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Aktienanleger und Sparer in schwerem Gelände

Die eigenständige Altersvorsorge ist in Deutschland steuerlich stark belastet. Bürokratische Hürden machen die Geldanlage wenig vergnüglich. Die Aktienkultur erfährt keinerlei Förderung.

Dieses Resümee zieht das Flossbach von Storch Research Institute in einem Dossier zur Entwicklung der Rahmenbedingungen für private Sparer und Aktienanleger. An die hiesige Politik richtet Autor Christof Schürmann im Ergebnis drei Forderungen. Erstens sollten Sparerfreibeträge inflationsbereinigt wieder auf frühere Niveaus zurückgeführt werden. Zweitens plädiert er für die Wiedereinführung der Spekulationsfrist. Drittens müsse der Gesetzgeber die Benachteiligung von Privatanlegern gegenüber Großaktionären und Unternehmensvorständen bei Squeeze-outs und auf Hauptversammlungen beenden.

Seine Vorschläge leitet er aus einer Chronologie der „Sabotage“ des privaten Sparens ab. Stichwort „Spekulationsfrist“. Viele können sich vielleicht nur noch dunkel daran erinnern. Bis Ende 2008 blieben Zuwächse aus Anlagen in Aktien, Anleihen oder Fonds, die Anleger erst nach einer Haltedauer von zwölf Monaten realisierten, steuerfrei. Bis 1999 galt sogar nur eine Spekulationsfrist von sechs Monaten. Steuerfrei waren auch unterjährige Gewinne von weniger als 512 Euro pro Kalenderjahr. Das sollte die kurzfristige Spekulation mit Wertpapieren ein wenig eindämmen und vor allem längere Haltezeiten fördern. Wer noch auf Beständen sitzt, die vor dem 1. Januar 2009 erworben wurden, dem nutzt die alte Frist bis heute.

Höhere Steuern und geringere Freibeträge

An die Stelle der Spekulationssteuer trat die Abgeltungssteuer. Sie beträgt seither 25 Prozent plus Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent, insgesamt also 26,375 Prozent. „Die Steuer ist einkommensunabhängig und löste bei Dividendenausschüttungen das sogenannte Halbeinkünfteverfahren ab, das geringeren gegenüber höheren Einkommen bei der Besteuerung Vorteile eingeräumt hatte. Bei Zinseinnahmen galt bis Ende 2008 eine Zinsabschlagssteuer von 30 Prozent, für Tafelgeschäfte 35 Prozent“, erläutert Christof Schürmann im Dossier die Veränderungen. Wie stark sich diese auswirken, zeigt er anschaulich anhand einiger Beispielrechnungen.

Zweites Beispiel aus seiner Chronologie: die Erosion des Sparerfreibetrags. „Kursgewinne sind das eine, Ausschüttungen das andere“, schreibt Schürmann. „Damit ließ es sich vor 30 Jahren gut leben, standen doch jedermann 6.000 D-Mark (3.119 Euro) pro Jahr zur Verfügung, bis zu denen keine Steuern anfielen. Innerhalb dieses Freibetrags konnten sich Zinseszinsen voll entfalten. Der Bund passte den Freibetrag, innerhalb dessen sich auch Kursgewinne steuerfrei realisieren lassen, über die vergangenen Jahrzehnte in loser Folge an. Aktuell liegt er bei nicht mal mehr einem Drittel seines ehemaligen Hochs und das sogar noch nominal, also ohne Berücksichtigung des Kaufkraftverlustes des Geldes.“

Aktienanleger haben durch Vorabpauschale weniger Liquidität

Drittes und auch jüngstes Beispiel ist die Einführung der Vorabpauschale bei Fondsanlagen, die seit 2018 gilt. Diese ist abhängig von einem einmal jährlich von der Deutschen Bundesbank festgelegten Zins. Während der Niedrigzinsphase kam die Pauschale erst einmal nicht zum Tragen. Für 2023 lag der Zins dann bei 2,55 Prozent. Die Vorabpauschale führt die Depotbank des Anlegers automatisch ab. Es handelt sich um eine vorweggenommene Besteuerung zukünftiger Wertsteigerungen. Die Vorabpauschale wird berechnet, wenn ein Fonds einen positiven Wertzuwachs im abgelaufenen Kalenderjahr erzielt hat und keine oder nur geringe Ausschüttungen vornimmt, beschreibt der Autor das durchaus komplizierte Verfahren. Verstanden wird es bei weitem nicht von allen Anlegern.

Zwar wird bei einem Verkauf der Anteile die Vorabpauschale vom Veräußerungsgewinn abgezogen. Es kommt also nicht zu einer doppelten Besteuerung. Allerdings entzieht sie den Anlegern zwischenzeitlich Liquidität. Das schmälert natürlich zugleich den Zinseszinseffekt. Doch nicht nur bei der unmittelbaren Besteuerung macht Christof Schürmann Benachteiligungen und Stolpersteine für private Aktienanleger aus. So sind Ausschüttungen von Unternehmen doppelt besteuert, auf Unternehmens- und Anlegerseite. Die Beratung zu Aktien wurde durch gesetzliche Vorschriften erschwert. Dokumentationspflichten führen zu überbordender Bürokratie.

Altersvorsorge ist steuerlich stark belastet

Bei Börsenrückzügen hat der Gesetzgeber zudem die Aktionärsrechte massiv beschnitten. Seit 2002 dürfen Unternehmen mit nur noch wenigen frei an der Börse handelbaren Papieren (unter fünf Prozent) Minderheitsaktionäre gegen eine Barabfindung ausschließen (sogenanntes Squeeze-out). Das ist für die Aktienkultur in der privaten Anlegerschaft nicht besonders förderlich.

„Die eigenständige Altersvorsorge ist in Deutschland steuerlich stark belastet. Bürokratische Hürden machen die Geldanlage wenig vergnüglich, von der Förderung der Aktienkultur ist keine Spur“, fasst der Autor in seinem Fazit zusammen. Da es keine Hoffnung gebe, dass die EU-Bürokratie eingedämmt werden könnte, sollte sich die Politik auf die drei anfangs genannten Felder konzentrieren: Verbesserungen beim Sparerfreibetrag, bei der Spekulationsfrist und bei den Aktionärsrechten.