Website-Icon DIA Altersvorsorge

Bei Engpass: Hilfe von den Seniorexperten

Auf der 1. Demografie-Debatte Deutschland in Baden-Württemberg, die unlängst in Stuttgart stattfand, ging es um Strategien in einer alternden Gesellschaft. Johannes Elling von der Bosch Support Management GmbH stellte in der Diskussion die Wirkungsweise der Bosch-Seniorexperten vor. Mehr dazu im DIA-Interview.

Sie verwiesen damit auf eine Möglichkeit, wertvolles Erfahrungswissen von Mitarbeitern auch über den Rentenbeginn hinaus im Unternehmen zu halten. Wie geschieht das?

Die Seniorexperten, also ehemalige Bosch-Mitarbeiter, die bereits im Ruhestand sind, übernehmen zeitlich befristet Beratungs- und Projektaufgaben. Sie bringen zum Beispiel spezielles Expertenwissen ein oder decken vorübergehende Kapazitätsengpässe ab. Unsere Seniorexperten bündeln wir in der Beratungsgesellschaft Bosch Management Support GmbH als Expertenpool. Aus diesem vermitteln wir die Seniorexperten innerhalb des Konzerns.

Als Bosch vor 20 Jahren die Seniorexperten ins Leben rief, stand der demografische Wandel und der damit verbundene Fachkräftemangel noch nicht mit einer Dringlichkeit auf der Agenda wie heute. Wer oder was hat Bosch bewogen, eine solche Plattform damals schon ins Leben zu rufen?

Bosch hat viele hochqualifizierte Mitarbeiter mit enormen Fachkenntnissen. Unabhängig vom Austrittsalter, zu jener Zeit lag es noch etwas niedriger als heute, gab es immer mal wieder Anfragen von Mitarbeitern, ob sie an bestimmten Projekten auch nach dem Rentenbeginn weiterarbeiten können. Auf Unternehmensseite bestand wiederum der Wunsch, die Expertise der ehemaligen Mitarbeiter weiter verfügbar zu halten. Für diese beiden Anliegen wurde mit der Bosch Management Support GmbH ein institutionalisierter Rahmen geschaffen.

Wir helfen mit den drei K: Kompetenz, Kapazität, Know-how

Angesichts der heutigen Situation sind Sie sicherlich froh darüber, so früh damit angefangen zu haben.

Absolut. Die angeführten Gründe gelten ja nach wie vor. Wir werden den Fachkräftemangel damit allein sicherlich nicht bewältigen können, aber die Bosch-Seniorexperten helfen zumindest temporär, die eine oder andere Lücke zu füllen. Wir unterstützen die Unternehmen mit den drei K: Kompetenz, Kapazität und Know-how.

Sie verfügen über einen Pool von etwas mehr als 1.600 Experten. Wie viele davon sind im Durchschnitt im Einsatz?

In Deutschland sind etwa 50 Prozent derer, die sich gemeldet haben, übers Jahr im Einsatz. Davon kommen einige häufiger zum Zuge, andere seltener. Der Durchschnitt je Experte liegt bei etwa 32 Tagen. Aber die Bandbreite ist groß. Manche werden vielleicht nur zwei Tage im Jahr wieder aktiv, andere dagegen 70 bis 80 Tage.

Gibt es einen Schwerpunkt bei bestimmten Fach- und Führungskräften?

Am häufigsten werden die Tätigkeitsbereiche Fertigung und Entwicklung, also zum Beispiel Konstruktionsunterstützung, Prozessverbesserung oder auch Qualitätssicherung, gefolgt von kaufmännischen Aufgaben nachgefragt.

„Die Mitarbeiter werden früh angesprochen.“

Wie moderieren Sie den Übergang von der Erwerbszeit in die Seniorexpertenphase? Gibt es eine aktive Ansprache oder fragen die ausscheidenden Mitarbeiter gezielt nach?

Beides ist der Fall. Zum einen profitieren wir davon, dass wir im Konzern mittlerweile schon sehr bekannt sind. Zu anderen haben wir einen Onboarding-Prozess. Die Mitarbeiter werden relativ früh auf das bevorstehende Ausscheiden angesprochen und auf die Möglichkeiten bei der Bosch Management Support GmbH hingewiesen. Das geschieht zum Beispiel bereits im Rahmen des Personalentwicklungsgespräches 50plus. Es wird also mit einem großen zeitlichen Vorlauf darüber informiert. Je näher der Termin des Ausscheidens rückt, desto detaillierter werden diese Gespräche. Der Mitarbeiter muss sich dann bei uns aktiv anmelden. Er bewirbt sich dazu auf einem Online-Portal.

Dieses Portal ist unser Matching-Pool. Die Seniorexperten beschreiben ihre Kompetenzen und regionalen Präferenzen für einen späteren Einsatz sowie den angestrebten Umfang. Sie geben damit inhaltlich und mengenmäßig den Rahmen vor. Auf der Gegenseite spielen wir dann die Anfragen ein, die aus den Unternehmen kommen. Das Matching erfolgt mit Hilfe von Kompetenzprofilen. Die dabei erzeugte Auswahl wird von uns noch einmal sondiert und gegebenenfalls etwas nachjustiert. Über die Plattform wird anschließend auch die Kontaktaufnahme und die Abwicklung organisiert bis hin zu einer Zufriedenheitsbefragung am Ende des jeweiligen Einsatzes.

„Entscheidend ist unsere werteorientierte Unternehmenskultur.“

Ihr Seniorexperten-Modell findet inzwischen über die Grenzen des Bosch-Konzerns hinaus Aufmerksamkeit.

Ja, in der Tat. Unternehmen aus Branchen wie der Automobilindustrie, dem Versandhandel, der Telekommunikation oder auch der Luftfahrt haben den Austausch mit uns gesucht und sich Anregungen geholt. Unser Know-how geben wir gern weiter, weil wir wissen, dass gerade in Europa der demografische Wandel neuartige Beschäftigungskonzepte erfordert.

Die Aufmerksamkeit finden Sie, weil Ihr Modell so gut funktioniert. Was macht es so erfolgreich?

Entscheidend ist unsere werteorientierte Unternehmenskultur, die Lebens- und Berufserfahrung in besonderem Maße anerkennt. Darüber hinaus verstehen wir altersgemischte Teams als Teil unserer weltweiten Diversity-Strategie, die unsere Innovationskraft stärkt. Diese Einstellung ist für einen nachhaltigen Erfolg des Modells unabdingbar. Ebenso wichtig ist es, dass die Seniorexperten einen echten Leistungsertrag erbringen. Sie sollen wegen ihrer Fähigkeiten beauftragt werden und nicht, um ein Freizeitprogramm zu bieten. Unsere Seniorexperten wollen ihr Geld wert sein und stehen im Wettbewerb zu anderen Dienstleistern. Das spornt viele besonders an – sie wollen von ihrem Kunden eine bessere Bewertung erzielen als externe Berater.


Die Demografie-Debatte geht weiter: Die nächste Veranstaltung findet am 13. Juni in Dresden statt, es folgen Erfurt am 26. Juni, Berlin am 10. September und dann Hamburg am 18. September. Thema wird immer die Digitalisierung in verschiedenen Perspektiven sein. Die Berliner Veranstaltung greift den besonderen Aspekt des Generationenpaktes auf. In Hamburg steht außerdem das Altersbild der älteren Beschäftigten im Fokus.