Einsamkeit tritt häufiger in der Lebensmitte auf

Artikel von
15. Juli 2025

Einsamkeit tritt häufiger in der Lebensmitte auf

Wie einsam sich ein Mensch fühlt, steht in einem statistischen Zusammenhang mit seinem Alter, seinem Einkommen und der Frage, ob er oder sie einem Beruf nachgeht.

Das ist das Ergebnis einer Auswertung des Deutschen Alterssurveys, die das Deutsche Zentrum für Altersfragen (DZA) im Auftrag des Bundesfamilienministeriums zum Thema Einsamkeit vorgenommen hat. Die Ergebnisse zeigen: Etwa jede elfte befragte Person ab 43 Jahren fühlte sich „sehr einsam“. Dabei fühlen sich die ab 76-Jährigen durchschnittlich weniger einsam als die Gruppe der 43- bis 55-Jährigen. Neben Alter und Geschlecht spielt der sozio-ökonomische Status – abgebildet über Einkommen und Erwerbsstatus – eine wichtige Rolle.

„Einsamkeit betrifft längst nicht nur ältere Menschen – auch in der Lebensmitte ist sie weit verbreitet, oft unsichtbar und unterschätzt“, erklärte die Bundesministerin für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Karin Prien. Gerade in dieser Lebensphase sei das Gefühl zwar nicht für alle, aber doch für einige besonders ausgeprägt. „Zwischen beruflichem Druck und familiären Verpflichtungen fehlt vielen das Erleben von echter Verbundenheit. Die Folgen von Einsamkeit sind gravierend – für die psychische Gesundheit, das soziale Miteinander und den gesellschaftlichen Zusammenhalt.“

Einkommen spielt eine wichtige Rolle

Wie einsam sich Menschen in der zweiten Lebenshälfte fühlen, lässt sich mit Daten des Deutschen Alterssurveys auf einer Skala von 1 bis 4 abbilden – von „gar nicht einsam“ bis „sehr einsam“. Der Mittelwert basiert auf Antworten zu sechs Fragen, die das Gefühl von sozialer Nähe und Isolation erfassen. Substanzielle Unterschiede zeigen sich beim Einkommen. Personen, die als armutsgefährdet gelten, fühlen sich einsamer als Personen mit mittleren und höheren Einkommen. Ebenso deutlich sind die Unterschiede beim Erwerbsstatus: Erwerbstätige fühlen sich weniger einsam als Nicht-Erwerbstätige, allerdings nur im Erwerbsalter (43 bis 65 Jahre). Ab 66 Jahren, also dem üblichen Ruhestandsalter, gibt es keine signifikanten Unterschiede im Einsamkeitsempfinden zwischen Menschen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen und denen, die es nicht tun.

Wer nicht erwerbstätig ist, verliert oft nicht nur Einkommen, sondern auch soziale Kontakte, Alltagsstruktur und das Gefühl, gebraucht zu werden. Hinzu kommt: Arbeitslosigkeit ist häufig stigmatisiert – das kann zu Rückzug, Schamgefühlen und in der Folge auch zu Einsamkeit führen. Bei Personen ab 66 Jahren besteht ein solches Stigma nicht mehr. Das persönliche Netzwerk, etwa aus gleichaltrigen Freundinnen und Freunden, kann den Wegfall des Kontakts zu Kollegen und Kolleginnen kompensieren.

Unzutreffende Altersbilder

Die geringere Verbreitung von Einsamkeit im Alter spiegeln auch die jüngsten Ergebnisse der Umfrage zur DIA-Studie 50plus wider. So erwarten Jüngere deutlich häufiger, dass Ältere sich einsam fühlen, als Einsamkeit von diesen tatsächlich erlebt wird. 47 Prozent der unter 50-Jährigen gaben an, dass sie Angst haben, im Alter Einsamkeit zu erfahren. Unter den Befragten ab 50 Jahren sagten nur 30 Prozent, dass sie eine solche Befürchtung hegen beziehungsweise sich schon einsam fühlen oder gefühlt haben. Damit wird in dieser Umfrage indirekt bestätigt, was der Alterssurvey ermittelt hat. Einsamkeit vor allem im höheren Alter zu verorten, das deckt sich nicht mit den tatsächlichen Verhältnissen. In der Gesellschaft bestehen verbreitet unzutreffende Altersbilder, vor allem unter den Jüngeren.


Die detaillierten Ergebnisse sind nachzulesen in: Franz, M.-C., Stuth, S., & Huxhold, O. (2025). Einsamkeit in der zweiten Lebenshälfte – Vorkommen, Verteilung und die Rolle des Erwerbsstatus [DZA Aktuell 03/2025]. Berlin: Deutsches Zentrum für Altersfragen.