Kinderwunsch auf dem Rückzug

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31. Juli 2025

Kinderwunsch auf dem Rückzug

Neue Daten zeigen: Der Kinderwunsch sinkt weiter. Auch die Geburtenrate in Deutschland fällt, wenngleich langsamer als in den Jahren zuvor.

Lange Zeit galt das Zwei-Kinder-Ideal als Maßstab für den Kinderwunsch vieler Frauen. Doch neue Analysen zeigen, dass sich dieser Wunsch im Laufe der Jahre verändert hat. Unterschiede zwischen Stadt und Land, die einst deutlich waren, verschwimmen zunehmend. Eine Studie von Bernhard Riederer vom Vienna Institute of Demography untersucht, wie sich soziale und demografische Veränderungen auf den Kinderwunsch in Österreich ausgewirkt haben. Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes ergänzen dieses Bild. Sie zeigen einen erneuten, aber gebremsten Rückgang der Geburtenrate in Deutschland. Darüber berichtet unter anderem die Tagesschau online.

Seit den 1960er Jahren sinken die Geburtenraten in allen Industriestaaten. Der sogenannte zweite demografische Übergang setzte in den Städten schneller ein, wodurch die Fertilität dort traditionell niedriger war als auf dem Land. Frühere Studien zeigten, dass Frauen in ländlichen Regionen meist mehr Kinder planten als Frauen in urbanen Gebieten. Dieses Muster beginnt sich zu ändern. Anders gesagt: Stadt und Land nähern sich an.

Rückgang der gewünschten Kinderzahl

Bernhard Riederer analysierte für seine Studie einschlägige Daten des österreichischen Mikrozensus von 1986 bis 2021. Dabei stellte er fest, dass der Kinderwunsch in allen Regionen zurückgeht. Während Frauen im ländlichen Raum 1986 durchschnittlich 2,3 Kinder planten, waren es 2021 nur noch 1,9. In Städten sank der Wert im gleichen Zeitraum von 1,9 auf 1,7 Kinder. Frauen in Wien wünschten sich 1986 noch 1,7 Kinder, 2021 lag der Wert bei 1,6.

Der Unterschied zwischen Stadt und Land wird kleiner, obwohl auch auf dem Land die gewünschte Kinderzahl sank. Dies kann mit veränderten Lebensumständen, einem späteren Familienstart und der Zunahme von Ein-Personen-Haushalten zusammenhängen. Interessant ist zudem, dass die anhaltende Zuwanderung in Städten dazu beitragen könnte, den Kinderwunsch im Durchschnitt dort stabil zu halten. Dies gilt insbesondere bei Zuzug aus Nationen mit traditionell kinderreicheren Familien.

Abwärtstrend auch in Deutschland

Aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes bestätigen den Abwärtstrend der Geburtenzahlen auch in Deutschland. 2024 lag die Geburtenrate bei 1,35 Kindern je Frau und damit um zwei Prozent niedriger als im Vorjahr. Der Rückgang fiel jedoch weniger stark aus als in den Jahren 2022 und 2023, als die Rate um acht bzw. sieben Prozent gesunken war. Besonders niedrig war der Wert in Berlin mit 1,21, während Niedersachsen mit 1,42 die höchste Rate erreichte. Auffällig sind auch die Unterschiede zwischen Frauen deutscher Staatsangehörigkeit mit 1,23 Kindern und Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit mit 1,84 Kindern. Das Durchschnittsalter der Mütter beim ersten Kind lag 2024 bei 30,4 Jahren.

Der Kinderwunsch in Österreich und Deutschland befindet sich also im Wandel. Obwohl es weiterhin Unterschiede zwischen Stadt und Land gibt, nähern sich die Werte an. Sinkende Geburtenraten und gesellschaftliche Trends wie spätere Familiengründungen und veränderte Erwerbsbiografien prägen das aktuelle Bild der Fertilität in Europa. Interessant wird es sein, diese Entwicklung mit Blick auf einen weiteren Zuzug von Menschen in beiden Staaten zu beobachten. Doch insbesondere angesichts anhaltender globaler, wirtschaftlicher oder sozialer Herausforderungen und Krisen könnte sich der Trend eines abgeschwächten Kinderwunsches in europäischen Industrienationen manifestieren.