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Digitale Folgen für die Sozialsysteme

Welche Folgen hat die Digitalisierung für die Beschäftigung? Auf diese Frage gibt es derzeit trotz vieler Untersuchungen noch keine einheitliche Antwort. In einem Punkt sind sich die Experten aber ziemlich einig. Darauf macht die jüngste Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge (DIA) aufmerksam.

Die Szenarien klingen zum Teil bedrohlich. In einer Umfrage der Unternehmensberatung EY ging jeder Sechste davon aus, dass sein Arbeitsplatz durch die Digitalisierung bedroht ist. Für die USA gibt es eine Studie, die sogar knapp die Hälfte aller Arbeitsplätze als vakant ansieht im technologischen Strukturwandel.

Damit einhergehen Prognosen, wonach gleichzeitig neue Arbeitsplätze entstehen. Diese erfordern allerdings andere Qualifikationen. Die Folge: Eine erhebliche Zahl der Beschäftigten muss eine Weiterbildung durchlaufen. So schätzen der Stifterverband und die Unternehmensberatung McKinsey für Deutschland, dass in den nächsten fünf Jahren jährlich etwa allein deswegen 140.000 Personen neue technologische Fähigkeiten erwerben müssen.

Die einzelnen Studien und Prognosen widersprechen sich zum Teil, zum Beispiel in der Einschätzung, was überwiegt. Die Vernichtung von „alten“ Arbeitsplätzen oder die Schaffung neuer. Einmütigkeit herrscht aber bei der Beurteilung der Entwicklung der beitragspflichtigen Lohneinkommen. „So sagen selbst die Untersuchungen, die positive gesamtwirtschaftliche Beschäftigungseffekte des angelaufenen technologischen Wandels erwarten, gleichwohl merkliche Einbußen der Lohnsumme voraus“, zu diesem Fazit kommen die Autoren der DIA-Studie, Dennis Huchzermeier und Bert Rürup, nach Sichtung der vorliegenden Untersuchungen. Im Auftrag des DIA haben die beiden Experten des Handelsblatt Research Institute (HRI) ermittelt, ob es eine praktikable Alternative für die lohnbezogenen Arbeitgeberbeiträge in der Sozialversicherung gibt.

Entbetrieblichung von Arbeit

Neben dem Rückgang der Lohnsumme ist ein weiterer Trend unter den Experten unstrittig: Im Zeitalter der Digitalisierung findet in einem relevanten Umfang eine „Entbetrieblichung“ von Arbeit statt. Sie verliert ihren derzeitigen recht starken lokalen Bezug an die „Arbeit gebenden“  Unternehmen. „Viele Tätigkeiten dürften in der Zukunft vermehrt auf freiberuflicher Basis, also von Selbstständigen, und von nahezu jedem Ort auf der Welt ausgeführt werden“, schreiben die Autoren der DIA-Studie.

In Konkurrenz mit Niedriglöhnern

Sie verweisen dabei auf Vermittlungsplattformen wie upwork.com oder twago.de. Dort konkurrieren Freelancer aus Hochlohnländern mit Anbietern aus Niedriglohnländern. Diese Plattformen haben sich mittlerweile erfolgreich etabliert. Sie werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit verstärkt ausbreiten und weitere Berufe und Tätigkeiten erfassen. Damit büßen aber nationale Regelungen zu sozialen Standards oder zu Mindestentgelten ihre Schutzfunktion ein. Ist die Plattform im Ausland angesiedelt, besteht auch keine Pflicht, Gewinnsteuern oder Arbeitgeberanteile an die jeweiligen nationalen Steuerbehörden oder Sozialversicherungsträger abzuführen.

Beitragsausfälle für lohnbasierte SV-Systeme

„Somit gibt es eine Reihe valider Prognosen, dass weniger die Anzahl der Erwerbstätigen, wohl aber die Anzahl der in Vollzeit und auf der Basis einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung tätigen Personen zurückgehen wird. Im Gegenzug werden Teilzeitbeschäftigung sowie Erwerbsverhältnisse auf freiberuflicher Basis als auch befristete Projekttätigkeiten zunehmen“, schlussfolgern Huchzermeiner und Rürup. Die Konsequenz daraus: Bei einer Fortschreibung des Status quo entstehen daraus Beitragsausfälle für das lohnbasierte Sozialversicherungssystem.