und zeigen, dass Menschen schon früh den Drang hatten, mehr als nur Nützliches zu schaffen.
Doch wann wurde Kunst zum Handelsgut? Erste Belege für einen organisierten Markt finden sich im alten Ägypten um 1500 v. Chr., auch in Rom wurden Preise für Kunstwerke dokumentiert. Mit der Neuzeit trat ein entscheidender Wandel ein: Künstler wurden zu Persönlichkeiten. Während im Mittelalter die Schöpfer meist anonym blieben, waren Maler wie Grünewald, Michelangelo oder die großen Niederländer Rembrandt und Vermeer gefeierte Stars. Ihre Werke sind heute nicht nur kunsthistorisch wertvoll, sondern auch von erheblicher finanzieller Bedeutung.
Ein zentrales Thema ist die Nachvollziehbarkeit von Preisen. Rembrandts Radierungen sind dafür ein gutes Beispiel: Seine Blätter waren schon zu Lebzeiten begehrt, ihre Preise lassen sich über Jahrhunderte hinweg nachverfolgen. Das macht sie bis heute zu vergleichsweise transparenten Anlageobjekten. Doch genau diese Transparenz fehlt vielen Kunstwerken. Einen großen Schub brachte das Aufkommen von Auktionen. Sotheby’s, 1744 in London gegründet, etablierte Kunstauktionen als Plattform für Verkauf und Erwerb. Gleichzeitig erweiterte sich auch der Käuferkreis: Neben dem Adel traten zunehmend wohlhabende Bürger auf. Diese Entwicklung legte den Grundstein für den heutigen internationalen Kunsthandel.
Heute prägen drei Gruppen den Markt: Museen, Unternehmenssammlungen und private Sammler. Museen erwerben Kunst oft dauerhaft, wodurch diese Werke dem Markt entzogen werden. Unternehmenssammlungen hingegen dienen – neben dem Interesse an Kunst – häufig auch der Repräsentation und dem Imagegewinn. Private Sammler handeln aus höchst unterschiedlichen Motiven – Leidenschaft, Prestige oder auch aus Renditeerwägungen.
Unternehmenssammlungen in Deutschland
Einige Beispiele verdeutlichen die Dimension:
- Deutsche Bank: rund 55.000 Werke, vor allem internationale Gegenwartskunst, prominent in den Zentralen in Frankfurt, London und New York.
- DZ BANK: über 10.000 Arbeiten, Schwerpunkt zeitgenössische Fotografie. Teile der Sammlung sind im Städel Museum zu sehen.
- E.ON: etwa 1.800 Werke, darunter bedeutende Positionen moderner und zeitgenössischer Kunst wie Otto Dix und Gerhard Richter.
- Bayer: fördert Kunst seit 1912, besitzt rund 5.500 Werke. 2025 wurden etwa 800 Arbeiten, darunter Warhol und Beckmann, verkauft – der Erlös fließt in Förderprojekte.
- Ritter Sport: sammelt seit 30 Jahren ausschließlich Kunst im Quadrat, rund 900 Werke, präsentiert in der Firmenzentrale und einer eigenen Ausstellungshalle.
Darüber hinaus existieren eine Vielzahl weiterer Sammlungen, die insbesondere dann auffallen, wenn sie sich thematisch ausgerichtet haben.
2023 meldete der Bundesverband Deutscher Galerien und Kunsthändler auf Basis von DESTATIS-Umsätzen: 899 Mio. Euro im Einzelhandel mit Kunstgegenständen, 258 Mio. Euro mit Antiquitäten und 906 Mio. Euro durch Direktverkäufe von Künstlerinnen und Künstlern. Insgesamt also knapp 2,1 Milliarden Euro Umsatz. Doch Vorsicht: Diese Zahlen zeigen die Größe des Marktes, nicht die Profitabilität einzelner Käufe. Der Leipziger Galerist Judy Lybke sagte einmal treffend: „Die Mehrzahl der Gegenwartskunst ist wertlos, sobald sie die Galerie verlässt.“ Sein Fazit: „Kunst als Wertanlage? Aber bitte mit Leidenschaft!“
Professionalisierung der Kunstkäufe
Schon seit den 1970er Jahren gibt es Versuche, Kunstkäufe stärker zu professionalisieren. Helge Achenbach gilt als Pionier des „Art Consulting“ in Deutschland. Er beriet Unternehmen beim Aufbau von Sammlungen und gründete mit der Privatbank Berenberg sogar eine Kunstberatungsfirma, die 2011 einen Fonds starten wollte. Ein Skandal um manipulierte Kunstpreise untergrub das Vertrauen in seine Person und führte zur Auflösung der Kooperation 2013. Andere Fondsprojekte hatten ebenfalls wenig Erfolg. In jüngerer Zeit gibt es Modelle, bei denen Anteile an Kunstwerken gekauft und verkauft werden können – ähnlich wie bei Aktien. Doch auch hier fehlt bislang die breite Akzeptanz.
Direkterwerb bleibt der Königsweg
Für den Kunstinteressierten ist der Direkterwerb nach wie vor der einfachste Weg – über Galerien, Auktionshäuser oder auch direkt von Künstlern. Gerade Auktionen bieten Einsteigern Vorteile, da ihre Ergebnisse öffentlich dokumentiert und international vergleichbar sind. Online-Plattformen wie Artnet oder Artprice machen Marktbeobachtungen heute noch leichter. Natürlich spielen bei der Preisentwicklung viele Faktoren eine Rolle: die kunsthistorische Bedeutung, Größe, Technik, Zustand und Provenienz des Werks. Besonders Künstler mit zahlreichen Auktionsergebnissen bieten ein höheres Maß an Transparenz.
Seit Jahrzehnten finden sich Leonardo da Vinci, Cézanne, Gauguin oder Warhol an der Spitze der internationalen Rankings. Andy Warhol ist ein gutes Beispiel: Von ihm gibt es Werke in sehr großer Menge in unterschiedlichen Preisklassen – von wenigen Tausend Euro bis in den Millionenbereich. Für Einsteiger ist das attraktiv, weil sich bei ihm Preise gut vergleichen lassen. Doch auch bei großen Namen gibt es Schwankungen. Absolute Sicherheit bietet nur eines: die persönliche Freude am Werk.
Fazit: Am Anfang steht oft die Suche nach einem „Bild über dem Sofa“. Bei manchen endet sie mit dem Aufbau einer umfangreichen Sammlung. Spätestens dann wird Kunst auch zur Anlageform. Doch egal, ob gutes oder schlechtes Investment – entscheidend bleibt die dauerhafte Freude am Kunstwerk.
Gastautor Ascan Iredi ist Leiter des Portfoliomanagements bei der Plutos Vermögensverwaltung AG