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Viel zu wenig barrierearme Wohnungen

In Deutschland fehlen einer neuen Schätzung zufolge rund zwei Millionen barrierereduzierte Wohnungen. Der tatsächliche Bedarf ist sogar noch um einiges höher, da altersgerechte Wohnungen nicht nur an körperlich Eingeschränkte vergeben werden.

Rund drei Millionen Deutsche benötigen ein barrierearmes Zuhause. Die eigenen vier Wände müssen dafür schwellenlos sein und mindestens über eine ebenerdige Dusche verfügen. Wünschenswert sind zudem ausreichend breite Türen sowie genügend Platz in Küche, Bad und Flur.

Dem Bedarf von drei Millionen Wohnungen steht ein tatsächliches Angebot von nur einer bis 1,2 Millionen gegenüber, je nachdem wie Barrierefreiheit definiert wird. In Deutschland fehlen somit nach einer einfachen Rechnung knapp zwei Millionen barrierereduzierte Wohnungen. Anders gesagt: Pro 100 Haushalte, die einen konkreten Bedarf an Barrierefreiheit haben, gibt es lediglich 33 entsprechende Wohnungen auf dem Markt. Das geht aus einer aktuellen Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft hervor.

Hinzu kommt ein weiteres Problem. Auf dem freien Wohnungsmarkt ist in der Regel nicht entscheidend, ob die barrierearme Wohnung tatsächlich auch an eine mobilitätseingeschränkte Person geht. Sowohl beim Verkauf als auch bei der Vermietung können sich Eigentümer meist kaum vor Anfragen retten. Für die Bewerbenden ist die Barrierefreiheit dabei mitunter gar nicht entscheidend, da zum Beispiel Lage oder Verkehrsanbindung des Angebots besonders attraktiv sind. Außerdem erfreut sich fast jeder an Annehmlichkeiten wie Schwellenlosigkeit oder einem geräumigen Bad, auch wenn gar kein konkreter Bedarf dafür besteht. Dies trifft insbesondere auf Familien und Ältere zu. Das führt dazu, dass eben nicht in jeder barrierereduzierten Wohnung auch tatsächlich ein Zielgruppenhaushalt ansässig ist. 2018 lebten gerade einmal vier Prozent aller pflegebedürftigen Personen in einem altersgerechten Zuhause. In der Realität liegt der Bedarf an barrierearmen Wohnungen damit sogar um einiges höher als zwei Millionen.

Barrierearme Wohnung ist für jeden sinnvoll

Der demografische Wandel wird die Lage in Zukunft weiter verschärfen. Durch die Alterung der Bevölkerung wird die Zahl der Pflegebedürftigen steigen (aktuell fünf Millionen). Daran wird nach den IW-Forschern auch die gestiegene Zuwanderung wenig ändern. In diesen Fällen ist die Versorgung in den allermeisten Fällen in den eigenen vier Wänden gewünscht. Das ist darüber hinaus auch deutlich günstiger als eine Pflegeeinrichtung und entlastet somit die Sozialsysteme. Gerade vor diesem Hintergrund gewinnen barrierearme Wohnungen weiter an Bedeutung. Pflegebedürftigkeit tritt dabei nicht nur im Alter auf, sondern kann ebenso temporär durch Krankheit oder Unfall entstehen. Hierbei ist ein Umzug des Betroffenen jedoch besonders unwahrscheinlich.

Im Übrigen sind altersgerechte Wohnungen auch für Haushalte ohne konkreten Bedarf sinnvoll. Nach den Forschern führen diese zu einer höheren Nutzbarkeit und beugen Unfällen vor. Zudem können die Bewohner lange und selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden leben. Jeder zweite Deutsche wird einmal pflegebedürftig werden. 80 Prozent von ihnen werden von zu Hause versorgt. Wünschenswert wäre also, dass jeder Neubau barrierearm errichtet und der Altbestand sukzessive umgebaut wird. Das müsste die Politik mit einem großen Fördertopf unterstützen, denn auf dem Wohnungsmarkt trifft ein knappes Angebot auf eine große Nachfrage. Vermieter haben somit wenig Anreize, erforderliche Investitionen in Barrierefreiheit vorzunehmen, da die Vermietung auch ohne diese unproblematisch verläuft.